Wohnraum: Altländer Senioren kehren zurück in die Grundschule

Seniorengerechtes Wohnen: Architekt Jens Wilke im Gespräch mit Gerd Grunwald, Doris Bauer und Rita Voss vor der Grundschule in Guderhandviertel (von links). Foto: Vasel
Der Bedarf an Wohnraum ist groß - auch im Alten Land. In der Samtgemeinde Lühe wohnen viele Senioren allein - in großen Häusern mit Garten. Viele von ihnen überlegen, in kleinere Wohnungen umzuziehen. Diese fehlen, doch das könnte sich ändern.
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Der Bürgermeister von Neuenkirchen, Gerd Grunwald, will das ändern – gemeinsam mit Doris Bauer und Rita Voss. Die beiden Seniorinnen sind vielen durch ihr Engagement beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) und in der Seniorenarbeit bekannt. „Viele Senioren leben alleine oder zu zweit in ihren Häusern - großes Haus und großer Garten, das wird vielen im Alter zu viel“, sagt Gerd Grunwald. Hinzu kommen die steigenden Energiekosten. Jeder zehnte Einwohner in der Samtgemeinde Lühe sei älter als 75.
Seniorengerechtes Wohnen in der Grundschule
Der Kommunalpolitiker, der für die Grünen auch im Rat der Samtgemeinde sitzt, schlägt vor, den Bedarf und das Potenzial in den sechs Mitgliedsgemeinden zu ermitteln. Für ihn kommen nicht nur alte Ein- oder Mehrfamilienhäuser und Altländer Bauernhäuser in Frage. Der Zeitpunkt sei günstig. Eine Idee: Aufgrund der Einführung der Ganztagsschule plant die Samtgemeinde Lühe den Neubau der Grundschule Guderhandviertel. Der heutige Standort ist bekanntlich nicht erweiterungsfähig. Hier könnten seniorengerechte, sprich barrierefreie Wohnungen mit Gemeinschaftseinrichtungen entstehen, ist sich Grunwald mit seinen beiden Mitstreitern einig.
Doris Bauer und Rita Voss sind sich einig. Es gebe sicherlich einige Eigentümer, die ihre zu großen Einfamilienhäuser oder Wohnungen aufteilen oder aufgeben würden. „Dann könnten junge Familien einziehen und die Älteren - in der gewohnten Umgebung - alt werden“, sagt Voss.
Studien aus der Wohnungsbranche - wie des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des Immobilienentwicklers Pantera AG - zeigen, dass 53 Prozent der Deutschen im Alter in eine kleinere Wohnung ziehen und den ihnen zu groß gewordenen Wohnraum aufgeben würden. Das allerdings scheitere häufig an dem fehlenden Angebot und den zu hohen Kosten - auch im Alten Land. So ist die Senioren-Wohngruppe im DRK-Zentrum Windmüller ausgebucht, und die Häuser im „Wohnpark für Senioren“ in Hollern könnten sich viele nicht leisten. Gerd Grunwald hält es angesichts hoher Grundstücks- und Baukosten für sinnvoll, Gebäude wie die kommunale Schule in die engere Wahl zu nehmen. Die gehört Mittelnkirchen, Neuenkirchen und Guderhandviertel gemeinsam.
Laut Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises Stade beträgt die durchschnittliche Wohnungsgröße in der Samtgemeinde 110,9 Quadratmeter. In dem INWIS-Konzept wurden die Kommunalpolitiker seinerzeit aufgefordert, das seniorengerechte Wohnangebot weiter auszubauen - verbunden mit der Schaffung altersgerechter Wohnformen. Gleichzeitig hatte das Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (INWIS) im Auftrag des Kreises einen Mangel an Wohnraum für Familien und ältere und jüngere Single- und Paarhaushalte im Segment (Miet)-Eigenheim und Mehrfamilienhaus ausgemacht.
Senioren und junge Familien profitieren
„Wir könnten den Alten und Jungen helfen“, sagt Grunwald. Der Wohnraum würde bezahlbarer. Die soziale Frage sei ein Aspekt. Umbau von Bestandsbauten schone (ähnlich wie Innenverdichtung) die Umwelt und sei, verbunden mit energetischer Sanierung mit Blick auf den Klimaschutz, nachhaltig, sagt Architekt Jens Wilke.
Samtgemeindebürgermeister Timo Gerke sieht den Bedarf an seniorengerechtem Wohnraum. Er plädiert dafür, den Neubau der Schule und die Nachnutzung der alten konzeptionell parallel zu betreiben. Senioren, Jugendarbeit und Dorfladen, das würde für ihn Sinn machen. Gerke: „Dieser Ort soll Dorfzentrum bleiben.“ Die Räte der Oberen Lühe seien in der vergangenen Woche eingebunden worden, sie sollen jetzt ihre Meinung äußern.
Wer Interesse hat, Projekte für Ältere - von der Alten-WG über Seniorenwohnungen mit Gemeinschaftseinrichtung oder ein generationenübergreifendes Angebot - auf den Weg zu bringen, kann sich bei Grunwald unter 04163/7656 oder Katja Brendt (Seniorenservicebüro) unter 04142/899-139 melden. Ziel sei es, ein Treffen auf die Beine zu stellen - mit Experten.