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Supermarkt

Gleichzeitige Preiserhöhungen: Aldi, Rewe und Edeka am Pranger

Verbraucherschützer klagen: Wie an der Supermarktkasse die hohen Preise zustande kommen, ist oft intransparent.

Verbraucherschützer klagen: Wie an der Supermarktkasse die hohen Preise zustande kommen, ist oft intransparent. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Foodwatch hat Preisanstiege bei Eigenmarken der bekannten Supermarkt-Ketten analysiert und schwere Vorwürfe erhoben. Die Handelsriesen wehren sich. Die Hintergründe.

Von Kathrin Krückeberg Mittwoch, 15.01.2025, 17:25 Uhr

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In Deutschland geraten die steigenden Lebensmittelpreise zunehmend in die Kritik. Laut einer aktuellen Analyse der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, die unter anderem Preise von Aldi, Rewe und Edeka untersucht hat, erhöhten die großen Handelsketten die Preise ihrer Eigenmarken nahezu zeitgleich.

Besonders auffällig: Preisanstiege fanden häufig trotz sinkender Energie- und Rohstoffpreise statt.

Preisradar schafft Transparenz

Um die Preisentwicklung besser nachvollziehbar zu machen, hat Foodwatch einen sogenannten Preisradar eingerichtet. Dieses Onlinetool dokumentiert seit Mai 2024 täglich die Preise von Eigenmarkenprodukten ausgewählter Händler wie Aldi Nord, Rewe und Edeka.

Dabei zeigte sich: Die Preise für bestimmte Produkte wie Joghurt oder Kaffee stiegen bei allen Anbietern nahezu identisch an. Beispielsweise verteuerten sich Joghurts der Eigenmarken von Aldi, Rewe und Edeka im Januar 2025 auf 0,99 Euro – ein Anstieg um 6 Cent.

Kritik an Wettbewerb und Preistreiberei

Foodwatch wirft den Händlern vor, trotz rückläufiger Produktionskosten die Preise hochzuhalten. Diese Gleichförmigkeit nährt den Verdacht möglicher Preisabsprachen. „Der Wettbewerb zwischen Aldi, Rewe und Co. funktioniert nicht“, kritisiert Foodwatch.

Experten hingegen argumentieren, dass ähnliche Preisentwicklungen nicht zwingend illegale Absprachen bedeuten. Abschauen und Nachahmen seien erlaubt, solange keine kartellrechtlich relevanten Absprachen getroffen werden.

Verbraucherschützer fordern nun eine staatliche Preisbeobachtungsstelle, um die Preisentwicklung transparenter zu machen und Druck auf die Händler zu erhöhen. Diese Stelle könne bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angesiedelt werden und Preisentwicklungen öffentlich nachvollziehbar machen. Auch Handlungsempfehlungen für die Politik sollten abgeleitet werden, so Foodwatch.

Handelsketten wehren sich gegen Vorwürfe

Die betroffenen Händler weisen die Vorwürfe zurück. Edeka etwa erklärte, dass die Ähnlichkeit der Preisentwicklung ein Zeichen funktionierenden Wettbewerbs sei. Zudem kritisierte das Unternehmen die Datengrundlage des Preisradars als nicht repräsentativ, da es bei Edeka keinen zentralen Onlineshop gibt. Rewe und Aldi betonten, dass sinkende Rohstoffpreise nicht automatisch zu niedrigeren Verbraucherpreisen führen, da auch Kosten für Transport, Verpackung und Lagerung eine Rolle spielen.

Während die Händler auf bestehende Meldepflichten und Kontrollen hinweisen, sehen Verbraucherschützer noch großen Handlungsbedarf. Ob eine staatliche Preisbeobachtungsstelle eingeführt wird, bleibt abzuwarten.

Verbraucherschützer sehen weitere Preisbelastungen 2025

Die Verbraucherzentralen rechnen für 2025 trotz einer zuletzt eher moderaten Inflation mit Mehrbelastungen bei wichtigen Alltagsausgaben. Die Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik des Bundesverbands (vzbv), Jutta Gurkmann, sagte der Deutschen Presse-Agentur, immer weiter steigende Preise stellten viele auch im neuen Jahr vor finanzielle Herausforderungen. Im Blick stehen unter anderem Lebensmittel.

„Wie an der Supermarktkasse die hohen Preise zustande kommen, ist oft intransparent“, kritisierte Gurkmann. Sie bekräftigte die Forderung nach einer Beobachtungsstelle, um Verbraucher und Verbraucherinnen vor unnötig hohen Lebensmittelpreisen zu schützen. „Wenn niemand hinschaut, haben manche wohl den Eindruck, unbegrenzt an der Preisschraube drehen zu können.“

Einschränkungen für Lebensmittelkauf?

Laut einer Umfrage im Auftrag des Verbands sind hohe Lebensmittelpreise weiter ein Problem. So müssen sich 29 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben in anderen Bereichen einschränken, um den Lebensmitteleinkauf zu finanzieren. Bei Haushalten mit Nettoeinkommen von weniger als 1.500 Euro im Monat gaben dies 58 Prozent an. Keine solchen Einschränkungen haben demnach 71 Prozent aller Befragten. Für die Umfrage befragte das Institut Forsa den Angaben zufolge vom 9. bis 11. Oktober 1.001 Menschen ab 18 Jahren.

Gurkmann sagte, neben der Inflation trieben auch „Mogelpackungen“ Preise nach oben. „Weniger und einfach veränderter Inhalt bei gleichem Preis - da kommen schon mal prozentuale Preissteigerungen im zweistelligen Bereich zusammen.“ Nötig seien dann Warnhinweise für mindestens sechs Monate, die Veränderungen beim Inhalt oder der Verpackungsgröße transparent machen.

Inflationsrate in Niedersachsen sinkt auf 2,1 Prozent

Die Verbraucherpreise sind in Niedersachsen im vergangenen Jahr deutlich langsamer gestiegen. Der Index legte im Jahresdurchschnitt um 2,1 Prozent zu. Damit ging die Inflationsrate gegenüber 2023 deutlich zurück, wie das Landesamt für Statistik mitteilte. Im Jahresdurchschnitt 2023 lag der Wert noch bei 6,1 Prozent.

Hohe Preisänderungen ermittelte die Statistikbehörde bei Bier, Tabakwaren und Gaststättendienstleistungen, die jeweils rund 6 Prozent mehr kosteten als 2023. Auch alkoholfreie Getränke zogen um gut 6 Prozent an, Speiseöle und -fette um knapp 9 Prozent. Versicherungsdienstleistungen verteuerten sich sogar um fast 13 Prozent.

Dämpfend wirkten dagegen die Energiepreise, die gegenüber 2023 spürbar zurückgingen. Heizöl kostete den Statistikern zufolge fast 9 Prozent weniger als 2023, Strom verbilligte sich um knapp 8 Prozent, Benzin um 3 Prozent und Diesel um 4 Prozent. Das macht sich bei der Inflationsrate bemerkbar. Ohne die gesunkenen Energiepreise hätte sie 2024 nicht bei 2,1, sondern bei 2,7 Prozent gelegen, rechnen die Statistiker vor.

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