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Hier lagert der Fisch fürs Weihnachtsfest

Der neue Geschäftsführer Lazlo Brodersen im Tiefkühllager: Der TK-Bereich wird immer wichtiger für das Unternehmen. Foto: Lothar Scheschonka

Der neue Geschäftsführer Lazlo Brodersen im Tiefkühllager: Der TK-Bereich wird immer wichtiger für das Unternehmen. Foto: Lothar Scheschonka

Die Styroporkisten verschwinden im Kühllastwagen. Das Bremerhavener Unternehmen Nordwest Logistik & Spedition sorgt dafür, dass Fisch auf den Weihnachtsteller kommt. Vor den Festtagen brummt das Geschäft - auch dank Deutschlands Nachbarn.

Donnerstag, 22.12.2022, 10:00 Uhr

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Von Ursel Kikker 

Er hat einmal spaßeshalber eine Spezialuhr umgebunden und gemessen, wie viele Schritte er eigentlich in einer Schicht abreißt. Lagermeister Jörg Sieckmann kam auf eine Strecke von 14,7 Kilometer. An diesem Morgen düst er mit seiner „Ameise“ - ein Flurförderfahrzeug, das gleich zwei Paletten manövrieren kann - durch die Kommissionierhalle und wuppt den bestellten Fisch sicher in einen Lkw-Auflieger. Der Lastwagen hat an einer der Verladeschleusen angedockt.

Während der Fischereihafen langsam erwacht, herrscht im Umschlagzentrum der Nordwest Logistik & Spedition schon reger Betrieb. Das Weihnachtsgeschäft läuft. „Wir arbeiten jetzt sieben Tage die Woche“, sagt Ingo Kiefel, einer der drei Geschäftsführer. Das Hauptgeschäftsfeld: Die von den Großhändlern angelieferte Ware wird kommissioniert, also je nach Bestellung passgenau aufgeteilt und verladen: darunter Rotbarsch und andere Speisefische, natürlich Lachs, Lachs und nochmals Lachs, dazu Jakobsmuscheln oder Krabben, außerdem Marinaden... Auch Produkte von Bremerhavener Fischfirmen gehen raus.

Frischer geht es nicht: Der Kabeljau aus Island wird in Bremerhaven mit Eis versorgt und schnell weitertransportiert. Foto: Lothar Scheschonk

Frischer geht es nicht: Der Kabeljau aus Island wird in Bremerhaven mit Eis versorgt und schnell weitertransportiert. Foto: Lothar Scheschonk

Hochbetrieb zu Weihnachten in Bremerhaven

Die auf 0 bis 2 Grad heruntergekühlte Kommissionierhalle ist 1600 Quadratmeter groß. Ware kommt rein, Ware geht raus. Sieckmann und seine Kollegen verschieben Paletten wie nach einem geheimen Plan. An der Disposition meldet sich schon der nächste Lkw-Fahrer. Stolz ist das Unternehmen, weil es die hohe ISF-Zertifizierung besitzt. „Wir arbeiten danach. Für den Verbraucher bedeutet das mehr Sicherheit“, meint Kiefel.

Mehr als 100 Tonnen kann der Unternehmen nach seiner Erweiterung pro Tag in den Versand bringen, einem Spediteur übergeben oder bis zum Handel transportieren. In diesen Tagen erwartet Kiefel den Weihnachtskarpfen.

Bremerhaven ist wichtiger Umschlagsplatz

Bremerhaven zählt zusammen mit dem Frankfurter Flughafen zu den wichtigsten Fisch-Umschlagplätzen in Deutschland. Viel Frischfisch aus dem Norden kommt im Fischereihafen an, beispielsweise aus Island, Dänemark oder Norwegen. „Wien“ steht auf diversen Styroporkisten. Zu Weihnachten wird in Österreich viel frischer Fisch gekauft, und der kommt auch über Bremerhaven ins Land: gut fürs Geschäft.

Sonderbehandlung in der Island-Halle: Der angelieferte Frischfisch kommt unter Eis für den Weitertransport. Foto: Lothar Scheschonka

Sonderbehandlung in der Island-Halle: Der angelieferte Frischfisch kommt unter Eis für den Weitertransport. Foto: Lothar Scheschonka

„Es gibt durch die moderne Kühltechnik und -logistik eigentlich keine Sommerdelle mehr“, sagt Kiefer, wenn er so durch seine Zahlen guckt. Doch vor den Festtagen zieht das Geschäft an, steigt um fast 1000 Tonnen im Monat im Vergleich zum Sommer. Im Dezember 2021 wurden 2200 Tonnen Ware umgeschlagen. „Ich denke, dass wir dieses Mal bei 2800 Tonnen landen werden“, so Kiefel. Der 66-Jährige ist lange in der Kühllogistik tätig und seit fünf Jahren bei der Nordwest Logistik & Spediton. Ans Aufhören denkt er noch nicht. „Das hier ist mein Leben.“

Wie auf einem Verschiebebahnhof

Er und Lazlo Brodersen, gerade zum Geschäftsführer ernannt, sehen gar nicht aus wie Chefs. Sicherheitsschuhe, Jeans, dicke, blaue Jacke, Mütze und Handschuhe: Sie packen mit an, wo eine helfende Hand gebraucht wird. Auch in der Disposition wird vor Weihnachten ordentlich geackert. Der Betrieb hat schon über die nächste Erweiterung nachgedacht. „Wir haben unsere Kapazitäten erreicht.“ Doch angesichts der gegenwärtigen, unberechenbaren Lage hat die Geschäftsführung diese Pläne erst mal auf Eis gelegt. An die Stromrechnung ab 2024 mag sie gar nicht denken. Die Kühlung von 2 bis minus 20 Grad - es gibt auch ein Lager für Tiefkühlprodukte - zieht viel Strom. „Zum Glück haben wir noch einen Stromvertrag bis Ende 2023“, sagt Brodersen.

Kostbare Fracht aus Island

Der Island-Lkw ist eingetroffen. Er bringt Fisch, der erst vor wenigen Stunden gefangen wurde. Von Island eingeflogen ins dänische Billund, dann per Lastwagen weitertransportiert: Die Boxen werden wegen des Fluges zunächst mit Kühlakkus auf Temperatur gehalten. Jetzt braucht der Fisch Eis. Kiefel zeigt Kabeljau-Loins in 1a-Qualität. Man möchte sie sofort grillen oder braten. In wenigen Stunden werden sie beim Vebrraucher sein. „Eine logistische Meisterleistung“, meint Kiefel.

Reger Betrieb im Morgennebel: Lastwagen und Sprinter docken bei der Nordwest Logistik & Spedition im Fischereihafen an. Foto: Lothar Scheschonka

Reger Betrieb im Morgennebel: Lastwagen und Sprinter docken bei der Nordwest Logistik & Spedition im Fischereihafen an. Foto: Lothar Scheschonka

Es gibt eine eigene Island-Halle. Das ist nur eine von mehreren Besonderheiten bei Nordwest Logistik & Spedition.

Eine Eismaschine spuckt feine Eisspäne aus. Eine Maschine stanzt unterdessen Löcher in die Styrorporkisten für das Schmelzwasser, noch einige Schippen Eis und der zarte Fisch kann weiterreisen.

Wenn man den ganzen Tag mit Fisch zu tun hat, mag man ihn dann noch essen? Klar, sagen Kiefel und Brodersen. Für Weihnachten hat sich Kiefel schottischen Räucherlachs bestellt.

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