Abfall gehört in die Tonne – nicht in die Toilette

Mal schnell Abfälle ins Klo kippen - das kann fatale Folgen haben. Der Landkreis Stade klärt in einem neuen Faltblatt auf. Foto: Ralf Hirschberger/dpa
Von Rasierklingen über Einstreu bis Windeln finden die Abwasserentsorger im Kreis Stade immer wieder Müll in den Kläranlagen. Das sorgt für Probleme. Diese Abfälle werden fälschlicherweise häufig über die Toilette entsorgt.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Landkreis. Mit einem neuen Flyer will die Abfallberatung des Landkreises Stade jetzt Abhilfe schaffen und über Tabus in der Toilette informieren.
Denn Abfälle, die achtlos im Klosett entsorgt werden, sorgen für große Probleme. „Sie sind nicht nur störend und behindern die Reinigung des Abwassers, indem sie sich an Kanälen, Schiebern und Pumpen festsetzen, sondern führen auch zu einem höheren Aufwand, der sich wiederum auf die Kosten niederschlägt“, teilt der Sprecher des Landkreises Stade, Daniel Beneke, mit. Zudem würden Schadstoffe und Mikroplastik in das Abwasser eingetragen.

Fette, Feuchttücher und Windeln bilden in der Kanalisation riesige Fettberge, wie dieses Exemplar in London. Foto: Thames Water/PA Wire/dpa
Diese Abfälle gehören nicht in die Toilette
Pflaster, Staubsaugerinhalte oder Kaugummis und viele weitere Abfälle landen laut Landkreis Stade fälschlicherweise in der Toilette, müssen aber eigentlich ganz anders entsorgt werden.
Feste Stoffe und Gegenstände wie Textilien, WC- und Babyfeuchttücher oder Kunststoffe - all das kann die Hausleitung und Kanalisation verstopfen, Pumpen außer Betrieb setzen und zu Störungen im Klärwerk führen. Deshalb: Ab in den Restmüll damit.
Diese Abfälle haben im Klosett nichts zu suchen:
Restmüll
- Aquariumfische
- Binden
- Desinfektionstücher
- Einmalhandschuhe
- Feuchttücher
- Kleintierstreu
- Kompressen
- Kondome
- Kosmetikproben
- Kosmetiktücher / -pads
- Kotbeutel
- Küchenkrepp
- Medikamente
- Mundschutze
- Pflaster
- Putztücher
- Rasierklingen
- Flusen aus Trockner und Waschmaschine
- Inkontinenzartikel
- Katzenstreu
- Kaugummis
- Kleintiere
- Kleintierstreu
- Staubsaugerinhalte
- Tampons
- Taschentücher
- Verbandsmaterial
- Vorlagen
- Wärmepflaster
- Wattestäbchen
- Windeln
- Wischlappen
- Wundauflagen
- Zahnseide
- Zahnsticks
Verpackungen
- Tablettenblister
- Verpackungen von Binden, Slipeinlagen, Tampons
Speisereste, Fette und Öle verkleben die Kanalisation und führen zu Geruchsbelästigung. Das wiederum lockt Schädlinge wie Ratten an. Reste gehören in den Restmüll oder die Biotonne.
Bioabfälle
- Fell
- Haare
- Speisefette
- Speiseöle
- Speisereste
Farben, Lacke, Lösungsmittel und andere Chemikalien verunreinigen das Wasser. Auch chemische Mittel wie Rohrreiniger belasten es schwer oder können in Klärwerken oft gar nicht abgebaut werden. Viele der in Medikamenten enthaltenen Wirkstoffe können selbst modernste Kläranlagen nicht entfernen. So gelangen diese dann in den Wasserkreislauf. Medikamente und Chemikalien dürfen nur über die Apotheke, gesonderte Schadstoffsammelstellen oder den Restmüll entsorgt werden.
Sonderabfälle
- Chemikalien
- Medikamente
- Farben
- Haushaltsalkohol und andere zu entsorgende Konzentrate
Suppenreste nicht im Abfluss entsorgen
Das gilt auch für Wasch- und Spülbecken. „Fette, Öle und andere sehr fettige oder ölige Reste aus der Küche weder in die Toilette noch ins Wasch- oder Spülbecken geben“, mahnt die Abfallberatung des Landkreises Stade in ihrem neuen Flyer. Dadurch könnten sich die Abwasserleitungen schrittweise zusetzen. Es drohe eine komplette Verstopfung der Leitung.

Nicht in den Aufguss: Falsch entsorgtes Fett kann zu Problemen im Abwassersystem führen. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
„Deshalb: Vor dem Spülen die Reste von Tellern, Töpfen, Pfannen usw. mit einem Papiertuch abwischen und dieses in den Restabfall geben“, lautet der Tipp der Abfallberater. Für Speiseabfälle könne die Biotonne genutzt werden.
Darum dürfen Feuchttücher nicht über die Toilette entsorgt werden
Ob Bodenreinigung, Babypflege oder Badputz - das Feuchttücher-Sortiment ist üppig. Doch der Griff nach dem reißfesten Wegwerf-Vlies hat auch Schattenseiten. Neben dem hohen Ressourcenverbrauch sorgt die unsachgemäße Entsorgung über die Toilette in vielen Abwassersystemen für Probleme. Die Folgen müssen alle Verbraucher tragen - über die Gebühren.
Feuchttücher bestehen aus Materialien wie Polyester, Viskose, Zellstoff oder Baumwolle. Sie verknoten sich ineinander und verstopfen dann die Pumpen. Außerdem sind Feuchttücher mit Pflege- oder Reinigungslösungen getränkt.

Feuchttücher gehören nicht ins Klo. Sie können die Kanalisation verstopfen. Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Bereitschaftsdienste müssen deswegen auch feiertags und nachts ausrücken, um Pumpen auszubauen und zu reparieren. Im flachen Norden ist die Behebung des Schadens dabei aufwendiger als beispielsweise in Göttingen. Während im Flachland häufig mit Druckentwässerung gearbeitet werden müsse, könnten in Göttingen die topografischen Höhenverhältnisse genutzt werden. Das Abwasser läuft dort schon im Freigefälle ab. Feststoffe wie die Feuchttücher könnten per Rechen herausgefiltert, geräumt und gepresst werden.
Die Fachleute appellieren an die Verbraucher, Feuchttücher stets über den Hausmüll zu entsorgen. Selbst wenn auf manchen Verpackungen was anderes draufsteht. Feuchttücher sind allerdings nicht die einzigen Irrläufer im Kanal. Die Palette reicht von Kondomen, Wattestäbchen und Tampons bis hin zu Katzenstreu, Unterhosen, Medikamenten, Lösungsmitteln, Essensresten und Fett. Durch Fett und Essensreste kann sich der Kanal zusetzen. Zudem würden Ratten angelockt. Wanderratten fressen Küchenabfälle, die fälschlicherweise über die Kanalisation entsorgt werden.
Gully nicht als Müllschlucker missbrauchen
Das Faltblatt der Stader Abfallberatung enthält zusätzlich zahlreiche Tipps, wie Abfälle im Badbereich zu vermeiden sind. Auch weist die Abfallberatung auf die Zweckentfremdung von Gullys und Regenwasserabläufen hin, die ebenfalls nicht als Müllschlucker oder für Kehr- und Fegereste missbraucht werden dürfen. Nach wie vor ist auch das Waschen und Pflegen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Flächen nicht erlaubt. Denn das Reinigungs- und Waschwasser – auch von der Biotonnenreinigung – darf ebenfalls nicht in die Straßenabläufe gelangen.
Das Faltblatt, das mit Unterstützung einiger Abwasserentsorger erstellt wurde, ist im Downloadbereich auf der Internetseite abfall.landkreis-stade.de einsehbar und kann auf Wunsch auch versendet werden (Kontakt per E-Mail an abfallwirtschaft@landkreis-stade.de und über die Rufnummer 04141 12-8016). Weitere Informationen erhalten Bürgerinnen und Bürger bei der Abfallberatung und den örtlichen Abwasserentsorgern.
Abwasser im Fokus: Von Arznei-Rückständen und Nitrat-Lasten
Was ist alles Abwasser? Wasser, das nach häuslichem, gewerblichem, industriellem oder landwirtschaftlichem Gebrauch verunreinigt ist. Also Schmutzwasser aus WC, Küchen, Kliniken oder Betrieben. Aber auch mit Staub oder Schadstoffen verdrecktes Regenwasser. Besonders belastete Industrieabwässer werden in der Regel in betriebseigenen Anlagen behandelt oder vorbehandelt. Das Umweltbundesamt (UBA) betont: „Alles, was wir konsumieren, landet am Ende im Abwasser. Das sollte man wissen, bevor man Salben mit synthetischen Duftstoffen oder Parfums mit Dutzenden Chemikalien nutzt.“ Es brauche immer mehr Technik, Geld und Energie, um das Abwasser von alldem zu befreien.
Welche Verfahren gibt es zur Abwasseraufbereitung? Die Kläranlagen arbeiten mit biologischen und chemischen Behandlungsverfahren oder auch mechanischen, also dem Herausfiltern ungelöster Stoffe. Dem UBA zufolge werden immer mehr kommunale Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgebaut - bewährt habe sich dabei die Behandlung mit Ozon und Aktivkohle. Fachleute sagen, es sei eine Illusion zu glauben, dass alle Stoffe im Wasser ausnahmslos erfasst werden könnten, schon allein etwa wegen ständig neuer Arzneistoffe. Umso wichtiger sei es, bei der Behandlung von Abwässern technologisch aufzurüsten.
Was steckt also drin im Abwasser? Tausende Chemikalien, Pflanzenschutzmittel, Waschmittel, Kosmetikrückstände, menschliche Ausscheidungen, Arzneimittel für den Menschen und aus der Massentierhaltung und und und. Schwierig ist es, Arzneirückstände zu entfernen - mit großen Unterschieden: Das Schmerzmittel Ibuprofen wird bei der herkömmlichen Abwasserbehandlung zu 80 Prozent eliminiert, Röntgenkontrastmittel fast gar nicht. Medikamente sollten niemals über die Toilette entsorgt werden, mahnt auch das UBA - sondern über Apotheken oder die Restmülltonne.
Wie sieht es aus mit dem Trinkwasser? Das Leitungswasser hat hierzulande laut Verbraucherzentrale (VZ) eine sehr gute Qualität. Es gebe kein besser kontrolliertes Lebensmittel. Für die Einhaltung der Grenzwerte sind die Gesundheitsämter zuständig. (set mit dpa)