Tchibo verklagt Aldi: Hier eskaliert ein Preiskampf

Verbraucher in Deutschland werden im kommenden Jahr voraussichtlich mehr Geld für Kaffee bezahlen müssen. Das kündigt auch Tchibo an. Foto: Archiv/NZ
Der Hamburger Kaffeeröster zieht vor Gericht und wirft Aldi Süd „unlauteren Wettbewerb“ vor. Dort soll ein Produkt zu günstig verkauft werden.
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Hamburg/Düsseldorf. In Düsseldorf wird ein ungewöhnlicher Fall verhandelt: Tchibo hat Aldi Süd verklagt, wie „Moin.de“ berichtet. Der Hamburger Rösterei-Gigant wirft dem Discounter vor, Kaffee der Eigenmarke „Barissimo“ unter Produktionskosten anzubieten. Diese Praxis sei nicht nur wettbewerbswidrig, sondern rechtlich unzulässig, wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet.
Hintergrund: Preise unter Produktionskosten
Seit Ende 2023 soll Aldi Süd laut Tchibo Kaffee zu besonders niedrigen Preisen verkauft haben. Für den Kaffeeröster ein klarer Fall von unlauterem Wettbewerb. Besonders betroffen sei die Eigenmarke „Barissimo“, deren aggressive Preispolitik den Markt weiter unter Druck setze. Tchibo fordert daher, dass die Preissetzung gerichtlich überprüft wird.
Aldi Süd weist Vorwürfe zurück
Aldi Süd sieht die Lage anders und wies die Anschuldigungen zurück. Man halte sich an alle rechtlichen Vorgaben und betrachte die Preise als wettbewerbsfähig. Der Discounter betonte zudem, dass die Kundschaft von günstigen Angeboten profitiere und Wettbewerb grundsätzlich fördere.
Kaffee wird teurer – So stark steigen die Preise
Verbraucher in Deutschland werden im kommenden Jahr voraussichtlich mehr Geld für Kaffee bezahlen müssen. „Die Kaffeepreise werden steigen“, sagte Agrarmarkt-Experte Carlos Mera von der Rabobank in London. Bei Kaffee der unteren Preisklasse in Großpackungen sei mit einem Anstieg von mindestens 30 Prozent zu rechnen. Weniger stark betroffen seien kleinere Packungen, starke Marken und Kapseln.
Der an der Rohstoffbörse ICE in New York gehandelte Preis für Arabica-Bohnen stieg Ende November auf mehr als 320 US-Cent für ein US-Pfund (454 Gramm). Dies sei der höchste Preis seit 1977, sagte Mera, ohne Berücksichtigung der Inflation. Allein in diesem Jahr sind die Rohkaffeepreise um rund 70 Prozent gestiegen. Die Folgen werden sich für Endverbraucher erst in 6 bis 9 Monaten auswirken, so Mera.
„Wir als Kaffeeröster werden handeln müssen“
Auch Marktführer Tchibo hält weitere Preiserhöhungen für unumgänglich. „Wir als Kaffeeröster werden handeln müssen. Wann und wie kann man jetzt noch nicht genau sagen. Die Preisdramatik, die wir sehen, geht nicht so schnell weg“, sagte ein Sprecher. Die Kaffeelager seien weltweit leer. Es gebe daher kein Puffer, um das auszugleichen. Tchibo hatte erst im April angekündigt, die Preise wegen steigender Kosten zu erhöhen.
Hauptgrund für den Preisanstieg ist die Situation im wichtigsten Erzeugerland Brasilien. „Wegen großer Trockenheit in diesem Jahr sind die Produktionserwartungen für Arabica-Kaffee rückläufig. Die Bäume tragen in erster Linie Blätter und keine Kirschen“, sagte Experte Mera. Die Ernte werde voraussichtlich noch schlechter ausfallen als die letzte, die ebenfalls enttäuschend verlaufen sei.
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Menschen in Deutschland trinken im Schnitt 164 Liter pro Kopf
Kaffeetrinker mussten zuletzt bereits tiefer in die Tasche greifen. Die Preise für Pads und Kapseln stiegen zwischen 2020 und 2023 um 25 Prozent, Bohnenkaffee war gut 20 Prozent teurer. Wie viele Branchen haben auch die Kaffeeerzeuger mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Laut einer 2022 veröffentlichten Studie von Schweizer Wissenschaftlern könnten die Anbauflächen, die am besten für Arabica-Kaffee geeignet sind, bis 2050 etwa um die Hälfte zurückgehen.
Auf die beiden Sorten Arabica und Robusta entfällt nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes fast 99 Prozent der weltweiten Produktion. Arabica ist dabei am weitesten verbreitet. 60 Prozent des Kaffees, der nach Deutschland importiert und hierzulande konsumiert wird, stammt aus Brasilien und Vietnam. In Deutschland werden jedes Jahr pro Kopf durchschnittlich 164 Liter Kaffee getrunken. (dpa/dm)