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Altes Land

Sorgen um Borsteler Mühle: Sie sinkt immer tiefer

Die Mühle sackt: Blick auf das Baudenkmal auf dem alten Elbdeich, der 1970 seine Funktion verloren hat. Foto: Basel

Die Mühle sackt: Blick auf das Baudenkmal auf dem alten Elbdeich, der 1970 seine Funktion verloren hat. Foto: Basel

Die Borsteler Mühle sackt ab, die Fußböden sind schief. Zentimeter um Zentimeter versinkt der Bau im historischen Deich - ein Relikt der spätmittelalterlichen Hollerkolonisation des 12./13. Jahrhunderts. Doch Rettung naht.

Von Björn Vasel Sonntag, 28.05.2023, 10:59 Uhr

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Der Landkreis Stade will das Baudenkmal im Jahr 2024 sanieren. „Wir müssen Querpfähle unter den Fundamenten der Windmühle einziehen, um das Bauwerk zu stabilisieren“, bestätigte Kreisbaurätin Madeleine Pönitz dem TAGEBLATT. Entsprechende Haushaltsmittel müssen nächstes Jahr eingeworben werden. Ein Statiker sei beauftragt. Der Landkreis Stade bedauert, dass die Familie Riewoldt aufhört. Wie berichtet geben Kerstin und Daniel Riewoldt ihr Spitzenrestaurant zum Oktober auf. Nach einem Schlaganfall muss Kerstin Riewoldt kürzertreten, sagt die 48-Jährige. „Die Gesundheit geht vor, alles andere ist nachrangig“, sagt Danny Riewoldt. Wer Interesse an der Pacht der Mühle habe, der können sich im Kreishaus melden.

Das Alte Land war einstmals auch das Land der Mühlen: Heute gibt es noch zwei Windmühlen, in Borstel (1856) und in Twielenfleth (1849). Lediglich in Twielenfleth geht noch ein Müller seiner Arbeit nach, in Jork-Borstel betreiben Kerstin und Danny Riewoldt seit 2011 ein Top-Restaurant. Im 19. Jahrhundert gab es noch zahlreiche Mühlen an der Niederelbe.

Die Geschichte hinter der Borsteler Mühle

Aurora von Königsmarck (1662 bis 1728) gab der Mühle in Borstel ihren Namen. Sie war die Enkelin des ersten schwedischen Generalgouverneurs in Stade. Sie war für den Philosophen Voltaire – neben der russischen Zarin Katharina II. – „die berühmteste Frau zweier Jahrhunderte“. Sie entstammte dem altmärkischen Adelsgeschlecht Königsmarck und war die Geliebte Augusts des Starken – und danach Pröpstin des Stiftes Quedlinburg. Ihre Ururenkelin Aurore Dupin ging unter dem Pseudonym George Sand in die französische Literaturgeschichte ein. Der Familie von Königsmarck gehörte der dazugehörige Herrensitz (ab 1657) in Borstel, der Königsmarck‘ sche Hof (Wehrt‘sche Hof) und die Mühle, vorher in der Hand der Altländer Gräfen Schulte und Dehmel.

Blick auf die sanierungsbedürftige Borsteler Mühle, und den alten Elbdeich in den 1960er/1970er Jahren. Der Galerieholländer wurde im Jahr 1856 von dem Müller Adolf Friedrich Peters erbaute. Foto: Altländer Archiv

Blick auf die sanierungsbedürftige Borsteler Mühle, und den alten Elbdeich in den 1960er/1970er Jahren. Der Galerieholländer wurde im Jahr 1856 von dem Müller Adolf Friedrich Peters erbaute. Foto: Altländer Archiv

1740 erwarb George II. von Hannover für 45.000 Taler die Agathenburger Besitzungen der Königsmarcks und damit auch die Borsteler Mühle. Sie wurde als Erbzinsmühle betrieben. Adolf Friedrich Peters ließ die Bockmühle abbrechen und erbaute 1856 die heutige Holländermühle. 1943 wurde das Flügelkreuz bei einem Bombenangriff beschädigt. Fortan konnte nur mit Motor gemahlen werden. 1961 wurde die Kornmühle endgültig stillgelegt. 1981 kaufte der Landkreis Stade die Mühle und sanierte diese 1984 umfassend. 1985 konnte die Einweihung gefeiert werden.

Viele historische Mühlen in Niedersachsen am Pfingstmontag geöffnet

Anlässlich des Deutschen Mühlentags öffnen am Pfingstmontag knapp 170 historische Mühlen in Niedersachsen und Bremen ihre Türen für Besucher. Die Betreiber bringen Flügel, Wasserräder oder Motoren zum Laufen, bieten Führungen an und veranstalten Aktionen oder Feste, wie die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) e.V. mitteilte. 

Mit dabei sind sind unter anderem die Wassermühle "Nackte Mühle" in Osnabrück, die Windmühle Oberneuland in Bremen, die Motormühle Blumenhagen in Edemissen (Landkreis Peine) und das Museumsdorf Cloppenburg. Nach einer längeren Sanierungspause wird außerdem das Internationale Mühlenmuseum in Gifhorn wieder geöffnet. 13 Mühlen aus elf verschiedenen Ländern können hier besichtigt werden. 

"Konkret möchten wir historische Mühlen und damit einen Baustein unserer kulturellen Identität schützen und bewahren", teilte DGM-Präsident Johannes Weinig mit. "Dies bedeutet am Mühlentag insbesondere Technikgeschichte, Geschichten und Zeitgeist an authentischen Orten der Erinnerung lebendig darzustellen."

Der Deutsche Mühlentag findet traditionell am Pfingstmontag statt. Bereits zum 30. Mal richtet die DGM ihn in diesem Jahr aus. Bundesweit nehmen rund 700 Mühlen teil.

Wassermühle in Ovelgönne öffnet ihre Türen

Das Ovelgönner Juwel, 1674 erbaut, gehört mit Sicherheit zu den ältesten Bauwerken dieser Art. Der reetgedeckte Fachwerkbau wurde bis 1936 betrieben. 1984 kaufte die Stadt Buxtehude die Mühle, 1986 erfolgte die Restaurierung. Nachdem die Sanierungsarbeiten abgeschlossen waren, diente die Mühle auch als Dorfgemeinschaftshaus, in dem kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Musikevents und plattdeutsche Abende angeboten wurden. Der Verein - eine Gruppe Ehrenamtlicher - gründete sich im Sommer 1984. Mitte der 90er wurde dem Verein eine Bronzeplakette „als Anerkennung für Baukulturpflege in Buxtehude“ verliehen.

Die Ovelgönner Wassermühle wird vom Mühlenverein sorgsam in Schuss gehalten. Müller Franz Rosenkranz kümmert sich auch um die regelmäßige Wartung des Mahlwerks.

Die Ovelgönner Wassermühle wird vom Mühlenverein sorgsam in Schuss gehalten. Müller Franz Rosenkranz kümmert sich auch um die regelmäßige Wartung des Mahlwerks.

Das Kulturdenkmal, das an bestimmten Tagen für Besucher öffnet, die sich für die Technik der Mühle interessieren, ist auch ein beliebter Ort für Eheschließungen. Seit 2007 können sich Paare hier von einem Buxtehuder Standesbeamten trauen lassen.

Nur wenige Meter weiter steht das gemauerte Backhaus mit funktionsfähigem Backofen, der an Mahl- und Backtagen für Butterkuchen und Brot sorgt.

Mühlen im Landkreis Rotenburg laden zum Deutschen Mühlentag ein

Der Landkreis Rotenburg kann am Mühlentag mit zahlreichen historischen Mühlen unterschiedlichster Bauart aufwarten. An vielen Standorten wird ein buntes Rahmenprogramm geboten - beispielsweise mit Mahlvorgängen, Musikdarbietungen, Verköstigung oder Ausstellungen.

„Henriette“ in Elm: Die 1773 in Hamburg erbaute einstöckige Holländer-Galerie-Windmühle, mit Windrose und Segelflügeln, Achtkant und Kappe reetgedeckt, hat 1871 in Elm ihren Mahlbetrieb wieder aufgenommen. Sie hat einen restaurierten Deutz-Diesel-Motor aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, Mühlenspeicher mit Bäckerei- und Heimatmuseum. Aktivitäten: 11 bis 17 Uhr Führungen, Kaffee und Kuchen ab 14 Uhr.

„De Möhl“ in Alfstedt: Wassermühle am ehemaligen Grenzfluss Mehe mit Wasserrad, ohne Mahlgang. Aktivitäten ab 13 Uhr. Angeln in der Mehe (Angelverein, 13 bis 15 Uhr) sowie Reiten auf dem Pferdehof Kahrs (14 bis 16 Uhr). Dazu Butterkuchen aus dem Backofen, Spielmöglichkeiten für Kinder, Hüpfburg, ein Fischwagen, Getränke sowie von 14 bis 17 Uhr Kuchenbuffet und Kaffee im Mühlencafé. Interessant ist sicher auch die Foto-Ausstellung „20 Jahre De Möhl.“

„Elisabeth“ in Selsingen: Die 1868 erbaute Windmühle „Elisabeth“ in Selsingen ist ebenfalls eine Holländer-Galerie-Windmühle und wurde von 1981 bis 1983 wiederaufgebaut.

Wassermühle Eitzmühlen in Eitzte: Die etwa um 1300 erstmals erbaute Wassermühle wurde von 1991 bis 1994 renoviert und war ab 1998 im Besitz der Landfrauen. Auch heute gibt es an der Oste noch hausgemachte Torten und Kuchen.

Auch die Wassermühle in Eitzmühlen wird am Pfingstmontag wieder geöffnet sein. Foto: Algermissen

Auch die Wassermühle in Eitzmühlen wird am Pfingstmontag wieder geöffnet sein. Foto: Algermissen

Wassermühle Bademühlen: Die 1836 im Backsteinbau errichtete Wassermühle ist im Privatbesitz.

Wassermühle Sittensen: Die Sittenser Wassermühle aus dem 16. Jahrhundert liegt direkt an der Oste und am Mühlenteich.

Wassermühle Scheeßel: Erstmalige Erwähnungen der Scheeßeler Wassermühle stammen aus dem Jahr 1507. Der letzte Neubau fand im Jahr 1830 statt. Die Mühle hat zwei unterschlächtige Wasserräder und vier Mahlgänge.

Windmühle Westervesede: Die Windmühle in Westervesede ist eine 15,5 Meter hohe Galerie-Holländer-Mühle aus dem 19. Jahrhundert.

Wassermühle Kirchwalsede: Die direkt am Mühlenteich gelegene Federlohmühle ist eine renovierte 400 Jahre alte Wassermühle mit wiederhergestelltem Mahlgang.

Wassermühle Stuckenborstel: Die im Fachwerk errichtete Wassermühle mit unterschlächtigem Wasserrad wurde 1790 erbaut.

Windmühle Brockel: Diese Windmühle ist ein dreistöckiger Galerieholländer. Sie wurde 1860 erbaut.

Motormühle Nartum: Die im Jahr 1900 erbaute Mühle wurde 2005 zum Standort „Am Brink“ umgesetzt.

Hier drehen sich die schönsten Mühlen im Kreis Cuxhaven

Diese Mühlen sind am „Deutschen Mühlentag“, Pfingstmontag, 29. Mai, im Cuxland geöffnet:

  • Midlumer Mühle: Wo: Midlumer Dorfstraße 5, Midlum; Geöffnet: 11 bis 17 Uhr; Programm: Schautag, Kinderfest (ab 13 Uhr), Mühlenführungen mit Einblicken in die Arbeitsweise des Müllers, Backtag

    Ein echtes Schmuckstück und voll funktionsfähig: die Midlumer Mühle. Foto: Heike Leuschner

    Ein echtes Schmuckstück und voll funktionsfähig: die Midlumer Mühle. Foto: Heike Leuschner



  • Windmühle Bederkesa: Wo: Beerster Mühlenweg 11, Bad Bederkesa; Geöffnet: 11 bis 18 Uhr; Programm: Besichtigung und Führungen; Kaffee, frischer Butterkuchen aus dem Steinbackofen im Mühlengarten und Bratwurst ab 13 Uhr

  • Windmühle Lintig: Wo: Lintiger Straße 48, Lintig; Geöffnet: 11 bis 17 Uhr; Programm: Familientag, Demonstration des Mühlenbetriebes (ohne Getreidevermahlung), Besichtigung, Führungen, Kaffee und Kuchen, Bratwurst, Brötchen backen im Steinbackofen und Aktivitäten für Kinder

  • Wassermühle Hainmühlen: Wo: Hainmühlen 2, Geestland; Geöffnet: 13 bis 17 Uhr sowie von 10 bis 11 Uhr für Gottesdienst; Programm: Besichtigungen, herzhafte und süße Leckereien

  • Schiffdorfer Mühle: Wo:Bohlenstraße 15, Schiffdorf; Geöffnet: 11 bis 17 Uhr; Programm: Führungen, Dia-Show Mühlenbetrieb, Hüpfburg, Speisen und Getränke

  • Heiser Mühle: Wo: Heiser Mühle 1, Beverstedt-Hollen; Geöffnet: ab 13 Uhr; Programm: Pfingstbaum wird aufgestellt (13.30 Uhr), musikalische Unterhaltung, Kaffee und Kuchen, Bratwurst und Getränke

  • Wassermühle Deelbrügge: Wo: Stubbener Landstraße 128, Beverstedt; Geöffnet: ab 11 Uhr; Programm: Gezeigt wird, wie traditionell Getreide zu Mehl vermahlen wird. Auftritt Harmonikaklub, Natureum geöffnet, Kuchen- und Tortenbuffet (dpa/red)
Blick vom Hafen auf die Borsteler Mühle vor 1962. Foto: Altländer Archiv

Blick vom Hafen auf die Borsteler Mühle vor 1962. Foto: Altländer Archiv

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