Evakuierung: Gaswolke über der Elbe bei Stade-Abbenfleth
Auf der Elbe bei Abbenfleth trat am späten Donerstagabend wegen einer defekten Pumpe aus dem Gastank des Tankers "Bow Guardian" ein explosives Propylen-Gemisch aus. Die Gaswolke breitete sich rund um das Schiff aus. Zwischenzeitlich mussten 150 Anwohner aus der Siedlung am Deich ihre Häuser verlassen.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Von Daniel Beneke und Björn Vasel
Alarm am Abbenflether Hafen: Die Besatzung eines Bunkerschiffes hatte bemerkt, wie sich über dem Tanker Bow Guardian eine Gaswolke bildete. Sie alarmierte die Wasserschutzpolizei. Ortsbrandmeister Heiko Cordes von der Feuerwehr Bützfleth sollte die Lage erkunden. Er sah die Wolke und löste Großalarm aus. Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Bützfleth, Bützflethermoor, Stade und Assel rückten aus. Die Schiffsbrandbekämpfungseinheit der Stader Feuerwehr, der Fachzug Messen und Spüren sowie der Umweltzug und der Fernmeldezug der Kreisfeuerwehr machten sich ebenfalls auf den Weg. Die Besatzung des Feuerlöschschleppers Bützfleth machte sich einsatzbereit.
Sie sperrten den Hafenbereich weiträumig ab, eine 1000-Meter-Sperrzone wurde eingerichtet. Auch ein Großteil der Feuerwehrleute musste sich aus Sicherheitsgründen zunächst hinter dem Deich postieren, da nicht klar war, aus welchem Grund und in welchem Umfang das tiefgekühlt in den Tanks des Schiffes gelagerte Gasgemisch ausgetreten war. Am Nachmittag hatte die Bow Guardian einen Teil ihrer maximal 900 Tonnen Gasladung bei der Dow entladen, sie war daraufhin mit einer Restladung von rund 350 Tonnen auf Reede gegangen. In Grauerort parken die Schiffe, bevor oder nachdem sie bei der Dow entladen werden.
Den Feuerwehrleuten waren die Hände gebunden. Lediglich der Bützflether Feuerlöschschlepper lässt sich gasdicht machen. Ansonsten verfügen die Einsatzkräfte über keine Möglichkeit, sich dem Havaristen zu nähern. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als an Land Messungen vorzunehmen, um eine mögliche Gaskonzentration in der Luft nachzuweisen. Hierbei halfen ihnen Spezialisten der Analytic Task Force vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aus Hamburg. Der Kapitän drehte sein Schiff, damit das Gasgemisch mit dem Wind möglichst weit vom Festland wegtreibt. Es ist schwerer als Luft und trieb daher auf dem Wasser.
Über die App Nina und den Rundfunk baten Feuerwehr und Polizei die Anwohner in Barnkrug, Assel, Abbenfleth und Kreuel, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Sicherheitshalber evakuierten sie die Wohnhäuser in Deichnähe. 150 Anwohner aus Abbenfleth fanden Unterschlupf im Bützflether Feuerwehrhaus, wo sie von den Johannitern und der Rotkreuz-Bereitschaft versorgt worden sind. Es gab Bratwurst und Kaffee. Die jüngeren Abbenflether saßen an Bierzeltgarnituren, für die älteren Betroffenen stellten die Ehrenamtlichen Feldbetten auf. Anwohnerin Regina Strauß war gerade von der Spätschicht im Marktkauf Horneburg nach Hause gekommen und wollte sich schlafen legen. Da standen die Einsatzkräfte vor der Tür. Mit in der Nachbarschaft wohnender Verwandtschaft ging es für sie in die Notunterkunft. „Die Feuerwehr hat uns gut informiert, das lief wunderbar“, sagt Strauß.
Zwischenzeitlich stellte sich heraus, dass eine defekte Pumpe an Bord des Schiffes für den Gasaustritt verantwortlich war. Nachdem mehr Gas entwichen und der Druck auf den Tanks nicht mehr so stark war, konnte die Besatzung beginnen, mit Bordmitteln die Pumpe zu reparieren. Auf der Bundeswasserstraße hat der Kapitän die Hoheit über sein Schiff; er sah sich in der Lage, das Problem ohne fremde Hilfe zu lösen. Der 120 Meter lange LPG-Tanker fährt unter der Flagge Maltas. Die Besatzung blieb unverletzt.
Um 2.30 Uhr war die Gefahr gebannt. Die Messergebnisse lagen vor. Nach Angaben von Feuerwehrsprecher Stefan Braun konnten an den zehn Messpunkten keine Gaskonzentrationen festgestellt werden. Daher durften die Abbenflether wieder in ihre Häuser zurückkehren.