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Verkehr

Im Kreis Stade ist das eigene Auto wichtiger als im Bundesschnitt

Die meisten Autos pro Einwohner in Niedersachsen besitzen die Menschen in Wolfsburg. (Symbolbild)

Die meisten Autos pro Einwohner in Niedersachsen besitzen die Menschen in Wolfsburg. (Symbolbild) Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Die Deutschen leisten sich immer mehr Autos, fahren damit aber weniger. Wie es im Kreis Stade und in der Region aussieht.

Von Redaktion Mittwoch, 09.10.2024, 06:00 Uhr

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Wiesbaden/Landkreis. Die Menschen in Deutschland besitzen immer mehr Autos. Weil die Zahl der Neulassungen schneller steigt als die Bevölkerung wächst, kamen zum Jahresbeginn 580 Autos auf 1000 Einwohner, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Das sind zwei Autos mehr als 2023 und sogar 37 Fahrzeuge mehr als im Jahr 2014. Der Rekord von 583 Autos pro 1000 Bürger datiert allerdings aus dem Jahr 2022.

Kurioserweise werden die inzwischen 49,1 Millionen Pkw in Deutschland aber auch weniger bewegt. Laut Kraftfahrtbundesamt wurden 2023 mit den Autos rund 591 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Das war der fünfte Jahresrückgang in Folge. 2018 waren es noch 39 Milliarden Kilometer mehr. Im Schnitt legte ein deutscher Pkw vergangenes Jahr 12.320 Kilometer zurück, 150 weniger als noch vor einem Jahr und ganze 1.791 Kilometer weniger als noch 2014.

Kreis Stade über Bundes- und Landesschnitt

Auch in Niedersachsen gibt es gemessen an der Einwohnerzahl immer mehr Autos. 607 angemeldete Autos auf 1000 Einwohner waren es zu Jahresbeginn - und damit über Bundesschnitt. Zehn Jahre zuvor waren 1000 Niedersachsen noch mit 563 Autos ausgekommen.

  • Die höchste Fahrzeugdichte wurde am VW-Stammsitz Wolfsburg gemessen, wo es fast ebenso viele Pkw wie Einwohner gibt. Auf 1.000 Einwohner kamen dort 980 Autos. Damit ist die Stadt auch bundesweit Spitzenreiter vor Wiesbaden mit 853 Autos pro 1.000 Einwohner.
  • Der Landkreis Stade liegt mit 611 Pkw je 1000 Einwohner noch einmal über dem Bundes- und Landesschnitt. Im Kreis ist die Zahl zwar zuletzt gesunken, vor zehn Jahren kamen die Bewohner im Kreis auf 573 Autos.
  • Beim Blick auf die Zahlen zeigt sich auch, dass der Stader Kreis möglicherweise von einer besser Anbindung an S-Bahn- und Regionalverkehr profitiert. So ist die Autodichte in den Nachbarkreisen Rotenburg (717) und Harburg (654) deutlich höher. Dort sind die Einwohner offensichtlich stärker auf ein eigenes Auto angewiesen. Cuxhaven kommt auf 638 Pkw auf 1000 Einwohner.
  • Sachsen zeigt mit 534 Wagen den niedrigsten Wert eines Flächenlandes. Alle ostdeutschen Flächenländer liegen unter dem Bundesschnitt, alle westdeutschen darüber.

Fahrzeuge halten länger

Der Autobestand in Deutschland habe seinen Höhepunkt trotz aller Abgesänge noch nicht erreicht, sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Das Wachstum habe sich zwar verlangsamt, doch zeige der Vergleich mit den USA das Potenzial. Dort kämen rund 800 Autos auf 1.000 Einwohner. Auch in europäischen Ländern wie Polen oder Italien gibt es im Verhältnis deutlich mehr Autos als hierzulande. Neue Technologien wie autonomes Fahren oder der Elektroantrieb machten Autos zudem für die Menschen grundsätzlich komfortabler und interessanter.

Auch die Industrie hat zum stetigen Flottenwachstum beigetragen, denn die Fahrzeuge halten einfach länger als noch vor wenigen Jahrzehnten. Inzwischen sind die in Deutschland zugelassenen Autos im Schnitt 10,3 Jahre alt. Noch in den 1980er-Jahren waren zu diesem Zeitpunkt viele Wagen längst durchgerostet.

„Neue Straßen sind wichtig“

Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sieht in der zunehmenden Autodichte einen langfristigen Trend, der längst nicht beendet sei. Auch hier greife der Vergleich mit den USA: „Die Menschen leisten sich einfach mehrere Autos, wenn ihr Wohlstand steigt.“ Anders als beispielsweise in Los Angeles sei es aber in deutschen Ballungsräumen längst nicht immer vordergründig rational, für jeden Weg das Auto zu benutzen.

Auch Dudenhöffer plädiert für einen Verkehrsmix mit einem starken Personen-Nahverkehr in den städtischen Zentren. Das Auto dürfe aber nicht vernachlässigt werden. „Neue Straßen sind wichtig, ebenso wichtig wie neue Schienen oder Bahnhöfe“, sagt er. Je weiter man in die Fläche gehe, werde das Auto für die Menschen immer wichtiger.

Unterschied zwischen Ost und West

Tatsächlich zeigen die Zahlen des Bundesamtes deutliche regionale Unterschiede. So gibt es in den Stadtstaaten Berlin (329), Hamburg (426) und Bremen (435) verhältnismäßig wenig Autos pro 1000 Einwohner. Dort sind die Nahverkehrsnetze gut ausgebaut, der Fahrradverkehr steigt und nicht jeder Mensch muss oder will ein eigenes Auto besitzen. Berlin ist das einzige Bundesland, in dem die Autodichte seit 2014 zurückgegangen ist.

Eine deutlich größere Flotte ist in den Flächenländern unterwegs. Das Saarland liegt mit 655 Autos auf 1000 Einwohner an der bundesdeutschen Spitze vor Rheinland-Pfalz (630) und Bayern (623). (dpa/tip)

J
Jochen Mextorf
12.10.202407:37 Uhr

"Stattsbürger" >> sehr merkwürdig. Neue Rechtschreibung?

D
Dennis Hillmann
09.10.202420:03 Uhr

Da sprechen Sie mir aus dem Herzen Herr Bowe. Wenn wir uns an den USA orientieren wollen können wir ja auch bald alle mit dem Auto zum Briefkasten fahren. Und dann jammern das alles so unglaublich teuer ist. Und wer ist schuld? Natürlich die Grünen......
Vielleicht mal Fahrräder subventionieren anstatt VW zu pudern, oder besser gesagt die Aktionäre. Und wer hier meint unsere Straßen wären in einem schlechten Zustand, kann gerne mal eine Radtour mit mir machen. Da kann man dann mal sehen wie kaputtgesparte Wege sich anfühlen.

M
Michael Bowe antwortete am
10.10.202419:57 Uhr

Hallo J.M., lassen Sie sich einach mal ganz entspannt auf den Gedanken ein, daß es um diese "deutschen Stattsbürger" (merkwürdige Formulierung in diesem Zusammenhang...) gar nicht geht.

J
Jochen Mextorf antwortete am
10.10.202414:14 Uhr

Es soll deutsche Staatsbürger geben, denen das Fahrradfahren aus div. Gründen nicht möglich ist.

M
Michael Bowe antwortete am
09.10.202422:29 Uhr

Daumen hoch!

J
Jochen Mextorf
09.10.202406:28 Uhr

Weil die S-Bahn oft ausfällt, ist das Auto lebensnotwendig.

M
Michael Bowe antwortete am
09.10.202409:49 Uhr

Bei vielen meiner Nachbarn fährt keine S-Bahn zum Bäcker, in die Innenstadt oder zum Supermarkt, - alles nur wenige 100 Meter entfernt.
Aber außer mit dem Auto zu fahren kommt anscheinend keiner auf die Idee, mit anderen Fortbewegungsmitteln sein nahes Ziel zu erreichen
Nein, schuld sind NICHT IMMER nur die politisch beschlossenen, infrastrukturellen Grundlagen, sondern es sind oft die im eigenen Kopf geschaffenen Bequemlichkeiten, die dem Auto oberste Priorität einräumt.

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