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Energiekrise

Entlastung für Öl-Haushalte: Niedersachsen kritisiert Bund

Die Heizkosten haben zuletzt viele Menschen um den Schlaf gebracht. Doch der Weg zum Heizkostenzuschuss ist offenbar nicht ganz einfach. Foto: Inderlied/dpa

Die Heizkosten haben zuletzt viele Menschen um den Schlaf gebracht. Doch der Weg zum Heizkostenzuschuss ist offenbar nicht ganz einfach. Foto: Inderlied/dpa

„Die Zeit drängt“: Minister Olaf Lies will sich und Hunderttausende Haushalte nicht länger hinhalten lassen. Springt die Landesregierung jetzt ein?

Mittwoch, 22.02.2023, 07:15 Uhr

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Von Lars Laue

Das Land Niedersachsen erhöht den Druck auf die Bundespolitik, bei den geplanten Hilfen für Pellet-, Heizöl- und Flüssiggas-Kunden endlich Klarheit zu schaffen. „Wir brauchen zügig die Vereinbarung mit dem Bund“, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies gegenüber unserer Redaktion.

„Die Zeit drängt tatsächlich, da im Dezember Erwartungen geweckt wurden und die Menschen wissen wollen, was sie an Hilfen erwarten können und wo sie ihre Anträge stellen müssen“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Lies zeigte sich gleichzeitig „sehr zuversichtlich, hier gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Habeck zu einer guten Lösung zu kommen“.

Öl- oder Pellet-Heizung: Wer Zuschüsse beantragen kann

Alle Seiten arbeiteten gerade „intensiv“ an einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Das Wirtschaftsministerium in Hannover hofft eigenen Angaben zufolge auf ein „baldiges Ergebnis“ und rechnet „noch im Februar“ damit.

Die Abwicklung der Hilfen soll laut Lies „möglichst unkompliziert und zügig gestaltet werden, damit es zu keiner Überforderung der antragstellenden Personen kommt“.

Ölpreis-Hilfen: Viele Haushalte gehen leer aus

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums gibt es in Niedersachsen knapp vier Millionen Haushalte, von denen knapp 2,8 Millionen mit Gas, gut 700.000 mit Heizöl, rund 250.000 mit Fernwärme, jeweils knapp 85.000 mit Elektrizität (Strom) und Holz/Holzpellets, etwa 50.000 mit Erd- und Abluftwärme sowie 8000 mit Biomasse (außer Holz/Biogas) beheizt werden.

Wie viele Haushalte am Ende antragsberechtigt wären, lässt sich laut niedersächsischem Wirtschaftsministerium noch nicht genau beziffern. „Wir rechnen mit einer mittleren sechsstelligen Zahl an antragsberechtigten Haushalten“, erklärte ein Sprecher.

Nach Informationen aus dem Landesministerium stellt der Bund für die Heizkosten-Härtefallregelung für Nutzer von Pellets, Heizöl und Flüssiggas maximal 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Antragstellung und die Abwicklung dieser Hilfe sollen über die Bundesländer erfolgen. Ein landeseigenes Härtefallprogramm für Privathaushalte sei nicht geplant.

Olaf Lies (SPD), Wirtschaftsminister Niedersachsen. Foto: dpa

Olaf Lies (SPD), Wirtschaftsminister Niedersachsen. Foto: dpa

Welche Eckpunkte für Niedersachsen bekannt sind:

Zuschussberechtigte Verbraucher von Pellets, Heizöl und Flüssiggas (sogenannte nicht leitungsgebundene Energieträger) sollen einen Antrag stellen müssen. Die Zuschüsse werden nicht automatisch ausgezahlt wie bei der Gas- und Strompreisbremse.

  • Bezuschusst werden können die Ausgaben für Heizöl, Pellets und Flüssiggas im Zeitraum vom 1. Januar bis 1. Dezember 2022.

  • Der Preis für den Energieträger muss sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt haben. Erstattet werden sollen 80 Prozent der über die Verdopplung hinausgehenden Ausgaben - also nicht der komplette Betrag.

  • Die Förderobergrenze soll je Haushalt 2000 Euro betragen, der Mindestförderbetrag soll bei 100 Euro liegen.

  • Zum Antrag soll eine eidesstattliche Erklärung beigefügt werden müssen.

  • Vermieter von Gebäuden mit mehreren Wohnparteien müssen dazu die Weitergabe an ihre Mieter in einer Erklärung garantieren.

Firmen können Anträge für Entlastung von Energiepreisen einreichen

Kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen können von diesem Donnerstag an Anträge zur Entlastung von den hohen Energiepreisen stellen. In einer ersten Tranche geht es dabei laut Wirtschaftsministerium um 100 Millionen Euro. Diese Summe soll die Belastungen aus dem vergangenen Jahr rückwirkend abfedern. Um eine schnelle Hilfe zu gewährleisten, sei eine zügige Abschlagszahlung von 50 Prozent der beantragten Hilfe vorgesehen. Anträge können bis Ende März bei der NBank eingereicht werden.

Antragsberechtigt sind laut Ministerium kleine und mittlere Unternehmen mit Sitz in Niedersachsen, die bis zu 250 Mitarbeiter beschäftigen. Die Gesamtausgaben für Energie - unabhängig von der Energieform - müssen von Juli bis Dezember vergangenen Jahres um mehr als 3000 Euro über dem doppelten Betrag im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2021 liegen. Zugleich müsse der Cashflow für den Zeitraum Juli bis November 2022 mindestens einen Fehlbetrag in Höhe der beantragten Hilfe aufweisen - mindestens 2400 Euro.

Bis zu 80 Prozent der Ausgaben, die über diese Verdoppelung hinausgehen, können demnach über den Hilfsfonds erstattet werden. Die maximale Fördersumme pro Unternehmen liegt bei einer halben Million Euro. Da sich die genaue Zahl der Anträge und dadurch auch der Auszahlungen nur schwer vorhersagen lassen, könnten womöglich auch weniger als 80 Prozent ausgezahlt werden, hatte Wirtschaftsminister Lies bei der Vorstellung des Programms im vergangenen Dezember gesagt.

Für dieses Jahr ist eine Neuauflage des Programms mit angepassten Förderbedingungen geplant - voraussichtlicher Start soll im Herbst sein. Ziel des weiteren Programms ist laut Ministerium, Unternehmen zu unterstützen, die trotz Strom- und Gaspreisbremse weitere Hilfen benötigen. Für diese zweite Phase sind weitere 200 Millionen Euro eingeplant. Von den insgesamt 300 Millionen übernimmt laut Ministerium Niedersachsen zwei Drittel, der Bund ein Drittel.

Heizungsmarkt boomt: Vor allem Wärmepumpen sind gefragt

Angesichts der steigenden Energiepreise haben Hausbesitzer in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich häufiger als in den Vorjahren in moderne Heiztechnik investiert. Die Zahl der neu installierten Wärmeerzeuger stieg um 5 Prozent auf 980.000, wie der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) am Montag mitteilte. „Fast eine Million in Verkehr gebrachte Wärmeerzeuger sind für den veralteten Anlagenbestand ein wichtiger Schritt in Sachen Klimaschutz“, sagte BDH-Präsident Jan Brockmann - vor allem, weil der Anteil von erneuerbaren Energien zugenommen habe.

Den größten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr verzeichneten mit einem Plus von 53 Prozent und 236.000 abgesetzten Geräten die Wärmepumpen. Heizsysteme auf Basis von Biomasse, hier insbesondere Pelletheizungen, entwickelten sich mit einem Plus von 17 Prozent und 89.000 abgesetzten Geräten ebenfalls überproportional stark. Dagegen sank die Zahl verkaufter Gasheizungen um 8 Prozent auf 598.000 Geräte. „Hier machte sich vor allem im ersten Halbjahr eine Unsicherheit bezüglich der Versorgungssicherheit und der Preisentwicklung bemerkbar“, hieß es vom Verband.

Der Löwenanteil der neu verkauften Geräte - immerhin 870.000 Anlagen - ersetzte nach Schätzungen des BDH bestehende Anlagen. Dadurch würden pro Jahr 1,9 bis 2,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart. (axt/dpa)

 

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