Gute Karten für Gema im Prozess gegen ChatGPT-Mutter OpenAI

Die Gema klagt gegen den ChatGPT-Betreiber OpenAI. (Archivbild) Foto: Sven Hoppe/dpa
Die Verwertungsgesellschaft beklagt die Nutzung von Liedtexten durch die KI. Gleich zu Beginn des Verfahrens gibt das Gericht eine vorläufige Einschätzung ab, die OpenAI nicht gefallen kann.
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München. Im Rechtsstreit um die Nutzung von Liedtexten durch die ChatGPT-Mutter OpenAI hat der Musikrechteverwerter Gema offenbar gute Aussichten. In ihrer vorläufigen Einschätzung zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht München deutete die Vorsitzende Richterin Elke Schwager in praktisch allen zentralen Punkten an, eher den Argumenten der Gema zu folgen. Ob es im Laufe des Prozesses mit einem Streitwert von 600.000 Euro auch dabei bleibt, ist allerdings nicht gesagt.
Bekannte Liedtexte Teil des Prozesses
Der Rechtsstreit dreht sich um die Texte - nicht die Melodie - von neun Liedern - unter anderem „Atemlos“, „Bochum“, „Männer“, „Über den Wolken“ oder „In der Weihnachtsbäckerei“. Unstrittig ist, dass diese Texte zum Training der KI verwendet wurden. Die Gema wirft OpenAI allerdings unter anderem vor, die Texte in seinem System memorisiert - also letztlich auf eine gewisse Weise abgespeichert - und damit vervielfältigt zu haben. Zudem werde der Text bei der Wiedergabe der Daten erneut vervielfältigt und damit erneut Rechte verletzt.
OpenAI hatte dagegen unter anderem vorgebracht, dass die Daten nicht memorisiert würden. Das System reflektiere lediglich, was es beim Training gelernt habe. Zudem würden die Texte teilweise auch leicht verändert ausgegeben.
Genaue Wiedergabe spricht für Memorisierung
Laut vorläufiger Einschätzung sieht Schwager allerdings eine Memorisierung und Vervielfältigung. Ein zentraler Punkt ist dabei folgende, hier vereinfacht wiedergegebene Argumentation: Wenn das System mit den Texten trainiert wurde und sie danach auch auf einfache Fragestellungen hin fast oder ganz identisch ausgibt, ist es nicht realistisch, dass dies Zufall ist.
Auch OpenAIs Argumentation, dass die Verantwortung für die Ausgabe letztlich beim Nutzer liege, verfing in der vorläufigen Einschätzung nicht. Das Unternehmen habe hier durch die Auswahl der Trainingsdaten und die Architektur seines Systems eine zentrale Rolle.
Kein Vergleich trotz Oktoberfest-Argument
Der Versuch, einen Vergleich zu vermitteln, scheiterte - obwohl die Vorsitzende Richterin scherzhaft anfügte, dass eine Einigung danach auf dem Oktoberfest gefeiert werden könnte, das gerade in München, nur gut zwei Kilometer vom Sitzungssaal entfernt stattfindet. Insbesondere die Gema will mit dem Rechtsstreit grundsätzliche Fragen klären.
Das Verfahren wird nun am 11. November fortgesetzt. Dann will das Gericht eine Entscheidung verkünden. Das muss nicht zwingend ein Urteil sein. Auch eine Weiterverweisung an den Europäischen Gerichtshof - wie sowohl von Beklagter als auch Kläger angeregt - oder andere Beschlüsse wären möglich.
Die Gema zeigte sich nach der Verhandlung zufrieden. Diese habe gezeigt, „dass auch die Vorgänge in KI-Systemen urheberrechtliche Relevanz haben“, sagt Justiziar Kai Welp. „Das ist entscheidend für die Vergütung der Kreativen.“ KI werfe fundamentale Rechtsfragen auf. „Umso mehr ist der heutige Tag eine wichtige Etappe, um rechtliche Unklarheiten zu klären. Denn diese liefern den Anbietern derzeit noch den Vorwand, sich ihren Pflichten zu entziehen.“
Von OpenAI hieß es, man widerspreche den Forderungen der Gema. Diese zeigten ein fundamentales Missverständnis darüber, wie ChatGPT arbeite. Inzwischen werfe die neue Version von ChatGPT die Liedtexte auch nicht mehr aus, betonte ein Anwalt des Unternehmens. Für die Klage ist das aber wohl nicht entscheidend.