Bester Jungjäger im Kreis Stade: Zur Belohnung einen Rehbock zum Abschuss

Standardausbildung für Jäger ist ein neunmonatiger, von den Jägerschaften ausgerichteter und von den Landkreisen angebotener Lehrgang mit etwa 200 Unterrichtsstunden. Foto: picture alliance / dpa
Nicht erst seit der Wolf zurück ist: Immer mehr Frauen und Männer im Landkreis sind an der Jagd interessiert. Gleich 44 neue Anwärter meisterten ihr sogenanntes Grünes Abitur. Einer von ihnen stach besonders hervor.
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Landkreis. Der Boom im sogenannten grünen Handwerk, der Jagd, im Landkreis Stade hält ungemindert an. Insgesamt 44 Jagdscheinanwärter haben am vergangenen Wochenende ihre Prüfung bestanden. Darunter waren laut Jägerschaft Stade 33 Männer und elf Frauen. Abgenommen hat das Grüne Abitur Kreisjägermeister Axel Schuldt.
Nicht erst seitdem der Wolf wieder heimisch ist im Landkreis, aber: Der Trend bei den Jägerprüfungen hält an und die Zahl der Jägerinnen und Jäger wächst konstant. „Wir brauchen uns keine Nachwuchssorgen machen, dies ist äußerst erfreulich und passt zum Trend, sich aktiv und bewusst für Natur, Umwelt und Tiere einzusetzen“, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft im Landkreis Stade, Peter Hatecke.
Für viele junge Neu-Jäger sei neben dem bewussteren Umgang mit Natur und Umwelt auch Entschleunigung und Ruhe im Wald Motivation, die Jägerprüfung abzulegen. „Unsere zukünftigen Jägerinnen und Jäger bauen durch eine intensive Vorbereitung auf ein solides Fundament an Wissen auf“, bewertet Kreisjägermeister Schuldt die Ausbildung.
Jagdschein im Landkreis Stade: 44 Jungjäger schließen Prüfung ab
Knapp 1600 Mitglieder zählt die Jägerschaft im Kreis Stade, 2023 gab es 41 erfolgreiche Jägerprüfungen, davon 21 bei Frauen. Laut Deutschem Jagdverband steigt der Frauenanteil seit Jahren und liegt in den Jagdschulen inzwischen bei 24 Prozent. Bundesweit haben etwa 436.000 Menschen einen Jagdschein - so viele wie noch nie. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat den Angaben zufolge die Zahl um 36 Prozent zugenommen. Die meisten Jagdscheininhaber kommen aus Nordrhein-Westfalen (96.863), danach folgen Bayern (75.000) und Niedersachsen (60.000).
Dabei gilt es als sehr anspruchsvoll, den Jagdschein zu machen. Drei Teile werden geprüft: die Schießprüfung mit Büchse und Flinte, die schriftliche und die mündlich-praktische Prüfung jeweils in fünf Fachgebieten. Hierbei müssen Prüflinge etwa ihr Wissen über Wild und andere freilebende Tierarten, über Jagdwaffen und Fanggeräte, über Naturschutz, Hege, die Behandlung des erlegten Wildes, Brauchtum sowie über alle relevanten Rechtsbereiche unter Beweis stellen. Zugelassen wird zur Jägerprüfung, „wer die für den Erwerb des Jagdscheines erforderliche Zuverlässigkeit besitzt“, heißt es. Als Altershürde gilt: Spätestens sechs Monate vor der Prüfung muss das 15. Lebensjahr vollendet sein.

Vorsitzender Peter Hatecke (von links), Prüfungsbester Lukas Dubbels und Kreisjägermeister Axel Schuldt. Foto: Jägerschaft des Landkreises Stade
Prüfungsbester in diesem Jahr wurde im Landkreis Stade Lukas Dubbels mit einem Notendurchschnitt von 1,3. Sein Lohn? Er erhält im Forstamt Harsefeld die Möglichkeit, einen Rehbock schießen zu dürfen.
- Die Vorbereitungslehrgänge zur Jägerprüfung werden im Kreis Stade von der Jagdschule Thomfohrde in Bliedersdorf und der Jagdschule Holger Grote in Drochtersen-Hüll angeboten. Die Kurse seien in den vergangenen Jahren immer sehr schnell ausgebucht gewesen, heißt es von der Jägerschaft.
- Standardausbildung für Jäger ist ein neunmonatiger, von den Jägerschaften ausgerichteter und von den Landkreisen angebotener Lehrgang mit ungefähr 200 Unterrichtsstunden.

Gruppenbild mit den erfolgreichen Jagdscheinabsolventen aus dem Kreis Stade. Foto: Jägerschaft des Landkreises Stade
Ohrenser Klaus Dammann-Tamke kritisiert Kompaktkurse
Doch der Boom und seine Ausgestaltung ruft auch Kritik hervor. „Ist das noch meine Jagd?“ Diese Frage stellte sich zuletzt auch Klaus Dammann-Tamke aus Ohrensen, Bruder des ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten und amtierenden Präsidenten des Deutschen Jagdverbandes, Helmut Dammann-Tamke, immer öfter. Der ehemalige Tierarzt und leidenschaftliche Jäger beklagt vor allem die zunehmende Kommerzialisierung der Jagd. „Wir laufen Gefahr, dass das jagdliche Handwerk dabei auf der Strecke bleibt“, so Klaus Dammann-Tamke im TAGEBLATT.

Der ehemalige Tierarzt Klaus Dammann-Tamke ist auf einem Bauernhof in Ohrensen aufgewachsen und geht in seinem Heimatort seit 52 Jahren auf die Jagd. Foto: Jakob Brandt
Er glaubt auch nicht, dass alle Inhaber des Grünen Abiturs wirklich jagen wollen und unterscheidet zwischen Jagdscheininhabern und Jägern. Klaus Dammann-Tamke vermutet, dass einige die Jagdprüfung nur ablegen, um sich legal eine Waffe kaufen zu können.
Privaten Jagdschulen steht der erfahrene Jäger ebenfalls kritisch gegenüber. Diese bieten oft zwei- oder dreiwöchige Kompaktkurse zur Erlangung des Jagdscheins an. „Wir wollen keine Massen abfertigen, sondern die teilnehmenden Männer und Frauen in familiärer Atmosphäre auf die Jagdprüfung vorbereiten“, begegnet Anja Dallmann von der privaten Jagdschule Jagdtalente in Meinstedt im Kreis Rotenburg der Kritik. Vielen Interessierten fehle schlichtweg die Zeit für die neunmonatige Ausbildung. Inhaltlich unterschieden sich die Kurse von Jägerschaften und Jagdschulen nicht.
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Unter Jagd versteht Dammann-Tamke indes „ein Leben im Revier, das man in- und auswendig kennt“. Und: „Nachhaltig sollte die Jagd sein. Dabei schöpft man nur so viel ab wie nachwächst.“ (st)