Viel politische Brisanz vor Türkei-Spiel der DFB-Auswahl
Der DFB geht derzeit nicht von einem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan beim Länderspiel in Berlin aus. Foto: Mcm/Turkish Presidency/dpa
Dieser Besuch wäre brisant. Der türkische Staatschef Erdoğan soll beim Fußball-Länderspiel der DFB-Elf gegen die Türkei aber nicht auf der Tribüne sitzen - zumindest Stand jetzt.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Berlin. Der Deutsche Fußball-Bund rechnet nach derzeitigem Stand nicht mit einem Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan beim Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Türkei in Berlin.
Wie der DFB der Deutschen Presse-Agentur bestätigte, gehöre Erdogan nicht zu der offiziellen Delegation des türkischen Fußball-Verbandes für die Partie am 18. November (20.45 Uhr/RTL) im Berliner Olympiastadion. „Dem DFB ist nicht bekannt, dass er das Spiel besuchen wird“, hieß es vonseiten des Verbandes.
Auch Scholz nicht im Stadion
Es wird erwartet, dass Erdogan für ein Arbeitstreffen am 17. November, am Tag vor dem Spiel, auf Einladung von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Berlin reist. Deshalb war spekuliert worden, dass der bekennende Fußball-Fan Erdogan seinen Deutschland-Besuch mit einem Besuch des Länderspiels verbindet.
Laut DFB ist auch ein Besuch der Partie durch Bundeskanzler Scholz derzeit nicht vorgesehen. Die Begegnung ist mit mehr als 70.000 Besuchern praktisch ausverkauft. Es werden zahlreiche Fans der türkischen Nationalmannschaft erwartet.
Erdogan als Ehrengast bei einem Länderspiel wäre für den DFB sportpolitisch eine brisante Angelegenheit. Im Mai 2018 hatten die Fotos der Nationalspieler Mesut Özil und İlkay Gündogan mit dem umstrittenen Politiker kurz vor der WM in Russland für einen Skandal gesorgt. Den Profis wurde eine zu große Nähe zu dem Staatschef des Landes ihrer Vorfahren vorgeworfen und ein klares Bekenntnis zu Deutschland und der Nationalmannschaft vermisst.
Özil ebenfalls nicht in Berlin
Mit Özil kam es nach dem enttäuschenden WM-Abschneiden dann zum großen Bruch. Der Mittelfeldstar trat begleitet von Rassismus-Vorwürfen gegen den Verband aus dem DFB-Team zurück. Gündogan reagierte moderater und ist mittlerweile Kapitän der DFB-Auswahl. Der Profi des FC Barcelona dürfte die Nationalmannschaft auch in Berlin auf den Rasen anführen.
Laut DFB ist auch ein Besuch Özils, der seine Profi-Karriere mittlerweile beendet hat, in Berlin nicht geplant. Beim letzten Aufeinandertreffen mit der Türkei in Berlin, im Oktober 2015, hatten Kabinenfotos der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem am Oberkörper unbekleideten Özil in der DFB-Kabine nach dem 3:0-Sieg für Wirbel gesorgt.

Mesut Özil löste 2018 mit diesem Foto und den Worten „Mein Präsident“ große Debatten in Deutschland aus. Foto: -/AP/dpa
Özils Vater behauptet: Mesut wird „ein Stück weit benutzt“
Mustafa Özil, Vater und früherer Berater des Fußball-Weltmeisters Mesut Özil, bereut den geräuschvollen Abgang seines Sohnes aus der Nationalmannschaft zutiefst. „Wenn ich einen Zauberstab hätte, würde ich das Rad zurückdrehen“, sagte er in der „Sport Bild“: „Mesuts Karriere durfte so nicht enden. Ich akzeptiere es bis heute nicht. Ich bin traurig und enttäuscht. Es tut mir weh.“
Sein Sohn sei damals „von seinem Umfeld beeinflusst“ worden und werde noch immer „ein Stück weit benutzt“, meint Mustafa Özil, der bis 2013 als Manager des gebürtigen Gelsenkircheners in Verantwortung stand. Mesut Özil sorgte mehrfach mit politischen Statements für Aufsehen. Im Dezember 2019 hatte sich der damalige Profi des FC Arsenal in den sozialen Medien kritisch zur Unterdrückung der Uiguren in China geäußert, zuletzt fiel er mit propalästinensischen Internet-Beiträgen auf.
„Man sollte aber nicht zu viel hineininterpretieren. Trotzdem wünsche ich mir als Vater, dass er Social-Media-Nachrichten über Herkunft, Religion, Politik einfach weglässt. Er ist Sportler“, sagte Mustafa Özil, der auf eine Versöhnung seines Sohnes mit dem DFB hofft: „Mein großer Wunsch wäre es, dass er zum Beispiel eines Tages für den DFB arbeitet, im Team-Management oder in irgendeiner beratenden Funktion wie etwa Ausländer-Integration.“ Abgesehen von den Umständen des Rücktritts stehe sein Sohn „weiter für eine gelungene Integration“.