Wut über Wartezeit: 38-Jähriger schlägt Mitarbeiterin im Elbe Klinikum

Das Klinikpersonal in Stade schaffte es, den Angreifer aus dem Krankenhaus zu bringen. (Symbolbild) Foto: Mario Battmer
Ein Stuhl fliegt, es wird geschlagen: Im Stader Krankenhaus ist eine 52-Jährige von einem wartenden Mann am Dienstagmorgen verletzt worden. Die Hintergründe.
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Stade. Notruf aus dem Elbe Klinikum: Wie Matthias Bekermann, Sprecher der Polizei Stade, berichtet, ist die Polizei am Dienstagmorgen gegen 8 Uhr zum Elbe Klinikum nach Stade alarmiert worden. Dort hatte ein 38-jähriger Mann den Angaben zufolge eine Mitarbeiterin tätlich angegriffen und verletzt.
Demnach sei die 52-Jährige von dem Mann ins Gesicht geschlagen worden. „Ein geworfener Stuhl verfehlte die Frau glücklicherweise“, sagt Bekermann. Eine Arbeitskollegin sei der 52-Jährigen schließlich zu Hilfe gekommen und habe den Angreifer aus dem Raum bugsiert.
Angreifer begleitete eigene Mutter zur Routineuntersuchung
Als die Polizei eintraf, hatte sich der 38-Jährige bereits laut Polizei vom Klinikum entfernt. Er sei zuvor vom Klinikpersonal des Krankenhauses verwiesen worden. Auch der Sicherheitsdienst vor Ort war verständigt worden.
Bekermann: „Der Mann war offenbar gewalttätig geworden, nachdem sich bei einer Routineuntersuchung seiner Mutter eine verlängerte Wartezeit abgezeichnet hatte.“ Es läge zudem der Verdacht vor, dass der 38-Jährige alkoholisiert gewesen sei.
Lange Wartezeiten
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Angriffe auf Rettungskräfte und Polizei
Die verletzte Mitarbeiterin habe medizinisch versorgt werden müssen. Eine Strafanzeige ist gestellt worden.
Zuletzt hatte es im Kreis Stade wiederholt Angriffe - körperlich und verbal - auf Rettungskräfte, Polizisten oder Feuerwehrleute gegeben. So hatte eine „aggressive Patientin“ in Bützfleth eine Sanitäterin bespuckt, beleidigt und geschlagen. Nach einer Fahrt über B73 und A26 in Schlangenlinien und anschließender Kontrolle war erst am Sonntagmorgen ein Polizist von einem betrunkenen Autofahrer verletzt worden.
Gewalt in Praxen: „Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht“
Diese Gewaltausbrüche sind längst bundesweit thematisiert und adressiert. So beobachten etwa Ärzte immer mehr Gewalt in Arztpraxen. „Insgesamt ist eine Verrohung im Umgang mit medizinischem Personal zu verzeichnen“, hatte jüngst die Bundesärztekammer geklagt. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sprach in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ von verbaler und physischer Gewalt: „Offene Aggression und ein extrem forderndes Verhalten haben deutlich zugenommen“. Die raue Situation trage „zweifellos“ zum Fachkräftemangel in den Praxen bei, kommentierte der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte.
„Dass sich Patienten nicht benehmen können und eine schräge Einschätzung der eigenen Behandlungsdringlichkeit haben, ist ein Nationen-übergreifendes Phänomen. Was sich allerdings auch häuft: Da ist einer krank, und sechs Leute kommen als Begleitung mit in die Praxis oder die Notaufnahme und machen Radau. Das ist bemerkenswert und extrem unangenehm“, sagte Gassen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Gassen forderte deutliche Strafen: „Es braucht in solchen Fällen deutliche und schnelle Strafen. Sonst kommt die Botschaft bei einigen Menschen nicht an.“
Justizminister will Strafrecht leicht verschärfen
Mit einer leichten Verschärfung des Strafrechts will Justizminister Marco Buschmann (FDP) Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte besser vor Anfeindungen und Gewalt schützen. Der Entwurf enthält konkrete Ergänzungen im Strafgesetzbuch, etwa bei der Strafzumessung. Die Anpassung soll dazu beitragen, dass etwa Polizisten und Gerichtsvollzieherinnen sowie Finanz- und Strafvollzugsbeamten besser geschützt sind. Das gilt auch für Feuerwehrleute, Katastrophenschützerinnen, Rettungskräfte und Notärzte. Die Änderungen schließen zudem Ehrenamtliche ein, die sich für das Gemeinwohl einsetzen.
„Wer in eine Arztpraxis geht, dort Menschen bedroht, beleidigt, sie mit Gewalt angeht oder das Hausrecht verletzt, macht sich schon heute strafbar“, so Buschmann. (mit dpa/tip)