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Justiz

Mehr Arbeit für Zentralstelle Hasskriminalität - Personal aufgestockt

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sieht man die Hashtags Hass und Hetze in einem Twitter-Post. Foto: Fabian Sommer/dpa

Auf dem Bildschirm eines Smartphones sieht man die Hashtags Hass und Hetze in einem Twitter-Post. Foto: Fabian Sommer/dpa

Seit etwa zweieinhalb Jahren kümmert sich eine Zentralstelle um Hasskriminalität in Niedersachsen. Bei der Staatsanwaltschaft Göttingen laufen die Fäden zusammen. Seitdem steigt die Zahl der Anzeigen dort. Das macht sich auch beim Personal bemerkbar.

Dienstag, 27.12.2022, 00:15 Uhr

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Die Zentralstelle für Hasskriminalität in Niedersachsen bekommt immer mehr Arbeit und wird daher auch personell gestärkt. Seit ihrer Gründung bei der Staatsanwaltschaft Göttingen im Juli 2020 hat sich die Zahl der angezeigten Straftaten nahezu verfünffacht, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte. Grund dafür sei vor allem die seit März dieses Jahres verfügbare Internetseite für Online-Anzeigen. Das Personal sei deshalb aufgestockt worden.

Im zweiten Jahr ihres Bestehens, also von Juli 2021 bis Ende Juni 2022, gingen 1136 Hinweise ein. Im laufenden dritten Jahr gab es seit Juli bis Ende November bereits 708 Verfahren. Und vom 17. Februar an könnte die Zahl der Anzeigen weiter steigen, denn von da an müssen soziale Netzwerke wegen des Gesetzes über digitale Dienste der Europäischen Union Hasskommentare den Behörden melden.

Meiste Taten politisch motiviert

Im Schnitt wurde in 28 Prozent der Fälle Anklage erhoben, wie der Sprecher der Zentralstelle für Hasskriminalität sagte. In den allermeisten Fällen kam es danach auch zu einer Verurteilung. 25 Prozent der Anzeigen wurden an Behörden außerhalb Niedersachsens weitergeleitet. In 38 Prozent der Fälle wurden die Verfahren eingestellt.

Mit 78 Prozent sind politisch motivierte Straftaten der größte Block. "Einen thematischen Schwerpunkt bilden volksverhetzende, fremdenfeindliche und antisemitische Inhalte", erklärte der Behördensprecher. Sie stünden etwa im Zusammenhang mit Corona-Regelungen oder dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

Es werde auch zu Straftaten wie der Tötung von Politikern oder Klimaaktivisten aufgerufen. "Postings richten sich aber auch gegen Privatpersonen, die auf diesem Wege regelrecht „fertig gemacht“ werden sollen", sagte er.

Höhere Strafen möglich

Wegen der Zunahme der Anzeigen wurde die Zentralstelle personell mit weiteren Staatsanwälten aufgestockt. Inzwischen sind ein Oberstaatsanwalt, vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie ein Informatiker für die Einrichtung tätig. Weitere Mitarbeiter seien denkbar.

Für Straftaten im digitalen Raum sind inzwischen höhere Strafen möglich. Seit April 2021 drohen bei Beleidigungen im Netz bis zu zwei Jahre Haft, bei Mord- und Vergewaltigungsdrohungen bis zu drei Jahre. Das sei angemessen, denn Straftaten im Netz könnten viel schwerer wiegen als im analogen Raum, hieß es von der Zentralstelle. "Eine Beleidigung in der analogen Welt verhallt. Das Internet hingegen vergisst nicht."

Hass und Hetze im Internet würden zudem zu weiteren Problemen führen - als Reaktion darauf beteiligen sich etwa Menschen seltener an Diskussionen im Netz, wie aus Studien hervorgehe, sagte der Sprecher. Zusätzlich bestehe die schwerwiegende Gefahr, dass Menschen auch Aufforderungen zu Straftaten folgen würden, die im Netz gepostet würden. "Beispiele hierfür sind die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke oder die Anschläge von Halle und Hanau."

Was Betroffene bei einer Anzeige beachten sollten

Über die Internetseite www.hassanzeigen.de können Betroffenen einen Kommentar direkt online anzeigen. Sie sollten dabei möglichst viele Angaben zum Beschuldigten und dem Kommentar machen: Name des Verfassern, Link zu dessen Profil, Kontext, Tatzeit oder Plattform, auf der der Kommentar verfasst wurde, erklärt Oberstaatsanwalt Frank-Michael Laue aus Göttingen. "In jedem Fall erforderlich sind Screenshots von dem in Rede stehenden Kommentar."

Die Staatsanwaltschaft bewertet dann den Kommentar, leitet möglicherweise erste Ermittlungen ein und informiert nötigenfalls die Polizei. Etwa für eine Durchsuchung. Laue betont, dass die Anzeige kostenlos sei, kein Anwalt benötigt werde und es für gewöhnlich auch zu keiner Vernehmung des Klägers komme.

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