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Rauchschwalben im Kreis Stade sind in Gefahr

Die Zahl der Rauchschwalben ist in der Region rückläufig. Seit 2017 ist die Zahl der Brutpaare rückläufig.

Die Zahl der Rauchschwalben ist in der Region rückläufig. Seit 2017 ist die Zahl der Brutpaare rückläufig.

Ehrenamtliche dokumentieren den Schwalbenbestand in der Region. Die Ergebnisse zeigen, dass der Bestand der Rauchschwalben in Gefahr ist.

Von Karsten Wisser Donnerstag, 03.11.2022, 06:30 Uhr

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„Naturerlebnis und Naturschutz sind nicht voneinander zu trennen. Der Landkreis Stade unterstützt deshalb zahlreiche Projekten und Aktivitäten, damit Menschen unsere vielfältige Natur kennen und schützen lernen“, sagt Landrat Kai Seefried.

Ein Musterbeispiel sei die Aktion „Schwalben willkommen“, an der sich seit Juni wieder 500 Menschen aller Altersgruppen beteiligten. In diesem Jahr meldeten sie dem Naturschutzamt 4052 Brutpaare von Schwalben und Mauerseglern.

„Ich bin begeistert von diesem ehrenamtlichen Engagement. Von der Schulklasse bis zum Landwirt erkunden Menschen ihre Umgebung, dokumentieren den Bestand der Schwalben und in vielen Fällen installieren sie sogar Nisthilfen“, so Seefried bei einem Treffen der Schwalbenfreunde im Stader Kreishaus.

Zu wenig Rauchschwalbenbruten

Seit Frühjahr 2014 ruft das Naturschutzamt mit den Naturschutzverbänden NABU und BUND sowie der Ornithologisch-Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft (ONAG) die Bevölkerung im Landkreis auf, Niststandorte am Haus oder im Gebäude zu melden.

Biologin Janette Hagedoorn-Schüch: „Ziel ist es, möglichst viele Daten zum Vorkommen der Rauch-, Mehl- und Uferschwalben in der Region zu erhalten. Mit den Ergebnissen der Bestandsentwicklung können Maßnahmen zum Schutz der Arten ergriffen werden.“ Und das ist gerade bei Schwalben offenbar dringend nötig.

Insbesondere die Zahl der Rauchschwalben-Bruten ist auch im Landkreis Stade inzwischen stark rückläufig. Die Auswertung von etwa 100 vogelkundlich standardisierten Meldungen aus dem Schwalbenprojekt zeigt: Seit 2017 ist die Zahl der in einem bestimmten Bereich ermittelten Rauchschwalbenbruten fast kontinuierlich von 877 auf 531 im Jahr 2022 gesunken.

Die meisten Schwalbennester in Balje

Biologin Hagedoorn-Schüch: „Ursachen könnten die Witterungsverhältnisse im Frühjahr mit den Kälteeinbrüchen sein, aber auch der Rückgang der Nahrungsinsekten insgesamt. Während des trockenen Sommers in diesem Jahr gab es besonders wenig Insekten.“ Die meisten Schwalbennester befinden sich derzeit am Naljer Siel (Schöpfwerk) in Balje mit 92 besetzten Mehlschwalbennestern, dicht gefolgt von 80 besetzten Mehlschwalbennestern bei Familie Wohlers in Ahrenswohlde mit 251 flüggen Jungvögeln. Dazu tragen vermutlich die 130 künstlichen Nisthilfen bei, die die Wohlers am Haus angebracht haben. Auf dem landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb von Hein Hinrichs in Revenahe wurden in diesem Jahr 52 Rauchschwalbennester gezählt. Hier sind die Schwalben sehr willkommen, da sie im Stall die Fliegen vertilgen.

Auf dem Hof ist ein Teich vorhanden, in den während der Nestbauzeit der Schwalben-Lehm hineingeschüttet wird. Das verschafft den Vögeln genügend Nistmaterial. Janette Hagedoorn-Schüch: „Künstliche Nisthilfen, Lehmpfützen und ein naturnaher Garten sind Beispiele für Artenschutzmaßnahmen, die Schwalben zugutekommen.“

Vom klassischen Naturschutz zum Öko-Management

„Vielfältig - bunt - schützenswert“ sei die Natur im Landkreis Stade sagt Dr. Uwe Andreas, Leiter des Naturschutzamtes. Er stellte diese Schätze beim Treffen der Schwalbenfreunde mit Bildern und Fakten vor: Die Elbufer beispielsweise mit ihrer international bedeutenden Brut- und Zugvogelwelt, die Hochmoore, in die nach der Renaturierung die Kraniche zurückkehren, historisch alte Wälder mit Feuersalamandern und Flusstäler mit Fischottern und Schachbrettblumen. Dies alles sei auch ein Erfolg des „klassischen Naturschutzes“, der Arten(-Vielfalt) und Lebensräume unter die Fittiche der Landes-, Bundes- oder EU-Gesetze genommen hat. Doch der Naturschutz wandele sich, die Aufgaben würden umfassender, so Andreas: Begriffe wie „Controlling“ im Zuge des Lebensraum-Managements, Naturerlebnis-Angebote, Klimaschutz durch die Regeneration von Hochmooren und die Sicherstellung ökonomischer Ressourcen spielten im Tagesgeschäft der Naturschutzämter eine große Rolle.

Uwe Andreas: „Tatsächlich bestimmen heute die Themenkreise Ökologie, Ökonomie und Soziales die Arbeit der Naturschutzbehörden gleichermaßen wesentlich - mit dem Ziel Nachhaltigkeit. Dass viele Menschen in Zeiten der Krisen die Natur als Ausgleich zum Alltag wiederentdeckten, sei eine große Chance auch für den Schutz von Fauna, Flora und Lebensräumen.

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