Keine Abflüge und viele Ankünfte gestrichen am Hamburger Flughafen

Ein Warnstreik des Sicherheitspersonals führt am Donnerstag zu Einschränkungen an vielen deutschen Flughäfen. Foto: Christian Charisius/dpa
Verdi hat zu einem erneuten Warnstreik am Hamburger Flughafen aufgerufen. Nachdem bereits alle Abflüge für Donnerstag gestrichen worden waren, fallen am Morgen auch immer mehr Ankünfte aus. Zehntausende sind betroffen.
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Hannover/Berlin. Am Hamburger Flughafen hat am späten Mittwochabend ein 24-stündiger Warnstreik der Beschäftigten im Luftsicherheitsbereich begonnen. Nachdem der Flughafen am Mittwoch mitgeteilt hatte, dass alle 141 geplanten Abflüge für Donnerstag gestrichen werden mussten, fallen am frühen Donnerstagmorgen nun auch bereits knapp 40 Ankünfte aus, wie aus Angaben auf der Webseite des Airports hervorgeht.
Der Flughafen hatte am Mittwoch bereits damit gerechnet, dass sich auch Einschränkungen und Verspätungen bei Landungen ergeben könnten, obwohl Flieger grundsätzlich landen können. Betroffen waren am Morgen zunächst insbesondere Verbindungen aus München, Köln und Stuttgart. Aber auch mehrere Ankünfte aus Wien, Danzig, Paris und Istanbul waren gestrichen. Der Flughafen teilte am Mittwoch mit, dass die Nachwirkungen des Ausstands auch noch am Freitag zum Ferienstart in Hamburg zu spüren sein werden.

Keine Reisenden in der Sicherheitskontrolle. Foto: Carsten Koall/dpa
Warnstreiks vor Ferienbeginn treffen Zehntausende Flugreisende
Wegen der Warnstreiks an fünf Flughäfen werden nach Branchenschätzungen am Donnerstag erneut Zehntausende Passagiere nicht wie geplant reisen können. Die Streiks liefen in der Nacht zuletzt am Flughafen Berlin an, wie ein Verdi-Sprecher bestätigte. Zuvor waren neben Hamburg auch Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden und Köln an der Reihe. Für diesen Freitag (15.3.) rief die Gewerkschaft Verdi weitere Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals aus.
Wegen des ganztägigen Ausstands der Luftsicherheitskräfte am Donnerstag können Passagiere nicht mehr in den Sicherheitsbereich kommen. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV dürften mehr als 580 Flugverbindungen abgesagt werden, 90.000 Reisende müssen umplanen.
Am Freitag soll das Luftsicherheitspersonal dann in Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden und Leipzig sowie erneut in Karlsruhe/Baden-Baden die Arbeit niederlegen. Zudem rief Verdi am Flughafen München die Beschäftigten in der Personal- und Warenkontrolle sowie der Frachtkontrolle von Donnerstag um 4 Uhr bis Freitag um 6 Uhr zum Ausstand auf. Das betrifft vor allem den Bereich Fracht.
Warnstreiks an Flughäfen: Ihre Rechte als Passagier
Der Flughafenverband ADV empfiehlt Reisenden, sich bei ihrer jeweiligen Fluggesellschaft zu erkundigen, ob ihr Flug stattfindet. Falls ja, sollte man mit ausreichend Zeitpolster am Flughafen erscheinen.
Was ist, wenn der Flug sich stark verspätet oder ganz ausfällt? Welche Rechte haben Betroffene dann? Ein Überblick:
- Alternative: Vielleicht geht es doch noch ans Ziel
Bei streikbedingtem Flugausfall oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Fluggesellschaft Reisenden eine alternative Beförderung zum Ziel anbieten - etwa durch die Umbuchung auf einen anderen Flug. Das passiert oft automatisch. Oder die Airline bietet die Option an, das Ticket für innerdeutsche Flüge in eine Bahnfahrkarte umzuwandeln. Und wer weiter weg reist, dem bietet die Airline vielleicht auch an, mit der Bahn zu einem anderen Flughafen zu fahren und von dort zu fliegen.

In Hamburg fallen auch viele Ankünfte am Donnerstag aus. Foto: Carsten Koall/dpa
Wichtig: Kommt die Airline nicht von selbst mit alternativen Reiseoptionen auf Betroffene zu, sollten diese ihr eine Frist zur Beschaffung der Alternative setzen. Kommt die Airline dieser Aufforderung nicht nach, könnten Reisende selbst Ersatz beschaffen und die Kosten der Fluggesellschaft hinterher in Rechnung stellen.
Tipp: Als angemessene Frist für die Airline sehen Reiserechtler hier zwei bis drei Stunden an.
Wann man das Geld zurückverlangen kann
Fällt ein Flug aus oder hat er mehr als fünf Stunden Verspätung, können Reisende das Ticket zurückgeben und ihr Geld zurückverlangen - Gutscheine müssen sie nicht akzeptieren. Auch Bearbeitungsgebühren dürfen nicht von der Airline einbehalten werden. Verlangt man sein Geld zurück, ist man aber auch selbst dafür verantwortlich, wie man weiterkommt. Die Fluggesellschaft ist dann nicht mehr in der Pflicht, eine Ersatzbeförderung zu organisieren.
Wichtig: Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter in der Pflicht, sich um eine alternative Beförderung zu kümmern. Er ist auch für alle anderen Forderungen die erste Anlaufstelle.
Wenn man festhängt
Falls man am Flughafen strandet: Bei einer Annullierung oder Flugverspätung ab zwei Stunden muss die Airline für Verpflegung mit Getränken und Snacks sorgen, etwa in Form von Gutscheinen für Restaurants am Airport.
Verschiebt sich der Abflug auf den Folgetag, muss sich die Fluggesellschaft um eine Hotelübernachtung kümmern und auch den Transfer vom Flughafen dorthin und wieder zurück sicherstellen.
Die Frage nach Entschädigungen
Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden am Zielort sowie kurzfristigen (wie in diesem Fall) Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro pro Passagier vor. Ob Passagiere diese Gelder bei Flugproblemen infolge eines Warnstreiks einfordern können, hängt vereinfacht gesagt vor allem davon ab, wer da konkret streikt.
Streikt das Flughafenpersonal, sind die Aussichten auf Entschädigungen eher schlecht. So wie in diesem Fall. Es sind die Belegschaften der privaten Sicherheitsunternehmen an den Airports zum Warnstreik aufgerufen.
Anders kann der Fall liegen, wenn Mitarbeitende einer Fluggesellschaft streiken - wie bei der Lufthansa, wo an diesem Mittwoch noch das Kabinenpersonal am Flughafen München im Ausstand ist. Das wird nach Einschätzung der Airline zu rund 400 Flugabsagen führen.
Wichtig zu wissen: Der Anspruch auf Ersatzbeförderung oder eben Rückerstattung der Ticketkosten besteht in jedem Fall und unabhängig davon, ob Passagieren auch eine Entschädigungszahlung zusteht.
Informationen über Ihre Fluggastrechte
Im Detail können Passagiere ihre Rechte etwa auf der Website der Verbraucherzentralen nachlesen. Beim Prüfen von möglichen Ansprüchen kann die kostenfreie Flugärger-App der Verbraucherzentrale NRW helfen. Das Europäische Verbraucherzentrum bietet online ein Selbsthilfe-Tool bei Flugproblemen.
Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) hat auf ihrer Website wichtige Fluggastrechte auf einen Blick zusammengefasst - an die söp kann man sich zudem kostenfrei mit einem Schlichtungsantrag wenden, falls es bei Erstattungsfragen Zwist mit der Airline gibt oder diese sich nicht meldet.
Warnstreiks an Flughäfen: Worum es im Tarifkonflikt geht
Bei den Tarifverhandlungen der Luftsicherheit geht es um die Arbeitsbedingungen von etwa 25 000 Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister. Sie kontrollieren im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich. Bei dem Konflikt sind bislang fünf Verhandlungsrunden ohne Ergebnis geblieben. Verdi fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten eine Stundenlohnerhöhung um 2,80 Euro mit schneller einsetzenden Mehrarbeitszuschlägen ab der ersten Überstunde.
Die Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) haben nach eigenen Angaben 2,70 Euro mehr pro Stunde in drei Stufen angeboten, wodurch die Monatslöhne um 432 Euro bis 470 Euro steigen würden. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von 24 Monaten haben. Eine sechste Verhandlungsrunde mit Verdi ist für den 20. März verabredet.
Bereits wieder verhandelt wird seit Mittwoch für das Lufthansa-Bodenpersonal. Die Gespräche zwischen der Fluggesellschaft und Verdi sollten an diesem Donnerstag fortgesetzt werden. Verdi verlangt für die 25.000 Lufthansa-Beschäftigten am Boden bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während das Unternehmen bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat. Vergleichsweise unstrittig ist nach vier Verhandlungsrunden eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro.