Getötete 17-Jährige: Geflüchteter Landwirt versteckte sich im Heu

Thomas Kues (rechts), Leiter der Polizeinspektion Diepholz. Foto: dpa
Hat er eine 17 Jahre alte Inlineskaterin getötet und wenige Tage danach erneut eine Frau mit einem Messer angegriffen? Ein 42-Jähriger, der zunächst geflohen war, sitzt jetzt in Untersuchungshaft. Das weiß die Polizei.
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Es war um 19.30 Uhr am Sonntagabend, als die Erste Kriminalhauptkommissarin Renate Meyer von der Polizeiinspektion Diepholz einen Anruf bekam: Die Leiche einer jungen Frau war in einem Straßengraben in der kleinen Gemeinde Kirchdorf aufgefunden worden. Am Mittwochabend stellte sich der mutmaßliche Täter nach einer mehrstündigen Flucht durch Niedersachsen: Verdächtigt wird ein 42 Jahre alter Mann, nach Medienberichten Landwirt, der ganz in der Nähe der 17-Jährigen wohnt. Am Mittwochmorgen soll er nur wenige Kilometer von Barenburg entfernt vor einem Fast-Food-Restaurant in Sulingen eine 30-Jährige angegriffen haben. Sie wurde mit einem Messer schwer verletzt.
Die Taten haben die Region erschüttert, sagte der Leiter der Polizeiinspektion Diepholz, Thomas Kues, am Donnerstagnachmittag im Rathaus der Kleinstadt Twistringen, nur wenige Kilometer von den beiden Tatorten entfernt. „Die Verunsicherung und die Angst in der Bevölkerung nach diesen Vorfällen war sehr groß“, stellte der Polizeidirektor fest.
Tatverdächtiger schweigt: Tödliche Attacke auf Schülerin
Mit einem Großaufgebot hatten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mordkommission „Inliner“ innerhalb weniger Tage den Tatverdächtigen gestellt, auch mit Hilfe anderer Dienststellen - und mit Hilfe einer Öffentlichkeitsfahndung nach dem Flüchtigen. Bilder von ihm und seinem Auto wurden in den Medien veröffentlicht.
Kues und Meyer schilderten die bangen Stunden. Schnell war die Identität des ersten Opfers klar. An der Polizeiabsperrung des Tatorts hätten sich Menschen eingefunden, die nach einem jungen Mädchen suchten, das am Sonntagnachmittag noch einmal Inlineskaten war, berichtete Meyer. „Dadurch konnten wir die Identität schnell klären“, sagte sie nüchtern - aber es war ihr anzumerken, dass ihr der Fall nahe ging. Seit Sonntagabend werde die Familie des Opfers von der Polizei betreut, versicherte sie.

Polizei und Spurensicherung ermitteln am Auto des festgenommenen Tatverdächtigen in der Nähe der A7.
Dank der Öffentlichkeitsfahndung fand ein Zeuge das beschädigte Auto am Mittwochabend im rund 80 Kilometer entfernten Schwarmstedt in der Lüneburger Heide, unweit der Autobahnabfahrt. Sofort seien Einsatzkräfte dorthin ausgerückt, auch aus Diepholz, berichtete Kues. Ein Polizeihubschrauber stieg auf, ein Maisfeld wurde aus der Luft abgesucht - erfolglos. „Dann sind Fahndungskräfte ausgerückt zu einem abgelegenen Gehöft, einem Heuballenlager“, sagte der Polizeibeamte. Nachdem der Hubschrauber weg war, sei der Verdächtige aus dem Lager hervorgekommen und habe sich widerstandslos festnehmen lassen. „Er war ruhig“, sagte Kues.
Trotz eines schnellen Fahndungserfolges gibt die Tat aber noch viele Rätsel auf. Der Verdächtige habe sich noch nicht geäußert, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden, Martin Schanz. Dem 42-Jährigen sei der bereits am Vortag erlassene Haftbefehl verkündet worden. Er lautet auf vollendeten und versuchten Totschlag. Ob und welche Mordmerkmale zuträfen, müsse noch ermittelt werden.
Nach Tod von 17-Jähriger: Noch keine Hinweise auf Motiv
Auch zu einem Motiv machen die Ermittler derzeit keine Angaben. Noch am Mittwoch - während der Fahndung - hatten Polizei und Staatsanwaltschaft erklärt, der Täter habe sich seine Opfer willkürlich ausgesucht. Nach der Festnahme aber soll es zunächst keine Angaben geben, ob sich die 17-Jährige und der mutmaßliche Täter kannten oder nicht. Beide sollen Medienberichten zufolge in der freiwilligen Feuerwehr gewesen sein.
Auch zu den Vorstrafen des Mannes wollte sich der Staatsanwalt nicht äußern. Die Lokalzeitung „Die Harke“ berichtete, dass der 42-Jährige zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden war, weil er vor sieben Jahren versucht haben soll, einen 14-Jährigen zu entführen.
Der schwerverletzten 30 Jahre alten Frau gehe es vergleichsweise gut, sagte Schanz. Sie sei aber nicht nur körperlich, sondern durch die Attacke auch psychisch verletzt worden. (dpa)