Was diese Ahlerstedter und Bargstedter mit Afrika verbindet

Pastor Willi Kalmbach begrüsst die Freunde aus Gimbi.
Sprache, Hautfarbe, Kultur, Wirtschaftskraft - zwischen der Geest und Gimbi liegen Welten. Doch für die Kirchengemeinden Ahlerstedt und Bargstedt sind das keine unüberwindbaren Hürden. Was die Menschen trotz der Gegensätze verbindet.
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Durch die Partnerschaft der Kirchengemeinden Ahlerstedt und Bargstedt zur Mekane-Jesus-Kirche in Gimbi mit etwa 2000 Mitgliedern sind in bisher 29 Jahren enge Freundschaften entstanden. Sechs Freunde aus Gimbi sind seit Anfang Juni zu Besuch auf der Geest.
Der Ort im Westen Äthiopiens hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Zählte die Stadt 2007 noch gut 30.000 Einwohner, leben heute über 104.000 Menschen dort. Lediglich am Rande der Metropole ist Gimbi noch landwirtschaftlich geprägt.
Aber nicht nur die Bevölkerung wächst dort rasant, sondern auch die Kirchengemeinden nehmen stark zu, während hierzulande immer mehr Kirchenaustritte zu verzeichnen sind. Krasse Gegensätze zu Deutschland zeigen sich vor allem auch bei der afrikanischen Kultur und der Wirtschaft. Mais beispielsweise, was hierzulande an Tiere verfüttert und in Biogasanlagen verheizt wird, zählt in den afrikanischen Ländern nach wie vor zu einem der Hauptnahrungsmittel für die Bevölkerung.
Auf das Thema zum wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd reagiert Pastor Kes Edosa aus Gimbi im Gespräch bei einer Pilgerwanderung zwischen Bargstedt und Hollenbeck gelassen. Der vierfache Familienvater und stolzer Großvater von 14 Enkelkindern ist ein aufgeschlossener Mann. Er respektiere die westliche Prägung der Wirtschaft und toleriere entsprechende Maßnahmen, sagt er in englischer Sprache.
Ein Drittel der Bevölkerung von Gimbi ist sehr arm
Gimbi hat sich wirtschaftlich enorm weiterentwickelt und ist mittlerweile ein großer Umschlagplatz für Kaffee. Die Kaffeeplantagen bringen zumindest einem Teil der Bevölkerung Arbeit und Auskommen, erzählt Edosa. „Es gibt dort aber auch sehr viel Armut“, sagt Willi Kalmbach. Ein Drittel der Bevölkerung sei bettelarm, erzählt der Ahlerstedter Pastor im Ruhestand. Ihn verbindet seit vielen Jahren eine enge Freundschaft zu Pastor Kes Edosa und der Kirchengemeinde in Gimbi.

Pilgern für die Völkerverständigung: Mitglieder der Kirchengemeinde mit den Freunden aus Gimbi auf dem Pfad bei Bargstedt. Foto: Laudien
Kalmbach lebte von 1983 bis 1995 mit seiner Familie erst sieben Jahre in Gimbi und dann fünf weitere Jahre in der Hauptstadt Addis Abeba etwa 450 Kilometer von Gimbi entfernt, um den missionarischen Gemeindeaufbau voranzutreiben. „Meine Kinder sind dort geboren“, erzählt Kalmbach, der fließend Oromo, die Landessprache, spricht.
An einem heißen Junitag, an dem auf der Geest Temperaturen wie im Hochsommer in Gimbi herrschen, wandern Mitglieder der Kirchengemeinden Ahlerstedt und Bargstedt mit den sechs Besuchern aus dem fernen Gimbi, Yohannes Tasiso, Lijalem Gumesa, Boka Nesgea und die beiden Frauen Hamelmol Markos und Ejigoyehu Gumbesa auf dem Pilgerweg bei Hollenbeck. Die Hitze macht den Besuchern nicht zu schaffen und sie stimmen ein afrikanisches Lied aus ihrer Heimat an.
Besuche in Kitas und Schulen auf der Geest
In den letzten Tagen gab es für die Freunde aus Afrika mehrere Gelegenheiten, alte und neue Freundschaften in Ahlerstedt und Bargstedt zu vertiefen. Schulen, Kitas, Altenheime, Gottesdienste und auch Hamburg standen auf dem Programm, das von Mitgliedern der Kirchengemeinden organisiert wurde.
Britta Meyer ist zur Pilgertour bei Hollenbeck gekommen, um nach langer Zeit Freunde wieder zu treffen. Sie und Ehemann Jan waren 2012 zu Besuch in Gimbi. Nach dem Flug ging es damals noch zwölf Stunden mit dem Bus nach Gimbi, erinnert sie sich an die lange Reise nach Afrika. Jetzt freut sich die Bargstedterin über das Wiedersehen mit den Freunden aus Äthiopien.
Überwältigende Gastfreundschaft in Gimbi
Else Fitschen war vor 20 Jahren zu Besuch in Gimbi und wohnte dort bei einer Familie. „Das war ein Kulturschock“, erinnert sie sich. Alles war sehr einfach. Aber die Gastfreundschaft und die Herzlichkeit waren überwältigend. „Die Menschen sind offener, herzlicher und emotionaler als bei uns“, schildert sie die Begegnungen.
2017 wohnte Pastor Kes Edosa bei einem seiner mittlerweile sechs Besuche bei ihr. Seitdem schreiben sie sich regelmäßig.

Britta Meyer und Lijalem Gumesa.
Hilfsprojekt für notleidende Kinder in Gimbi
Aber nicht nur Freundschaften sind entstanden. Gemeinsam wurde 2005 eine Initiative für Waisenkinder ins Leben gerufen, um in Not geratenen Kindern in Gimbi zu helfen. Das Herzstück der Partnerschaft bleiben aber gegenseitige Besuche. „Wenn Äthiopier aus Gimbi zu Gast sind, weht stets ein besonderer Wind durch unsere Orte“, so Bargstedts Pastor Andreas Hellmich. So auch am morgigen Freitag im Bargstedter Gemeindehaus beim Abschiedsabend mit äthiopischem Essen für die Freunde aus Gimbi.
Wo genau liegt Gimbi?
Gimbi befindet sich im Westen Äthiopiens in der Oromia-Zone am Horn von Afrika. Die Stadt liegt an der Route 5, die vom nord-westlich gelegenen Asosa zur östlich gelegenen und fast 450 Kilometer entfernten Hauptstadt Addis Abeba führt.
Äthiopien ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Erde. Dürren und Überschwemmungen in einzelnen Landesteilen, eine mangelnde Infrastruktur sowie eine sehr hohe Inflationsrate stellen das Land vor politische und wirtschaftliche Herausforderungen. Der ostafrikanische Binnenstaat war dabei, die Lebensverhältnisse seiner Bevölkerung nachhaltig zu verbessern.
Das Wirtschaftswachstum verringerte sich jedoch deutlich aufgrund der Covid-19-Pandemie und durch den gewaltsamen Konflikt im Land.
Dazu kommen steigende Weltmarktpreise für Nahrungsmittel und Energie infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Else Fitschen ist mit Pastor Kes Edosa (rechts) schon seit vielen Jahren befreundet.