So wirbelt Sturmtief „Zoltan“ durch den Kreis Stade

Ein Auto stand kurz vor Mitternacht in Stadersand mitten in den Fluten. Foto: Polizei Stade
Sturmtief „Zoltan“ wehte durch den Kreis Stade. Polizei und Feuerwehr waren am Freitagmorgen im Dauereinsatz. Eine Störung der S-Bahnlinie S5 wurde mitterweile behoben, auch die Elbfähre fährt wieder.
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Viel Arbeit verschafft Sturm „Zoltan“ aktuell den Einsatzkräften von Feuerwehr und Polizei. Die Stader Polizei meldet auf TAGEBLATT-Nachfrage etwa zehn Sturmeinsätze bis zum Freitagmorgen, in den meisten Fällen wären Bäume auf die Straßen gefallen. Die Feuerwehren im Kreis Stade hätten seit Donnerstag, 20 Uhr etwa 20 Einsätze abgearbeitet, so Polizeisprecher Rainer Bohmbach.
Am Donnerstagabend gegen 22.20 Uhr ist eine 21-Jährige aus Hemmoor mit ihrem Auto in Stadersand ins überflutete Gebiet gefahren, so Bohmbach. Der Audi sei bis zu den Scheiben im Wasser versunken. Vier Insassen konnten durchnässt aber unverletzt aus dem Wagen steigen. Der Audi sei von Feuerwehr Stade geborgen worden. Zwei Taucher hätten eine Rundschlinge am Fahrzeug befestigt, bevor es mit einer Seilwinde aus dem Wasser gezogen wurde, berichtet die Stader Feuerwehr. Die Feuerwehr war mit 25 Einsatzkräften rund anderthalb Stundenvor Ort.
Um 7.35 Uhr kappte ein Baum eine Telefonleitung in der Waldsiedlung Sunde. Zudem pumpten die Einsatzkräfte zwei Keller in Steinkirchen-Bachenbrock aus.
Am Freitagmorgen wurde gegen 8.05 Uhr das Fluttor an der Glückstädter Straße in Wischhafen geschlossen. Bereits seit Donnerstag sind die Tore des Lühe-Sperrwerks in Grünendeich geschlossen.
Sturmtief fegt über den Landkreis Stade

Züge und Fähren fallen im Kreis Stade aus
Am Freitagmorgen fuhren zeitweise keine Züge der S5 zwischen Buxtehude und Horneburg. Die „witterungsbedingte Störung“ sei mittlerweile behoben, meldete die S-Bahn gegen 9.08 Uhr bei Twitter. Seit 9.11 Uhr hält die Linie S5 allerdings nicht am Bahnhof Elbbrücken.
Am Freitagmorgen gegen 9.15 Uhr, gut eine Stunde vor dem regulären Tide-Hochwasser, stand das Wasser am Wischhafener Fähranleger bei 9,12 Metern; also gut 2,5 Meter als das übliche Hochwasser. Wie Wolfgang Kilian, der nautische Leiter der FRS Elbfähre, erzählt, schloss die Feuerwehr Wischhafen um 9 Uhr die Deichlücke. Da näherte sich das Wasser bedrohlich dem Deich. Doch dann nahm der Wind ab und so floss das Hochwasser wieder allmählich ab. Der Fährverkehr war am Donnerstag eingestellt worden. Seit Freitagnachmittag sind wieder Fahrten zwischen Wischhafen und Glückstadt möglich.
Glück hatte Steffi Eberhardt vom Ankerplatz. Sie hatte ihren Imbiss erst eröffnet und war auch schon durch die Bauarbeiten an der B495 tüchtig gebeutelt. Der Ankerplatz liegt im Außendeich und kann bei Sturmfluten durchaus nasse Füße bekommen. Doch das Wasser stieg bis knapp an die Kante des Imbiss. Weniger Glück hatten zwei Pkw-Besitzer. Sie hatten trotz der Warnungen am Donnerstag und Freitagmorgen versäumt, ihre Fahrzeuge wegzufahren. Da reichte das Wasser bis zur Fahrertür.
Die Lühe-Schulau-Fähre streicht nach jetzigem Stand nur die 14.10-Uhr-Tour am Freitag, berichtet die Geschäftsführerin Ute Bülau auf TAGEBLATT-Nachfrage.
Landesbetrieb: Hochwasserlage verschärft sich über Feiertage
Der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) rechnet mit einer landesweiten Verschärfung der Hochwasserlage über die Weihnachtsfeiertage. Das teilte das NLWKN am Freitag mit.
In den kommenden Tagen sei zudem nahezu flächendeckend mit weiteren Niederschlägen zu rechnen, die zu einem deutlichen Anstieg der Wasserstände führen werde. An vielen Pegeln würde die höchste Meldestufe überschritten. Das bedeute, dass lokal größere Flächen überschwemmt werden könnten wie auch einzelne Grundstücke, Straßen und Keller. Auch an den größeren Flussläufen, wie die Weser, Aller und Leine, bestehe Hochwasser mit steigender Tendenz, hieß es.
Regionalbahnstrecke zwischen Harburg und Tostedt gesperrt
Die Regionalbahnstrecke zwischen Hamburg-Harburg und Tostedt (Landkreis Harburg) ist wegen eines Baums im Gleis in beide Richtungen gesperrt. Ein Busnotverkehr sei eingerichtet, teilte die Bahngesellschaft Metronom auf seiner Internetseite mit. Aufgrund des Sturmtiefs „Zoltan“ verkehrt der Metronom zwischen Uelzen und Hamburg sowie Hamburg und Bremen bis Freitagmorgen mit einer geringeren Geschwindigkeit. Dadurch komme es zu Verspätungen auf allen Strecken von bis zu 80 Minuten.
Zu Verspätungen und Zugausfällen kommt es auch im bundesweiten Fernverkehr der Deutschen Bahn. Das teilte die Bahn auf ihrer Internetseite mit. Bahnstrecken im Norden seien besonders stark betroffen. Zu Ausfällen oder Verspätungen könne es etwa auf den Verbindungen zwischen Hamburg und Frankfurt sowie Hamburg und München kommen. Zudem könnten einige Halte entfallen.
Alle Fahrgäste, die am Donnerstag oder Freitag ihre geplante Reise wegen des Sturmtiefs „Zoltan“ verschieben müssen, können ihr Ticket laut Bahn zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugverbindung ist aufgehoben. Das Ticket gelte für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden.
Aufgrund der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage seien die Fernverkehrszüge bereits sehr stark ausgelastet, teilte die Bahn weiter mit. Fahrgäste sollten sich vorab - etwa über die Internetseite - über die Auslastung der Fernverkehrszüge informieren und wenn möglich zu Randzeiten fahren.
Mehrere Sturmeinsätze in Niedersachsen und Bremen
In Niedersachsen und Bremen hat das Sturmtief für mehrere Einsätze am Donnerstagabend und in der Nacht zu Freitag gesorgt. Des Weiteren haben Hagelschauer zu mehreren Glätteunfällen geführt, wie die Polizei mitteilte. Insgesamt kam es demnach zu 29 Unfällen auf der A1, der A7 und der A39. Dabei wurden insgesamt fünf Personen verletzt, drei davon schwer. Zuvor hatte der „Norddeutsche Rundfunk“ darüber berichtet.
Bei den Sturm bedingten Notrufen handelte es sich nach Angaben der Polizei vor allem um Einsätze wegen umgestürzter Bäume und Äste, die die Fahrbahnen blockierten und losgelöster Ziegelsteine oder Baugerüstplanen.
Die Polizei meldete für Osnabrück in den letzten 24 Stunden 107 durch Sturm bedingte Einsätze. In Oldenburg wurden seit Donnerstagabend 27 Einsätze, in Braunschweig rund zehn und in Bremen zwei Einsätze verzeichnet.

Sturmtief «Zoltan» prescht mit Wucht über den Norden. Wasser der Elbe überschwemmt den Fischmarkt in Hamburg. Foto: Bodo Marks/dpa Foto: Bodo Marks/dpa
Elbe überflutet Hamburger Fischmarkt
Dass der Fischmarkt unter Wasser steht, passiert gerade im Herbst und Winter nicht selten. Dass er so stark von den Wassermassen überflutet wird, schon. Das Wasser stand teils hüfthoch. Da nicht alle Autos rechtzeitig weggefahren wurden, wurden auch sie überspült.
In der Nacht waren die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei unterwegs, um in den noch abgestellten Fahrzeugen im Überschwemmungsgebiet nach Menschen zu suchen. Als ein Mann seinen Transporter noch schnell aus dem Wasser fahren wollte, sei das Fahrzeug weggeschwommen. Er habe dann aber selbstständig den Wagen verlassen können. In der Nacht hatten sich zudem einige Schaulustige die Auswirkungen der Sturmflut in der Nähe des Fischmarktes beobachtet.
Dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zufolge hatte die erste schwere Sturmflut des Jahres in der Nacht am Pegel St. Pauli kurz vor 22 Uhr seinen Höhepunkt erreicht. Die direkt folgende, zweite schwere Sturmflut am Freitagvormittag wurde für die Zeit kurz vor 12.00 Uhr erwartet. Die Wasserstände sollten dabei auf 3,0 Meter über das mittlere Hochwasser steigen.

Blick auf die Lühe in Neuenkirchen am Freitagmorgen. Foto: Björn Vasel
Sirenen wegen schwerer Sturmflut - Katastrophenstäbe im Dienst
Wegen der erwarteten Auswirkungen der schweren Sturmflut ist seit 5.00 Uhr der zentrale Katastrophenstab der Hamburger Innenbehörde im Dienst. „Es wird ein Wasserstand von 5,20 Meter erwartet, das entspricht Wasserstandsstufe 1 und damit nimmt der Katastrophenstab seinen Dienst auf“, sagte ein Sprecher der Innenbehörde der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Hamburg. 5,20 Meter über Normalnull entsprechen 3,05 Meter über dem mittleren Hochwachwasser.
Damit geht auch einher, dass gegen 7.15 Uhr im Elbegebiet bereits die Sirenen gingen. „Wir haben schon jetzt die Bevölkerung mit Sirenen gewarnt. Bis 11.00 Uhr ist nicht mehr so lange hin. Da fangen wir jetzt schon an.“ Warnungen über die Warn-Apps sowie in den sozialen Medien sollen in den nächsten Minuten folgen. Die Menschen sollen damit davor gewarnt werden, sich in den Elbe-nahen Bereichen aufzuhalten.
Zudem beginnen nun die Flutschutzmaßnahmen im Elbegebiet. Dazu gehörten das Schließen der Flutschutztore sowie das Evakuieren und Sperren bestimmter Bereiche. Das betreffe keine bewohnten, sondern vor allem Industrie- und Gewerbegebiete, so der Sprecher weiter. Wer dort arbeitet, kommt bis in die Mittagstunden nicht an seinen Arbeitsplatz. „Es wird im kompletten Bereich der Elbe bis Mittag zu Einschränkungen kommen. Das kann man schon sagen.“ Es werde jedoch nicht der gesamte Hafen gesperrt, sondern immer nur punktuell.
Mit der Wasserstandsstufe 1 haben den Angaben zufolge auch die Katastrophenstäbe in Hamburg-Mitte, Bergedorf und Harburg ihren Dienst aufgenommen. „Auch Feuerwehr und Polizei haben viel Personal im Hintergrund, die alle sofort reagieren können, falls sich die Lage verschärft.“

Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern eine Deichschart mit Sandsäcken. Foto: -/Nord-West-Media TV/dpa
Cuxhaven sichert Deichschart mit Sandsäcken vor Sturmflut
In Cuxhaven hat die Feuerwehr im Stadtteil Sahlenburg den einzigen Deich-Durchgang am Donnerstagabend mit Sandsäcken gesichert
Das Tor wurde bereits am Nachmittag geschlossen, wie ein Stadtsprecher bestätigte. „Es ist eine Vorsichtsmaßnahme, damit morgen früh alles gemacht ist und sich die Einsatzkräfte um andere Orte kümmern können“, sagte er. Der Nordwestwind drückt das Wasser aus der Nordsee an Land. „Wir haben Windböen von 65 bis 75 Stundenkilometer, etwa Windstärke 8, das ist nicht das Problem“, erklärte der Sprecher. Das Problem sei die Richtung.
Die Stadt erwartet den Scheitelpunkt der schweren Sturmflut am Freitagmorgen gegen 8.19 Uhr mit etwa drei Metern über dem normalen mittleren Hochwasser. „Wir sind vorbereitet, die Herausforderung ist der Wind“, ergänzte er.
Die Polizei vermeldete im Landkreis keine großen Vorkommnisse. „Wir hatten noch keine drastischen Einsätze, höchstens mal ein Schild auf einem Auto“, sagte ein Polizeisprecher am Abend. (mit dpa)

Ein Auto stand kurz vor Mitternacht in Stadersand mitten in den Fluten. Foto: Polizei Stade

Der Lühe-Anleger in Grünendeich steht komplett unter Wasser. Foto: Björn Vasel

Die Tore des Lühe Sperrwerks sind geschlossen. Foto: Björn Vasel

Die Elbfähre Glückstadt-Wischhafen fährt bis Freitagmittag nicht. Foto: Wolfgang Kilian