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Prozessbeginn

Brutale Prügelattacke auf Arzt im Elbe Klinikum – Patient schuldunfähig?

Die Attacke auf den Arzt im Elbe Klinikum ereignete sich im November vergangenen Jahres. Foto: Archiv

Die Attacke auf den Arzt im Elbe Klinikum ereignete sich im November vergangenen Jahres. Foto: Archiv

Ein junger Psychiatrie-Patient wütet in Stade, schlägt zwei Frauen, tritt einen Arzt mit einem Schädel-Hirn-Trauma auf die Intensivstation. Die Hintergründe einer erschreckenden Tat.

Freitag, 12.05.2023, 09:44 Uhr

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Vor der 3. Großen Strafkammer am Landgericht Stade beginnt die Hauptverhandlung in einem Sicherungsverfahren gegen einen 25 Jahre alten Mann wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung. Er soll im November vergangenen Jahres vor und während seiner Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik zunächst zwei Frauen mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dadurch verletzt haben.

Der junge Patient hatte sich auf freiwilliger Basis bereits seit Anfang November 2022 in der psychiatrischen Klinik am Stader Elbe Klinikum aufgehalten. In der Nacht vom 21. auf den 22. November soll er zudem mit dem Fuß auf einen am Boden liegenden Arzt eingetreten und ihm dadurch lebensgefährliche Verletzungen zugefügt haben. Der 35 Jahre alte Mediziner erlitt unter anderem ein Schädel- Hirn-Trauma sowie eine Nasenbeinfraktur. Er musste notoperiert werden.

Angriff auf Arzt in Elbe Kliniken im Patientenzimmer

Die Hintergründe der Tat blieben im November 2022 weitgehend im Verborgenen. Polizei und Klinikleitung gaben keine weiteren Auskünfte. Der Mediziner und der Patient sollen sich zum Zeitpunkt der Attacke allein im Zimmer des 25-Jährigen befunden haben. Der genaue Tathergang wird nun Teil des Verfahrens sein.

Als Erste am Tatort soll eine Krankenschwester gewesen sein. Sie hatte einen lauten Knall gehört und daraufhin den Raum betreten. Sie alleine konnte den Angreifer aber nicht stoppen. Erst als mehrere andere Personen - darunter der nachts in der Notaufnahme stationierte Mitarbeiter der Security - dazukamen, konnte der Angreifer gestoppt und fixiert werden.

Prügelattacke in Elbe Klinikum: Psychiatrie-Patient schuldunfähig? 

Der Psychiatrie-Patient soll an Schizophrenie leiden. Der Beschuldigte soll die Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen haben. Die Kammer wird von diesem Montag an prüfen, ob von dem Beschuldigten die Gefahr ausgeht, weitere schwere Straftaten zu begehen und er deshalb in der Psychiatrie untergebracht werden muss.

Vor dem Landgericht sind zunächst sechs Verhandlungstage anberaumt. Ein Urteil wird Ende Juni erwartet.

Nehmen Angriffe auf medizinisches Personal zu?

Die Ärztekammer Niedersachsen setzt sich seit längerem für ein zentrales Meldesystem für Attacken gegen medizinisches Personal und Rettungsdienste ein. Der Punkt „Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleisten“ ist eine von zehn Kernforderungen der Ärzteschaft an die rot-grüne Landesregierung.

Die Zunahme an körperlichen Angriffen sowie verbalen Übergriffen müsse gestoppt werden, erklärte die Ärztekammer. Flankierend zu dem zentralen Meldesystem müssten die Vorfälle strukturiert aufgearbeitet werden - möglichst inklusive Strafverfolgung.  Gleichzeitig sei es notwendig, niedrigschwellige psychologische Unterstützungs- und Hilfsangebote zu etablieren.

Offene Rücksichtslosigkeit und einen rauen Umgangston habe man bereits 2019 festgestellt, sagt die Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe (vmf), Hannelore König. Inzwischen berichteten medizinische Fachangestellte aus allen Teilen Deutschlands von vermehrter Aggressivität. „Es zieht sich durch alle Schichten und Regionen.“ Auch Hausarztpraxen seien betroffen. Zahlen oder valide Statistiken zu den Vorfällen gibt es laut vmf-Präsidentin König und anderen Experten nicht. „Erfahrungsgemäß werden viel zu wenige solcher Taten zur Anzeige gebracht.“ 

Bundesweit Schlagzeilen machen Angriffe nur selten. Kurz vor Weihnachten 2022 schlug laut Polizei ein 22-Jähriger einem Notarzt in Wernigerode am Harz ins Gesicht. Ihm solle die Dauer der medizinischen Erstversorgung seiner Mutter missfallen haben. (tip/st)

Der Mediziner, der als Nebenkläger auftritt, musste wegen eines Schädel-Hirn-Traumas auf der Intensivstation behandelt werden. Symbolbild: dpa

Der Mediziner, der als Nebenkläger auftritt, musste wegen eines Schädel-Hirn-Traumas auf der Intensivstation behandelt werden. Symbolbild: dpa

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