Ärzte verschreiben Apps: Hilfreich oder Geschäftemacherei?

Digitale Gesundheitsanwendungen sollen Patientinnen und Patienten bei bestimmten Problemen helfen. Foto: Annette Riedl/dpa
Immer mehr Apps versprechen Hilfe bei physischen oder psychischen Problemen. Viele werden von den Krankenkassen bezahlt. Doch nicht alle Apps erfüllen ihre Versprechen. Was Sie wissen müssen.
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Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) wie Smartphones-Apps helfen den Patientinnen und Patienten nach Einschätzung der Krankenkassen oft nur wenig. „Die Bilanz zu den DiGA ist von Ernüchterung geprägt“, teilte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in Berlin mit.
„Auch im dritten Jahr nach ihrer Einführung lösen die Gesundheits-Apps nicht ihr Versprechen ein, die gesundheitliche Versorgung grundlegend zu verbessern.“ Es gebe zu viele Anwendungen, die trotz ihrer Aufnahme in den Leistungskatalog der Kassen keinen Nutzen für Patientinnen und Patienten nachweisen konnten.
„Dabei könnten DiGA Bindeglied sein zwischen Patientinnen und Patienten, Ärzteschaft, zwischen Sektoren und unterschiedlichen Fachrichtungen“, so Stoff-Ahnis. Zudem seien die Herstellerpreise deutlich gestiegen. „Das Geld der Beitragszahlenden soll in eine bessere Versorgung fließen und keine Wirtschaftsförderung finanzieren“, betont die Verbandsvorständin.
Hilfe für Patienten bei bestimmten Problemen
Mit digitalen Gesundheitsanwendungen sind beispielsweise Apps gemeint, die Patientinnen und Patienten Hilfe bei bestimmten Problemen versprechen - wie zum Beispiel „Cara Care für Reizdarm“ oder „elona therapy Depression“.
Zwischen September 2020 und September 2023 wurden laut GKV rund 374.000 digitale Anwendungen in Anspruch genommen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat dafür 113 Millionen Euro bezahlt. In den drei Jahren konnte laut GKV nur jede fünfte digitale Anwendung einen Nutzen nachweisen.
Dennoch konnten die herstellenden Unternehmen demnach im ersten Jahr nach Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog beliebig hohe Preise für die DiGA festlegen. Diese müssen von der gesetzlichen Krankenversicherung für diesen Zeitraum erstattet werden, unabhängig davon, ob ein Nutzen nachgewiesen wurde oder nicht. Die Startpreise lagen im ersten Untersuchungsjahr laut GKV bei durchschnittlich 407 Euro, im dritten Jahr waren es 593 Euro.
Daher forderte der GKV-Verband, dass nur DiGA mit nachgewiesenem medizinischem Nutzen und echten Mehrwerten in das DiGA-Verzeichnis durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen werden. Zudem bedürfe es angemessenen, dem Patientennutzen entsprechende Preise.
Welche Rollen können Gesundheits-Apps bei der Behandlung einnehmen?
Ganz allgemein: DiGA können bei einer Behandlung oder Diagnosestellung unterstützen. Auch helfen sie dabei, den Verlauf einer Erkrankung im Blick zu behalten oder den Erfolg einer Therapie sicherzustellen. Sie zeigen Wege auf, gesundheitliche Probleme zu lindern oder auch Verletzungen und Einschränkungen zu kompensieren.
„Entscheidend ist aber, dass DiGA den Arztbesuch nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können“, sagt Jochen Sunken von der Verbraucherzentrale Hamburg. Eine DiGA wird ausschließlich von einer Patientin oder einem Patienten genutzt - manchmal auch gemeinsam mit dem jeweiligen Arzt oder Therapeuten.
Was gibt es alles?
Die Palette der Anwendungsgebiete ist breit. Sie reichen von Diabetologie, Kardiologie, Logopädie bis Psychotherapie. „So lassen sich beispielsweise Blutzuckerwerte bei Diabetes speichern und überwachen“, erklärt Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen mit Sitz in Berlin.
Daneben gibt es einige Programme, die interaktive, onlinebasierte Selbsthilfe zur Therapieunterstützung von Patientinnen und Patienten mit Depressionen anbieten. Andere Anwendungen helfen dabei, Medikamente regelmäßig einzunehmen. Und es gibt auch solche, die dazu beitragen sollen, Rückenschmerzen zu lindern.
Was ist sonst noch wichtig?
Ralf Suhr rät, sich in Zeiten digitaler Informationstechnologien generell digitale Kompetenzen im Bereich Gesundheit anzueignen.
Der Vorteil: Zum einen lassen sich digitale Helfer so besser für die eigene Gesundheit einsetzen. Zum anderen bewegen sich Nutzerinnen und Nutzer auch sicherer in der digitalen (Gesundheits-)Welt. Die Stiftung Gesundheitswissen etwa bietet unter gesundheitsweiser.de kostenlos Kurse zum Umgang mit Gesundheits-Apps an.