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Bündnisverteidigung

Merz und Pistorius für deutsche Führungsrolle in der Nato

Deutschland ist seit 1955 mit dabei. (Archivbild)

Deutschland ist seit 1955 mit dabei. (Archivbild) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Vor 70 Jahren ist die Bundesrepublik der Nato beigetreten. Die neue Bundesregierung stellt sich für die Zukunft eine stärkere Rolle Deutschlands im Bündnis vor als bisher.

Von dpa Mittwoch, 09.07.2025, 19:35 Uhr

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Berlin. 70 Jahre nach dem Nato-Beitritt Deutschlands hat Bundeskanzler Friedrich Merz den Anspruch einer deutschen Führungsrolle im Bündnis bekräftigt. „Wir werden in den nächsten Jahren vorangehen bei der Aufgabe, den europäischen Pfeiler der Nato zu stärken“, sagte der CDU-Vorsitzende bei einem Festakt zum Jubiläum in Berlin. Seine Regierung werde mit neuen Finanzmitteln alles daran setzen, die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Armee der Europäischen Union zu machen - „wie es einem Land unserer Größe und Wirtschaftskraft angemessen ist und wie es unsere Alliierten zu Recht von uns erwarten“.

Ähnlich äußerte sich Verteidigungsminister Boris Pistorius. „Damit unsere Allianz erfolgreich bleibt, müssen wir Europäer mehr Verantwortung übernehmen“, sagte der SPD-Politiker. „Deutschland wird dabei vorangehen.“ Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Frage nach der Relevanz der Nato endgültig verstummen lassen. Bündnisverteidigung stehe wieder im Vordergrund. „Und gemeinsam werden wir jeden Zentimeter des Nato-Territoriums verteidigen, wenn es sein muss“, sagte Pistorius.

Rutte bezeichnet Deutschland als „treibende Kraft in der Nato“

Nato-Generalsekretär Mark Rutte würdigte den Anstieg der deutschen Verteidigungsausgaben und nahm das Angebot einer deutschen Führungsrolle in Europa dankend an. „Deutschland ist eine treibende Kraft in unserem Bündnis. Wir brauchen ihre Führungsrolle und ihr entschlossenes Handeln.“

Westdeutschland war am 6. Mai 1955 das 15. Mitglied des transatlantischen Verteidigungsbündnisses geworden. Inzwischen gehören der Allianz 32 Länder an – zuletzt traten unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Schweden und Finnland bei. Auf dem Nato-Gipfel in Den Haag setzte sich das Bündnis zum Ziel, künftig fünf Prozent der Wirtschaftskraft für den Verteidigungsbereich ausgeben zu wollen.

Merz: „Dieses Bündnis atmet“

Die Nato habe damit ein Zeichen der Geschlossenheit und Entschlossenheit „in historischen Zeiten“ gesetzt, sagte Merz. „Dieses Bündnis atmet, es lebt und es trägt unsere kollektive Sicherheit.“ 

Vor dem Festakt traf Merz sich im Kanzleramt mit Rutte. Er wolle die Bundeswehr zu einer Armee ausbauen mit „Vorzeigecharakter“ im Nato-Bündnis, sagte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. „Wir werden in großem Umfang neues Gerät beschaffen, und wir werden dabei besonderes Augenmerk auf neue Technologien richten.“ Der Kanzler sagte zu, dass die großen Beschaffungen für die Bundeswehr so geleistet werden sollen, dass es die deutsche und europäische Verteidigungsindustrie stärke.

Merz wirft Russland „Terrorismus“ vor

Der Kanzler verurteilte die jüngsten Angriffe Russlands auf Ziele in der Ukraine. „Wir haben in der letzten Nacht mit die massivsten Bomben- und Raketenangriffe erlebt, die es seit Beginn des Krieges gibt. Es sind praktisch nur zivile Ziele. Es ist Terrorismus gegen die Zivilbevölkerung“, sagte Merz. Und: „Das hat mit einem Krieg gegen militärische Ziele nichts mehr zu tun.“

Der Regierungschef stellte der Ukraine weitere Unterstützung zur Verbesserung der Luftverteidigung in Aussicht. Merz verwies darauf, dass dies am Donnerstag ein Thema bei einer Videokonferenz der sogenannten „Koalition der Willigen“ sein werde. „Hier stehen insbesondere weitere Systeme der Luftverteidigung zur Entscheidung an und ich werde da auch entsprechende Angebote machen, die wir aus Deutschland heraus realisieren könnten.“

Merz begrüßte auch, dass es aus den USA Signale gebe, „die Unterstützung Kiews bei der Luftverteidigung jetzt doch noch einmal zu überdenken“. Er stehe in dieser Frage „in einem guten Austausch“ mit US-Präsident Donald Trump.

Neues Patriot-System für die Ukraine aus den USA?

Trump erwägt einem Bericht zufolge die Lieferung eines zusätzlichen Flugabwehrsystems an die Ukraine und deutet damit einen möglichen Kurswechsel seiner Haltung in dem Krieg an. Laut „Wall Street Journal“ zieht er in Betracht, Kiew angesichts der massiven russischen Angriffe ein weiteres Flugabwehrsystem vom Typ Patriot zu schicken. Damit würde er erstmals die Lieferung eines größeren Waffensystems an Kiew genehmigen, das über die von der Regierung seines Vorgängers Joe Biden zugesagte Anzahl hinausgeht.

In der „Koalition der Willigen“ haben sich die Verbündeten der Ukraine zusammengeschlossen. Merz wird sich zu der Videokonferenz am Donnerstag von einer Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Rom zuschalten.

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