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Unwetter

Als der Blitz in Stade einschlug: So häufig kracht es im Landkreis

Die Messstellen registrierten 2023 im Landkreis Stade lediglich 385 Blitze, die den Boden trafen.

Die Messstellen registrierten 2023 im Landkreis Stade lediglich 385 Blitze, die den Boden trafen. Foto: Patrick Pleul/dpa

Der Donner lässt einen zusammenzucken. Doch das Schlimmste an einem Gewitter kommt lautlos der Blitz. Trifft er das Haus, wird es gefährlich – so wie im Juli 2023 in Stade.

Von Redaktion Dienstag, 13.02.2024, 15:15 Uhr

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Landkreis Stade. Im Jahr 2023 sind in Deutschland vergleichsweise wenig Blitze eingeschlagen. Das haben die Messungen des Blitzinformationsdienstes (BLIDS) ergeben, die Siemens und das österreichische Unternehmen OVE Service veröffentlichten.

Die Messstellen registrierten demnach bundesweit 316.000 Blitze, die den Boden trafen. Das waren zwar 30 Prozent mehr als im aus meteorologischer Sicht nicht sehr aufgeladenen 2022, doch weniger als in vielen anderen Jahren.

„Blitzhauptstadt“ des vergangenen Jahres war demnach Memmingen im Allgäu mit durchschnittlich 2,9 Blitzeinschlägen pro Quadratkilometer. An zweiter Stelle lag Pirmasens im Pfälzer Wald (2,8), gefolgt vom oberbayerischen Landkreis Mühldorf (2,5). Die geringste Blitzdichte ermittelte der Informationsdienst in Amberg in der Oberpfalz (0,08), gefolgt vom Norden mit Kiel (0,1) und Neumünster (0,11).

Blitz und Donner im Landkreis Stade selten wie seit Jahren nicht

Im Landkreis Stade wurden 2023 insgesamt 385 Blitzeinschläge im Boden gezählt. Das macht eine Dichte von 0,3 pro Quadratkilometer. Lediglich in 20 von 403 Städten und Landkreisen hat es noch weniger geblitzt. Für den Landkreis war es ein äußerst blitzarmes Jahr. Zum Vergleich: 2022 wurden noch 747 Blitze gezählt, davor waren es 1839 im Jahr 2021.

Sommer mit hohen Temperaturen von über 35 Grad, vor allem im Juni und August, seien üblicherweise die beste Zeit für Gewitter, heißt es dazu vom BLIDS. Doch für Gewitter brauche es beides - Feuchtigkeit in Form von Niederschlägen und heiße Temperaturen. Komme dies nicht zustande, wird das Jahr blitzärmer.

Das trifft auf den Nordwesten für 2023 vollumfänglich zu. So wurden etwa in Delmenhorst und Bremerhaven lediglich 10 beziehungsweise 12 Erdblitze im gesamten Jahr gemessen. Niedersachsenweit ist das Emsland mit 1828 Einschlägen 2023 die Blitzhochburg.

Blitzeinschläge in Deutschland in den vergangenen 16 Jahren.

Blitzeinschläge in Deutschland in den vergangenen 16 Jahren. Foto: BLIDS

Als in Stade der Blitz in ein Haus einschlug

Für einen Rettungseinsatz der Feuerwehr sorgte in der Hansestadt Stade ein Blitzeinschlag am 29. Juli 2023. Während eines Unwetters am frühen Abend schlug ein Blitz mit einem lauten Knall in das Wohnhaus im Rübenkamp ein.

Drei Menschen wurden dabei verletzt. Eine Bewohnerin bekam einen elektrischen Schlag, zwei weitere hatten ein Knalltrauma erlitten.

Im Rübenkamp in Stade wurden 2023 drei Bewohner eines Hauses verletzt.

Im Rübenkamp in Stade wurden 2023 drei Bewohner eines Hauses verletzt. Foto: Feuerwehr

Der Blitz löste keinen Brand aus. Verkleidungen des Schornsteins und Dachziegel wurden beschädigt. Es war ein Schaden von rund 10.000 Euro entstanden.

Blitzreichste Bundesländer: Der Norden kommt glimpflich davon

Insgesamt war Bayern das blitzreichste Bundesland: Die Messstellen registrierten dort über 70.000 Einschläge, mehr als ein Fünftel der gesamtdeutschen Zahl. Vor allem das Voralpenland - wo auch Memmingen liegt - ist eine vergleichsweise gewittrige Region. Doch weil Bayern auch das größte Bundesland ist, liefern die absoluten Zahlen allein kein exaktes Bild.

Die Berechnung der Blitzdichte erlaubt es den Fachleuten, unabhängig von der Größe eines Bundeslandes zu ermitteln, wo die meisten Gewitter mit Blitz und Donner auftreten. Dabei lag 2023 Baden-Württemberg mit 1,3 Einschlägen pro Quadratkilometern vor Bayern. Wesentlich weniger Gewitter gab es im Norden: Am anderen Ende dieser Tabelle lagen Hamburg (0,37) und Schleswig-Holstein (0,38).

2023 im Vergleich nicht sehr blitzreich

Sowohl die Zahl der Blitze als auch die Kommunen und Regionen mit den meisten Blitzen wechseln wetterabhängig von Jahr zu Jahr. In trockenen Sommern gibt es weniger Blitze, doch schon ein einzelnes schweres Gewitter kann dazu führen, dass eine Gemeinde in der Tabelle vorrückt.

Im längerfristigen Vergleich war 2023 nicht sehr blitzreich: 2007 hatten die Messstellen über eine Million Blitze registriert, 2020 waren es 399.000, 2021 491.000. 2022 war dann mit nur 242.000 Einschlägen in Sachen Gewitter ein eher stilles Jahr.

Der Blitzatlas wurde zum letzten Mal mit Beteiligung von Siemens publiziert. Der Konzern hat den Service an das österreichische Unternehmen OVE verkauft, das die 170 Messstationen übernommen hat. Obwohl zwischen den Sensoren Entfernungen von bis zu 350 Kilometer liegen, können die Einschläge auf bis zu 50 Meter genau ermittelt werden.

Das Haus vor Blitzschlag schützen

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Haus von einem Blitz getroffen wird, ist statistisch gesehen gering. Sie beträgt 1:6 Millionen. Besitzer und Bewohner sollten aber nicht allein auf ihr Glück vertrauen. Denn wenn der Blitz einschlägt, ist das oft eine Katastrophe und das ganze Haus brennt ab. Mit einem modernen Blitzschutzsystem lassen sich nicht nur Brände verhindern, sondern auch die hochwertigen elektronischen Geräte im Haushalt schützen.

„Nicht immer muss der Blitz ins eigene Haus einschlagen, um große Schäden anzurichten“, sagt Reyno Thormählen vom Verband Deutscher Blitzschutzfirmen (VDB). Schon ein Einschlag in der Nachbarschaft kann die gesamte Elektrik zum Erliegen bringen, wenn die Energie des Blitzes auf die Kabel- oder Telefonleitungen überspringt. Die Folge können Brände in der Wohnung sein. Solche Überspannungsschäden sind selbst dann noch möglich, wenn der Blitz in zwei Kilometern Entfernung einschlägt.

Ein Blitzableiter allein reicht nicht aus

Der gute alte Blitzableiter bietet heutzutage aber nur einseitigen Schutz. „Er funktioniert nach dem Prinzip des Faradayschen Käfigs“, erklärt Thormählen. „Dieser äußere Blitzschutz verhindert zum Beispiel Dachstuhlbrände, weil er die Energie des Blitzes ableitet, bevor sie zündet.“ Aber der Schutz kann die Überspannungsschäden nicht verhindern. „Komplett ist ein Blitzschutzsystem erst mit einem inneren Blitzschutz, der die Auswirkungen der elektrischen und magnetischen Felder des Blitzes möglichst gering hält.“

Das schaffen sogenannte Überspannungsschutzgeräte, kurz SPD für die englische Bezeichnung „Surge Protective Device“. Es gibt drei Typen dieser kleinen Kästchen, die etwa vom Elektriker im Verteilerkasten eingesetzt werden.

Besitzer von Eigenheimen sind auf der sicheren Seite, wenn sie ein komplettes Blitzschutzsystem installieren lassen. Besonders bei wertvollen Gebäuden, Immobilien im Gebirge und für alleinstehende Häuser ist diese Investition sinnvoll.

Höheres Blitzrisiko mit Photovoltaikanlage auf dem Dach?

Wer eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, muss nicht befürchten, dass dadurch mehr Blitze einschlagen. Allerdings sollte der Besitzer für den Brandfall einige besondere Vorkehrungen treffen, rät der Verband Privater Bauherren (VPB). Da Solaranlagen oft bei Dachbränden weiter unter Strom stehen, ist es für die Feuerwehr gefährlich, sie zu löschen. Es kam schon zu tödlichen Unfällen. Eine einfache, aber wirkungsvolle Maßnahme ist es, zwischen den einzelnen Modulen sogenannte Brandschneisen freizuhalten, auf denen sich die Feuerwehrleute gefahrlos bewegen können.

Ob der Blitzschutz bei einem älteren Gebäude ausreichend ist, lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen. Selbst ein Fachmann muss dazu erst komplizierte Berechnungen anstellen. Soll der Blitzschutz neu installiert werden, sind Fachbetriebe verpflichtet, immer das Gesamtpaket aus äußerem und innerem Blitzschutz einzusetzen. Einzellösungen aus dem Baumarkt, wie sie von Privatleuten gern eingebaut werden, sind nach Ansicht von Reyno Thormählen nur die zweite Wahl, und der Schutz ist meist unzureichend.

Unwetter mit Blitz und Donner: Was im Haus zu tun ist

Auch wenn ein Blitzschutzsystem vorhanden ist, sollten die Bewohner schon beim Aufziehen dunkler Gewitterwolken am besten die Stecker von allen elektronischen Geräten wie Fernseher, Laptop und Küchengeräten ziehen, erläutert Michael Vogel, Experte für Elektrotechnik bei TÜV. „Die Stärke eines Blitzes ist nicht vorhersehbar. Die Technik kann das Risiko zwar reduzieren, es ist aber nie gleich null.“ Das Telefonieren mit dem Handy sei dagegen absolut ungefährlich.

Manche Hersteller, zum Beispiel von Mehrfachsteckerleisten, werben damit, dass ihre Produkte selbst über einen Überspannungsschutz verfügen. „Diese schützen aber nur dann, wenn vorgelagert ein koordinierter innerer Blitzschutz im Haus installiert wurde“, stellt Vogel klar.

Blitzschutz ist aber nicht alles. Die meisten Wohnungsbrände entstehen nicht spektakulär durch Gewitter, sondern schleichend durch verschmorte Kabel, überhitzte Geräte oder kaputte Steckdosen in der Wohnung. Insbesondere veraltete, defekte oder dauerhaft im Stand-by laufende Elektrogeräte wie Fernseher oder Computer stellen eine Gefahr dar, die von vielen unterschätzt wird. Das gilt vor allem, wenn die Lüftungsschlitze durch Zeitschriftenstapel und Papier verdeckt sind. Da die Geräte permanent Wärme abgeben, entstehen schnell Schwel- oder Kabelbrände, die sich zu einem Vollbrand ausweiten und das gesamte Gebäude erfassen können.

„Elektrotechnische Defekte und menschliches Fehlverhalten sind die häufigsten Brandursachen“, erläutert Carsten Wege, Geschäftsführer des Bundesverbandes Brandschutz-Fachbetriebe in Kassel. In den Küchen entzünden sich Fett und Speiseöl, oder es geraten Backöfen und Mikrowellen in Brand, weil sie falsch bedient oder nachlässig beaufsichtigt werden. Brennbare Stoffe und Flüssigkeiten werden nicht sicher gelagert. (dpa/tip)

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