Dynamische Stromtarife: So sparen Sie mit Smart Meter und Co.

Noch steht es in den Sternen, ob sich dynamische Stromtarife für Verbraucher im Allgemeinen lohnen. Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa-tmn
Seit dem 1. Januar sind Stromanbieter in Deutschland verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten. Doch lohnt sich der Umstieg für jeden Haushalt? Und was ist zu beachten?
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Es geht darum, das Stromnetz optimal auszulasten und flexibles Verbrauchsverhalten zu belohnen: Stromanbieter müssen seit dem 1. Januar 2025 den Verbrauchern dynamische Stromtarife anbieten.
Das heißt: Ein Teil des Preises richtet sich nach dem aktuellen Börsenpreis. Je nach Angebot und Nachfrage kann sich der Strompreis pro Kilowattstunde also täglich oder gar stündlich verändern, heißt es von Zukunft Altbau, ein vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördertes Informationsprogramm.
Was sind dynamische Stromtarife?
Die Stromanbieter stellen ihre Preise mittags für den nächsten Tag ein - abrufbar auf der Internetseite oder per App. Passen Nutzer ihren Stromverbrauch entsprechend an, können sie unter Umständen Kosten sparen.
Wer einen dynamischen Stromtarif abschließen will, sollte sich vorab aber gut erkundigen. Dazu rät Hasibe Dündar, Energierechtsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. Um die Tarife zu nutzen, sind technische Voraussetzungen nötig. Hinzu kommt: Nicht jeder profitiert davon automatisch. Im Gegenteil: Die Preisschwankungen bergen auch Risiken.
Festpreis, variabel oder dynamisch – die Unterschiede
Festpreistarife: Diese klassischen Tarife haben einen festen Grundpreis plus je nach Verbrauch pro Jahr einen fixen Arbeitspreis, der in Cent pro Kilowattstunde abgerechnet wird. Preisschwankungen an der Börse preisen Anbieter mit ein. Von sinkenden Preisen profitieren Verbraucher also nicht.
Variable Tarife: Bei ihnen kann sich der Arbeitspreis meist monatlich ändern. Bei zeit-variablen Tarifen gibt es zwar unterschiedliche Preise je nach Tageszeit, diese sind jedoch überwiegend schon vorher festgelegt, so etwa bei Tag- und Nachtstrom, so Hasibe Dündar. Und bei last-variablen Tarifen werden die Preise an die Nachfrage und Netzbelastung angepasst, was vornehmlich die Netzbetreiber steuern.
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Dynamische Tarife: „Dynamische Tarife sind hingegen direkt an die kurzfristigen Marktpreise gebunden und ändern sich in Echtzeit oder in sehr kurzen Abständen“, erklärt Dündar. Sie bestehen auch aus einem festen Grundpreis plus einem verbrauchsabhängigen Arbeitspreis. Dieser setzt sich aus einem fixen Anteil für Steuern, Umlagen, Abgaben und Netzentgelte und dem dynamischen Börsenpreis zusammen.
Was muss ich wissen, wenn ich in einen dynamischen Tarif wechseln will?
Dynamische Tarife finden Verbraucher über Vergleichsportale. Doch oft sind sie komplexer als klassische Tarife und schwer miteinander vergleichbar. Die dort ausgewiesenen Preise seien, anders als bei Festpreistarifen, nicht immer aussagekräftig - und könnten sich ab dem zweiten Monat ändern, schreibt die Verbraucherzentrale Berlin. Daher sei es nötig, dass Verbraucher auf die Internetseite des Anbieters gehen, um dessen Modell genau zu verstehen.
„Verbraucher sollten nicht vorschnell einen Vertrag mit einem dynamischen Stromtarif abschließen“, sagt Hasibe Dündar. Denn ab Vertragsschluss liegt das Preisrisiko komplett auf der Seite der Verbraucher. Mögliche Preisschwankungen an der Börse - die durch die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne zunehmen - könnten sich positiv, aber auch negativ auswirken.
Für wen sind dynamische Stromtarife geeignet?
In der Regel haben dynamische Tarife zwar ohnehin kurze Vertragslaufzeiten. Es gibt aber vereinzelt Anbieter, die Verbraucher bis zu einem Jahr binden. Daher rät Dündar vor einem Vertragsabschluss: Achten Sie auf eine kurze Laufzeit. „Dann können sie unkompliziert in einen Festpreistarif wechseln, falls der Tarif doch nicht den Erwartungen entspricht.“
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Der wirtschaftliche Nutzen für Verbraucher im Allgemeinen sei bislang nur schwer abschätzbar. Sie sollten sich daher bewusst machen, dass Kosteneinsparungen kein Selbstläufer sind. „Es erfordert, regelmäßig die aktuellen Strompreise zu überprüfen und die Preisentwicklung im Blick zu behalten“, so Dündar. Und dann müsse man flexibel genug sein, das eigene Verbrauchsverhalten an die Preise anzupassen und die Geräte gegebenenfalls aus der Ferne zu steuern. Doch um überhaupt finanziell zu profitieren, braucht man zudem die nötigen technischen Voraussetzungen.
Welche technischen Voraussetzungen müssen gegeben sein?
Voraussetzung für die Nutzung der dynamischen Stromtarife ist ein intelligentes Messsystem, auch Smart Meter genannt. Es besteht aus einem digitalen Stromzähler und einem Kommunikationsmodul, heißt es von Zukunft Altbau.
Das Smart Meter sendet den Zählerstand automatisch zum Energieversorger. Laut Verbraucherzentrale wird der Stromverbrauch dabei, aufgeteilt in 15-minütige Intervalle, einmal täglich an den Messstellenbetreiber gesendet.
Die Geräte erhält man Zukunft Altbau zufolge über Messstellenbetreiber - also bei Unternehmen, die die Stromzähler einbauen, betreiben und warten. Ab 2025 habe jeder Haushalt das Recht, den Einbau eines intelligenten Messsystems zu verlangen – das Gerät muss dann innerhalb von vier Monaten installiert werden.
- Digitale Stromzähler finden immer mehr Anklang
Der Absatz digitaler Stromzähler hat in den vergangenen Jahren deutlich angezogen. So wurden der Bundesnetzagentur bis Ende September insgesamt rund eine Million eingebauter Geräte gemeldet, wie das Bundeswirtschaftsministerin mitteilte - aktuellere Daten gibt es demnach nicht.
Grundsätzlich ist der Einbau der Geräte verpflichtend bei allen Verbrauchern ab einem Jahresstromverbrauch von über 6.000 Kilowattstunden. Das erreichen nicht viele private Haushalte. Verbraucher haben aber die Möglichkeit, den Einbau zu verlangen, ab 2025 muss der sogenannte Messstellenbetreiber diesen dann innerhalb von vier Monaten vornehmen. Laut Wirtschaftsministerium sollen Smart Meter bis 2032 flächendeckend in Haushalten und Unternehmen zum Einsatz kommen.
Wer profitiert besonders von dynamischen Stromtarifen?
Dynamische Stromtarife eignen sich besonders für Haushalte, die viel Strom verbrauchen - mehr als 6.000 Kilowattstunden pro Jahr - und ihren Verbrauch flexibel anpassen können, so Zukunft Altbau. Dazu gehören Haushalte, die eine Photovoltaikanlage betreiben, eine Wallbox zum Laden des E-Autos haben oder eine Wärmepumpe für das Heizen und die Warmwasseraufbereitung nutzen.
Wer seine Wärmepumpe mit den smarten Messgeräten kombinieren will, sollte wissen: Zusätzlich braucht man noch eine Regelungstechnik, die Wärmepumpenhersteller anbieten, so Zukunft Altbau. Ist der Anteil an erneuerbarer Energie im Strommix hoch und der Preis niedrig, schaltet sich die Wärmepumpe bei Bedarf an. Ist das Gegenteil der Fall, verschiebt man die Wärmeerzeugung auf eine günstigere Stunde.
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Ein Beispiel: Ist es im Herbst und Frühling kalt und viel Solarstrom im Netz, heizt die Wärmepumpe das Haus zwischen 12 und 16 Uhr mit billigem Solarstrom auf. Nach Sonnenuntergang, wenn der Strom wieder teurer wird, kann sie dann gedrosselt werden. Damit kann man Zukunft Altbau zufolge die Leistung der Wärmepumpe je nach Strompreis verringern oder erhöhen.
Besonders wirkungsvoll ist diese Kombination, wenn man im Haus zudem einen größeren Warmwasserspeicher für die Heizung hat - auch Pufferspeicher genannt. Der Wasserspeicher werde dann vorrangig beladen, wenn der Strom besonders günstig ist, heißt es von Zukunft Altbau. Der Pufferspeicher könne die Wärme über mehrere Stunden ohne große Verluste halten, und bei Bedarf an die Heizkörper abgeben - so heizt man mit günstigem Strom.
Wie teuer werden Strom und Gas 2025?
Die jüngste Energiekrise mit extremen Preissprüngen ist noch vielen in Erinnerung. Die Lage hat sich beruhigt, die Preise sind gefallen. Doch wie geht es weiter?
Seit Mitte 2024 haben sich die Großhandelspreise wieder stabilisiert. „Wir sehen inzwischen eine Seitwärtsbewegung oder einen leichten Anstieg für die Lieferjahre 2025 und 2026.“ Schlossarczyk betont, dass die Beschaffungskosten inzwischen lediglich ein Drittel des Haushaltskundenpreises ausmachen. „Steuern, Abgaben, Umlagen und insbesondere die Netzentgelte übersteigen die eigentlichen Beschaffungskosten spürbar.“ Vor allem steigende Netzentgelte machten daher weiter sinkende Haushaltsstrompreise eher unwahrscheinlich. „Von dauerhaft sinkenden Haushaltskundenpreise deutlich unter das derzeitige Niveau ist nicht auszugehen“, lautet sein Fazit.
Welche Rolle spielen die Netzgebühren?
Da in den kommenden Jahren dreistellige Milliardenbeträge in das Netz investiert werden müssten, würden die Netzentgelte zum entscheidenden Kostenbestandteil des Endkundenpreises, sagt Schlossarczyk. Schon jetzt machten die Netzentgelte in vielen Fällen ein Drittel des Endkundenpreises aus. In einigen Regionen werde es bereits 2025 zu höheren Endkundenpreisen kommen, da die Erhöhung der Netzentgelte und Umlagen den Rückgang der Beschaffungskosten übersteige.
Was ändert sich bei Grundversorgungstarifen?
Das Vergleichsportal Verivox hat zum Jahresende die Ankündigungen von Strom-Grundversorgern analysiert. Das Ergebnis: Zum Jahresbeginn steigt der Durchschnittspreis um 0,3 Prozent. Grundversorger sind Energiefirmen, die in einem Netzgebiet die meisten Haushalte mit Strom beziehungsweise Gas beliefern. Das sind oft kommunale Stadtwerke. 2023 bezogen Haushalte laut Bundesnetzagentur 25 Prozent des Stroms über Grundversorgungsverträge. Stromkunden in der Grundversorgung würden ab dem Jahreswechsel im Schnitt rund 44 Cent je Kilowattstunde bezahlen, einschließlich Mehrwertsteuer und Grundpreis.
Auch bei überregionalen Stromanbietern stellte Verivox bei Neukundenverträgen in den vergangenen Wochen leicht höhere Preise fest. Derzeit würden im günstigsten Neukundenangebot mit einer Vertragslaufzeit und Preisgarantie von zwölf Monaten im bundesweiten Durchschnitt rund 29 Cent pro Kilowattstunde fällig, Mehrwertsteuer und Grundpreis eingeschlossen. Die Auswahl in Deutschland ist groß: Im bundesweiten Durchschnitt konnte jeder Haushalt 2023 laut Bundesnetzagentur zwischen 129 Stromanbietern wählen.
Was sagen Verbraucherschützer zum Thema Strompreise?
Sie raten zu einer Überprüfung, ob ein Tarif- oder Anbieterwechsel infrage kommt. „Insbesondere bei den alternativen Anbietern sollte man vor Vertragsabschluss aber mittels einer Internetrecherche überprüfen, ob das Unternehmen durch sein Geschäftsgebaren in der Vergangenheit gegebenenfalls bereits negativ aufgefallen ist“, betont Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.
Am besten funktioniere die Suche nach alternativen Gas- und Stromtarifen über Vergleichsportale. „Deren Filtereinstellungen sollten Verbraucher:innen aber aktiv anpassen.“ Die Verbraucherzentrale hat dazu eine Checkliste ins Internet gestellt. Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW weist darauf hin, dass eine Tarifumstellung auch telefonisch möglich ist.
Wie werden sich die Gaspreise für Haushalte entwickeln?
Sie werden steigen, wie Gasmarktexperte Sebastian Gulbis vom Beratungsunternehmen Enervis glaubt. Der Anteil der Gasbeschaffungskosten in den Endkundenpreisen werde dabei weitgehend stabil bleiben. „Die wesentlichen Auswirkungen auf den Endkundenpreis haben Entgelte und Umlagen“, erklärt er. Vor allem würden die Gasnetzentgelte steigen. Grund sei die unklare Zukunft der Gasnetze. „Den Netzbetreibern wurde es ermöglicht, ihre Netze schneller abzuschreiben, was teils zu deutlichen Steigerungen der Netzentgelte führt, so der Netzbetreiber von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.“ Hinzu komme der höhere CO2-Preis, der zum Jahresbeginn von 45 auf 55 Euro je Tonne steige und eingepreist werde. Darüber hinaus sei auch die Gasspeicherumlage angehoben worden.
Verivox hat in der Gas-Grundversorgung zum Jahreswechsel unterm Strich einen Preisrückgang errechnet. Im Schnitt führen die vom Vergleichsportal ausgewerteten Preiserhöhungen und -senkungen zu einem Absinken des durchschnittlichen Preisniveaus der Gas-Grundversorgungstarife um etwa 0,5 Prozent auf einen Kilowattstundenpreis von rund 14 Cent, ebenfalls einschließlich Mehrwertsteuer und Grundpreis. Das günstigste Neukundenangebot überregionaler Gasanbieter mit zwölf Monaten Laufzeit und Preisgarantie liegt demgegenüber bei rund 10 Cent. Laut Bundesnetzagentur bezogen 2023 rund 19 Prozent aller Haushalte Erdgas über einen Grundversorgungsvertrag.
Was ist mit Heizöl?
Während knapp die Hälfte der Wohnungen in Deutschland mit Erdgas beheizt wird, kommt Heizöl noch auf knapp ein Viertel. Oliver Klapschus vom Vergleichsportal Heizoel24 kann sich vorstellen, dass 2025 „an die ruhige Preisentwicklung von 2024 anknüpfen“ wird. „Ohne große geopolitische Krisen oder Katastrophen besteht aus aktueller Sicht kein Grund, dass die Heizölpreise um mehr als zehn Cent nach oben und unten schwanken“, erklärt der Marktexperte auf Anfrage.
Wie werden sich die Preise bei Fernwärme entwickeln?
Der Branchenverband AGFW geht davon aus, dass die gesunkenen Gaspreise „auch bei den Fernwärmekunden spürbar“ werden. „Aktuell beobachten wir eine Normalisierung der Fernwärmepreise. Im Bundesdurchschnitt rechnen wir mit einem Rückgang der Fernwärmepreise im einstelligen Prozentbereich, vereinzelt jedoch auch deutlich mehr“, teilt eine Verbandssprecherin mit. Diese Energieform gilt vor allem in Großstädten als wichtige Option, Gebäude künftig klimaneutral zu beheizen. In Deutschland wurden 2023 rund 15 Prozent aller Wohnungen mit Fernwärme beheizt.