Mogelpackung

Verbraucherschützer warnen: Mit diesem Produkt führt Aldi Kunden hinters Licht

Die Lebensmittelpreise explodieren. Senkt Aldi zeitgleich seine Preise für die Schokoladen-Eigenmarke? Das stimmt nicht, meint die Verbraucherzentrale Hamburg und zeichnet den Discounter mit einem Negativpreis aus. So werde der Kunde hinters Licht geführt.

Dienstag, 06.06.2023, 08:30 Uhr
Verbraucherzentrale rügt Aldi. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Verbraucherzentrale rügt Aldi. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

„Etliche Beschwerden zu einer versteckten Preiserhöhung bei Aldi Nord“ sind in den letzten Monaten bei der Verbraucherzentrale Hamburg eingegangen. Betroffen sei die „gefüllten Schokoladesorten Chocolat Amandes“ der Aldi-Eigenmarke Moser Roth. Nach Angaben der Verbraucherschützer ist der Inhalt ist von 184 beziehungsweise 168 Gramm auf 150 Gramm geschrumpft.

Aber der alte Preis für die Schokolade lag bei 1,59 Euro, der neue Preis beträgt 1,49 Euro. Das klinge nach einem günstigeren Schnäppchen, doch das Gegenteil sei der Fall, so die Verbraucherzentrale. Durch die Füllmengenreduzierung sei die „Chocolat Amandes“ auf den Preis pro Kilogramm gerechnet um bis zu 15 Prozent teurer geworden.

Das ist für die Verbraucherschützer Grund genug, die betroffenen Produkte zur aktuellen „Mogelpackung des Monats“ zu erklären.

Das ist die „Mogelpackung des Jahres“ im Supermarkt

Der Brotaufstrich "Rama" wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des Jahres 2022" gekürt.  Diese hatte dazu aufgerufen, aus einer Liste der Top 5 dasjenige Produkt zu wählen, welches mit einer versteckten Preiserhöhung zum größten Ärgernis wurden.

Seit letztem Jahr wird das bekannte Streichfett des Herstellers Upfield mit 400 statt 500 Gramm Inhalt zum selben Preis (zunächst 2,19 Euro) in einer gleich großen Dose verkauft. Das Produkt wurde so um 25 Prozent teurer. "Wir fordern vom Gesetzgeber, Verbraucherinnen und Verbraucher endlich besser vor solchen versteckten Preiserhöhungen zu schützen", hieß es von der Verbraucherzentrale.

Gegen den Hersteller Upfield hat die Verbraucherzentrale Klage eingereicht.

Seit letztem Jahr wird "Rama" mit 400 statt 500 Gramm Inhalt zum selben Preis angeboten. Montage: Verbraucherzentrale Hamburg

Seit letztem Jahr wird "Rama" mit 400 statt 500 Gramm Inhalt zum selben Preis angeboten. Montage: Verbraucherzentrale Hamburg

„Rama“ ist Mogelpackung des Jahres

Neben "Rama" standen vier weitere Produkte als mögliche "Mogelpackung des Jahres 2022" zur Wahl. Zweitplatzierter ist der Scheibenkäse "Leerdammer", dessen Inhalt von 160 auf 140 Gramm schrumpfte, obwohl „dauerhaft 1 Scheibe mehr“ versprochen war. Auf den Plätzen drei bis fünf landen der Wasserenthärter "Calgon", Haribos "Goldbären" und die "Pringles"-Chips von Kellogg.

Haribo etwa mopste den Angaben zufolge Verbrauchern im Jahr des Firmenjubiläums die "Goldbären" aus der Tüte. 14 Prozent teurer seien die Fruchtgummis dadurch im letzten Jahr geworden. Dutzende weitere Sorten seien betroffen. Etwas kleinere Packungen helfen nicht, um das zu bemerken, da der Vergleich zur alten Tüte fehlt.

Bei "Leerdammer" mussten Kunden im Laufe des Jahres mussten Kunden bis zu 43 Prozent mehr zahlen. Der Sticker "Neuer Inhalt 140 g" nützt wenig, wenn man die alte Packungsgröße nicht kennt.

  • 1. Platz: "Rama" von Upfield mit 14.285 Stimmen (41,7 %)
  • 2. Platz: "Leerdammer" von Lactalis mit 9832 Stimmen (28,7 %)
  • 3. Platz: "Calgon" von Reckit Benckiser mit 3885 Stimmen (11,3 %)
  • 4. Platz: "Goldbären" von Haribo mit 3435 Stimmen (10,0 %)
  • 5. Platz: "Pringles" von Kellogg mit 2856 Stimmen (8,3 %)

Mit insgesamt 34.293 abgegebenen Stimmen nahmen im Vergleich zum Vorjahr mehr als doppelt so viele Personen an der Wahl teil.

  • Kommentare von Verbraucherinnen und Verbrauchern

"Ich backe seit Jahren nach einem Rezept meiner Oma in der Weihnachtszeit Spritzgebäck, in das auch 500 g Margarine gehört. In diesem Jahr waren in der Rama-Packung dann plötzlich nur noch 400 g drin. Das habe ich aber erst zu Hause bei der Herstellung des Teiges bemerkt und musste somit auch alle anderen Zutaten reduzieren. Ich danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement bei der Aufdeckung von Mogelpackungen."

"Backrezepte brauchen größtenteils 250 g Margarine, also die halbe Packung für einen Teig. Jetzt ist aufwendiges Abwiegen nötig!"

"Zu wenig Rama in der klassischen 500 g Rama-Dose. Das ist mir im Supermarkt nicht aufgefallen, erst als ich beim Kuchenbacken meine Rama einteilen wollte, war die Rama-Dose bei gleicher Verpackungsgröße leider mit 100 g weniger gefüllt. Der Hohl,- Leeraum zum Deckel war enorm! Erst dann habe ich auf das angegebene Gewicht geschaut!"

Was Verbraucher gegen Mogelpackungen im Supermarktregal tun können

Rein rechtlich sind Mogelpackungen selten zu belangen. "Die derzeitigen Gesetze geben Unternehmen viel Freiraum, um Verbraucherinnen und Verbraucher hinters Licht zu führen", ärgert sich Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Zwar würden sich einige Anbieter bemühen, ihre Kundinnen und Kunden besser zu informieren, doch häufig entpuppen sich die Maßnahmen als Feigenblatt. 

Strafbar werde es erst, wenn der Inhalt nicht mehr dem entsprich, was auch angegeben ist. Wenn in einer Packung deutlich weniger drin ist, als draufsteht. Die angegebene Menge muss auch tatsächlich enthalten sein.

Gegen den "Rama"-Hersteller Upfield hat die Verbraucherzentrale Klage eingereicht. Auch bei seinen Marken Lätta, Sanella, Becel und Violife seien Füllmengen klammheimlich reduziert worden. Die Klage beziehe sich auf den reduzierten Inhalt der Pflanzenmargarine Sanella, wo der Becher ebenfalls nur noch 400 statt 500 Gramm enthält.

Valet fordert, dass in Deutschland Füllmengenreduzierungen auch nur unter konkreten rechtlichen Vorgaben erlaubt sein sollten. Mit Blick auf den Umwelt- und Ressourcenschutz sind zusätzlich strengere Regeln bezüglich des Luftanteils notwendig. "Packungen müssen grundsätzlich voll befüllt sein. Die Politik hat Verbraucherinnen und Verbraucher lange genug im Stich gelassen", sagt der Verbraucherschützer.

Kunden, die Mogelpackungen im Regal entdecken, können die Verbraucherzentrale per E-Mail oder Online-Kontaktformular informieren. Die Verbraucherzentrale stellt zudem einen Musterbrief zur Verfügung, den Kunden direkt an einen Hersteller schicken können.

Verbraucher gaben so viele Hinweise zu versteckten Preiserhöhungen wie nie zuvor

Den Eindruck, dass alles teurer wird, haben viele Menschen seit Monaten, wenn sie an der Supermarktkasse stehen und ihren Einkauf bezahlen. Doch neben den herkömmlichen Preisanstiegen reduzierten Hersteller weiterhin oft den Inhalt ihrer Produkte und der Preis im Handel bliebe gleich oder steige zusätzlich etwas, sodass beide Seiten profitierten, heißt es in der Presseinformation der Verbraucherschützer.

2022 beschwerten sich bei der Verbraucherzentrale Hamburg so viele Verbraucherinnen und Verbraucher wie nie zuvor über die Weniger-drin-Masche. Allein in den Monaten August, September und Oktober des letzten Jahres gingen den Angaben zufolge deswegen mehr als 700 Beschwerden bei den Verbraucherschützern ein.

"Doch was bei uns ankommt und erfasst wird, ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs", sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Oft würden Hersteller nicht nur den Inhalt eines Produkts schrumpfen, sondern gleich alle Sorten einer Produktmarke auf Gewinn trimmen. Neben Markenartikeln seien zuletzt auch immer öfter Handelsmarken von versteckten Preiserhöhungen betroffen gewesen.

Branche rechnet mit weiter steigenden Lebensmittelpreisen

Unter dem Eindruck der hohen Inflation wird bei der Internationalen Grünen Woche in diesem Jahr vor allem über steigende Preise und die angespannte Lage auf dem Lebensmittelmarkt diskutiert. Die Herausforderungen seien noch nie so groß gewesen wie 2022 und auch 2023, sagte Christian von Boetticher, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Vor allem hohe Energiepreise „zwingen die Industrie langsam in die Knie“. Für dieses Jahr erwartet die Branche weiter steigende Lebensmittelpreise.

Die Preise für Nahrungsmittel gingen im vergangenen Jahr bereits um 13,4 Prozent nach oben. Für Gemüse meldete das Statistische Bundesamt einen Anstieg um 10,7 Prozent, bei Obst um 3,0 Prozent. „2022 war noch eine Mischkalkulation mit alten 2021er-Preisen. Die Spitzen der Preise 2022 machen sich auch 2023 noch bemerkbar und schlagen durch“, sagte von Boetticher. Problematisch für die Industrie sei, dass nicht alle Kostensteigerungen weitergegeben werden könnten - bei bestimmten Preisschwellen würden die Produkte dann schlicht nicht mehr gekauft.

In einigen Statistiken ließ sich zuletzt bereits ablesen, dass die Verbraucher verstärkt zu günstigeren Produkte greifen. So erhielt das Geschäft mit Bio-Lebensmitteln einen ungewohnten Dämpfer, vor allem Reformhäuser und reine Bio-Märkte bekamen das zu spüren. Bio wurde stattdessen eher im Discounter gekauft - oder gar nicht. (fe/tip/dpa)

 

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