Nach Ende des Zweiten Weltkriegs: So lebten Geflüchtete und Besatzer

Etwa 60 Darsteller veranschaulichen auf dem Museumsgelände das damalige Alltagsleben auf dem Dorf.
Flucht und Vertreibung ist ein Schicksal, das früher wie heute Menschen unterschiedlichster Herkunft in den Landkreis Harburg führte. Das Freilichtmuseum erinnert an den Alltag kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
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Am kommenden Wochenende, 20. und 21. Mai, erinnert das Freilichtmuseum am Kiekeberg bei der Veranstaltung „1945. Der erste Sommer im Frieden“ an den Alltag von Geflüchteten aus Ostpreußen, Einheimischen und britischen Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Etwa 60 Darsteller veranschaulichen auf dem Museumsgelände das damalige Alltagsleben auf dem Dorf und kommen dabei mit Besuchern ins Gespräch.
Im Freilichtmuseum wird Geschichte lebendig
Die Veranstaltung „1945. Der erste Sommer im Frieden“ findet zum dritten Mal im Freilichtmuseum statt - hier wird Geschichte lebendig: Von der britischen Militärverwaltung werden Neuankömmlinge auf die umliegenden Dörfer an Bauern- und Fischerfamilien verteilt - am Kiekeberg in den Hof Meyn, in das Fischerhaus und in die Nissenhütte, eine Notunterkunft des Landkreises. Bei der Anmeldung geben die Eintreffenden an, ob sie weiterreisen oder bleiben und welche Arbeitskraft sie mitbringen.
Besucher können die Perspektive der Fremden und die der Ansässigen einnehmen: Auch die einheimische Bevölkerung leidet unter Nahrungsmangel und Wohnungsnot, doch die Besatzungsbehörden setzen die Einquartierungen konsequent durch. Das führt zu Spannungen im täglichen Miteinander.
Darsteller stehen für Gespräche bereit
Besucher sehen die Herausforderungen und Nöte jener Zeit: den Schwarzmarkt, die Suche nach Vermissten und die Kontrollen durch britische Soldaten. Die Vorführungen sind eine Gelegenheit, mit den Darstellern zu sprechen und Fragen zu stellen. „Sie verfügen über Kenntnisse des historischen Geschehens der Nachkriegszeit, um die Darstellungen in diesem Kontext erklären zu können“, sagt Stefan Zimmermann, Museumsdirektor am Kiekeberg. „Trotz aller Schwierigkeiten brachten die Menschen neues Fachwissen und einen starken Aufbauwillen mit. Sie bereicherten mit ihren Traditionen und Gewohnheiten das bestehende Dorfleben. Über die Zeit vollzog sich in den Dörfern eine kulturelle und wirtschaftliche Modernisierung.“
Landkreis Harburg nahm damals viele Flüchtlinge auf
„1945. Der erste Sommer im Frieden“ ist eng verknüpft mit der neuen Baugruppe „Königsberger Straße“, die am Wochenende vom 24. und 25. Juni mit dem Flüchtlingssiedlungshaus fertiggestellt wird. Die teils an den Kiekeberg versetzten Gebäude und ihre Familiengeschichten sind typisch für das Leben in der Nachkriegszeit und prägen bis heute das Erscheinungsbild von Dörfern in ganz Deutschland.
Für den Landkreis Harburg war die Nachkriegszeit besonders prägend: Er nahm damals viele Flüchtlinge auf: Ausgebombte aus Hamburg kamen im Jahr 1943 und hofften auf eine schnelle Rückkehr nach Hause in ihre Stadt.
Flüchtlinge fanden einen Ort der Sicherheit
Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten fanden hier und in den angrenzenden Landkreisen einen Ort, der ihnen Sicherheit bot. Wohnten hier 1939 noch 62.602 Menschen, waren es zehn Jahre später bereits 124.397.
Die Idee der sogenannten „Living History“ stammt aus den angelsächsischen Ländern, Skandinavien und den Niederlanden. Seit 2004 ist das Projekt „Gelebte Geschichte“ ein fester Bestandteil des Programms im Freilichtmuseum.
Erwachsene zahlen 11 Euro Eintritt, für Personen unter 18 Jahren und Mitglieder des Fördervereins ist er immer frei. (bt)