Hrubesch will bei Olympia „ins Endspiel“ – und hat ein Problem

Horst Hrubesch wird dem HSV noch bis zur kommenden Saison fehlen. Foto: Federico Gambarini/dpa
Aufgabe erfüllt: HSV-Idol Horst Hrubesch fährt mit 73 Jahren mit der Frauen-Nationalmannschaft nach dem Sieg gegen die Niederlande nach Paris. Sein Unruhestand verlängert sich. Die Freude ist allerorten grenzenlos.
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Heerenveen. „Paris, Paris - wir fahren nach Paris!“ So klang es aus der kleinen deutschen Fankurve und später aus der Kabine der DFB-Frauen. Mit einem Kraftakt haben die deutschen Fußballerinnen von Interims-Bundestrainer Horst Hrubesch noch das Olympia-Ticket geholt.
Der 72-Jährige gab nach dem 2:0-Sieg gegen die Niederlande in Heerenveen gleich mal das Ziel für die Sommerspiele aus: „Ich werde nicht nach Paris fahren, um mitzuspielen, ich will schon ins Endspiel.“
Nach den Toren der beiden Bayern-Angreiferinnen Klara Bühl (66. Minute) und Lea Schüller (78.) dürfen die Spielerinnen auf das zweite deutsche Olympia-Gold für die Frauen nach Rio de Janeiro 2016 hoffen. „Ich bin sehr, sehr froh und stolz auf meine Mannschaft“, sagte Kapitänin Alexandra Popp, die sich nach dem Abpfiff völlig geschafft mit ihren Mitspielerinnen in den Armen lag. „Wir haben wirklich ordentlich Kilometer gemacht. Aber es hat sich am Ende gelohnt und wir haben uns verdient zu Olympia geschossen.“

Die deutschen Fußballerinnen haben sich für die Olympischen Sommerspiele qualifiziert. Foto: Federico Gambarini/dpa
Hrubesch will wieder ins Olympischen Dorf
„Jeder weiß, aus welch schwieriger Phase wir kommen“, betonte Bühl. Ein halbes Jahr nach dem WM-Debakel von Australien mit dem Vorrunden-Aus wäre eine verpasste Olympia-Teilnahme - wie schon in Tokio 2021 - ganz bitter für das Nationalteam und den DFB gewesen. „Pure Freude, pure Emotion“, beschrieb Bühl nun mit glänzenden Augen ihre Gefühle. „Es ist im Moment schwer zu greifen.“
Hrubesch hat immer betont, dass er gerne wieder die Atmosphäre im Olympischen Dorf mit Sportlern aus aller Welt erleben möchte. Das HSV-Idol stand bislang einmal in einem olympischen Endspiel: 2016 hatte er die U21-Auswahl der Männer ins Endspiel gecoacht, war in diesem aber Gastgeber Brasilien um Neymar im Elfmeterschießen unterlegen.

Nach Spielende jubelt die deutsche Frauenmannschaft über den Sieg gegen die Niederlande. Foto: Federico Gambarini/dpa
Nach der Gruppenauslosung am 20. März wissen die DFB-Frauen auch, gegen wen sie bei dem auf mehrere Städte verteilten olympischen Turnier spielen. Mit dabei sind unter anderem die Weltmeisterinnen aus Spanien sowie Frankreich, die USA, Kanada, Brasilien und Kolumbien. Hrubesch kündigte nach seiner erfolgreichen Mission, die Fußballerinnen nach Paris zu führen, gleich mal an: „Der Maßstab wird sein, wenn du gegen Spanien spielst.“
Auch deshalb hatte ihn die 1:2-Niederlage in Frankreich im Halbfinale der Nations League vergangene Woche in Lyon geärgert. Mit einem Sieg wäre schon da das Olympia-Ticket sicher gewesen - und seine Auswahl wäre im Finale gegen Spanien angetreten. „Wir sind wirklich auf einem guten Weg. Aber wir müssen einfach konstanter werden“, forderte der 72-Jährige, bevor es zur Feier ging.
„Herr der Ringe“: HSV feiert Idol Hrubesch
Männer-Kapitän Ilkay Gündogan lobte die deutschen Fußballerinnen. „Was für eine Leistung!“, schrieb der Profi vom FC Barcelona bei X.
Der HSV, der Verein von Interimscoach Hrubesch, postete einen launigen Tweet mit einem ebenso launigen Foto. Der 72-jährige Hrubesch steht inmitten seiner Fußballerinnen unter den olympischen Ringen und wird als „Herr der Ringe“ bezeichnet. Dazu hieß es: „14. Januar: Horst Hrubesch: „Ich würde zu Fuß nach Paris laufen.“ - 28. Februar: Die DFB-Frauen besiegen die Niederlande mit 2:0 und qualifizieren sich für Olympia. Gesagt, getan! Herzlichen Glückwunsch, Horst und Mädels!“
Der DFB hat dank des Erfolgs gegen das Oranje-Team von Trainer Andries Jonker bei der Suche nach einem Nachfolger von Hrubesch Zeit gewonnen: Das HSV-Idol wird bei den Sommerspielen - dann mit 73 Jahren - die Fußballerinnen wie geplant betreuen und seine zweite Amtszeit nicht vorzeitig beenden. Von April an muss er Popp und Co. aber erst mal durch die EM-Qualifikation für die Schweiz 2025 bringen. Die deutschen U21-Männer, vor acht Jahren Silbermedaillengewinner unter Chefcoach Hrubesch, haben es nicht zu den Spielen nach Paris geschafft.
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Popp und Hrubesch schwelgen in Olympia-Erinnerungen
Nur 18er Kader für Olympia: DFB wehrt sich
Die DFB-Auswahl muss sich auf einen knallharten Kampf um die Kaderplätze für Paris einstellen. Während bei der WM 2023 in Australien 23 Spielerinnen zugelassen waren, sind es bei den Sommerspielen (26. Juli bis 11. August) nur 18, darunter zwei Torhüterinnen. Der Deutsche Fußball-Bund wehrt sich dagegen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC), wie der DFB der dpa bestätigte.
Gemeinsam mit anderen europäischen Nationen habe man ein entsprechendes Schreiben verfasst. Zuerst hatte bild.de darüber berichtet. Die Aussichten des DFB werden aber als gering eingeschätzt, da es auch in anderen Sportarten reduzierte Mannschaftsstärken bei Olympia gibt. Zwölf Nationen nehmen am olympischen Frauenfußball-Turnier teil. Neben Deutschland haben sich unter anderem die Weltmeisterinnen aus Spanien, die USA, Kanada, Brasilien und Kolumbien qualifiziert.
Für das Olympia-Aufgebot empfehlen können sich die deutschen Spielerinnen bei der Qualifikation für die EM 2025, die zwischen Anfang April und Mitte Juli in drei Doppelspieltagen ausgetragen wird. Schon vor den Spielen 2016 in Rio de Janeiro, als die DFB-Frauen Gold gewannen, hatte sich die damalige Bundestrainerin Silvia Neid über den 18er Kader beklagt und vier Spielerinnen auf Abruf nominiert.
DFB-Frauen auch bei TV-Quoten erfolgreich
Die deutschen Fußballerinnen haben auch im Fernsehen erfolgreich abgeschnitten. Den 2:0-Sieg gegen die Niederlande sahen am Mittwochabend im Durchschnitt 5,596 Millionen Menschen im TV und bescherten dem ZDF die Top-Quote des Tages. Der Marktanteil lag nach Angaben der AGF Videoforschung bei 23,1 Prozent.
Das letzte Spiel der Nations League war auch bei der Quote damit deutlich erfolgreicher als das Halbfinale gegen Frankreich, in dem die Auswahl von Trainer Horst Hrubesch die erste Chance auf die Olympia-Qualifikation verpasst hatte. Die 1:2-Niederlage sahen am vergangenen Freitag in der ARD durchschnittlich 3,19 Millionen Menschen (13,1 Prozent).