Klima-Kleber nach Köhlbrandbrücken-Blockade in Gewahrsam – Angriff auf Tschentscher verhindert

Polizisten stehen und arbeiten um einen auf der Fahrbahn festgeklebten Klimaaktivisten. Mehrere Klimaaktivisten haben den Verkehr auf der Hamburger Köhlbrandbrücke blockiert. Foto: Jonas Walzberg/dpa
Erneut blockieren Klima-Kleber eine der wichtigsten Verkehrsadern Hamburgs. Die Polizei nimmt neun Beteiligte in Gewahrsam - möglicherweise für mehrere Tage. In Lohbrügge stürmte ein 69-Jähriger während eines Vortrags von Bürgermeister Tschentscher auf die Bühne.
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(Update um 18.04 Uhr)
Zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Tagen haben Klimaaktivisten den Verkehr auf der Hamburger Köhlbrandbrücke lahmgelegt. Mehrere Menschen klebten sich am Dienstag auf der Fahrbahn und auf dem Dach eines Transporters fest. Zudem schüttete ein Kipplaster Kies auf die Fahrbahn. Polizeibeamte lösten die Blockierer und nahmen neun Personen in Gewahrsam. Es werde geprüft, ob das Landeskriminalamt eine längerfristige Ingewahrsamnahme anstrebe, erklärte ein Polizeisprecher. Für diese Maßnahme ist die Zustimmung eines Richters am Amtsgericht erforderlich.
Die Stadtreinigung übernahm die Säuberung der Fahrbahn. Etwa zwei Stunden nach Beginn der Protestaktion war die Brücke in beiden Richtungen wieder befahrbar. Aufgrund der unangemeldeten Aktion sei es im Bereich des Hafens zu erheblichen Verkehrsbehinderungen gekommen, hieß es von der Polizei. Erst am 23. März hatten Aktivisten der Letzten Generation die Köhlbrandbrücke blockiert. Sie hatten sich mit schnellbindendem Beton auf der Fahrbahn fixiert.

Polizisten stehen neben einem Laster, von dem Klimaaktivisten Kies auf die Fahrbahn gekippt hatten. Mehrere Klimaaktivisten haben den Verkehr auf der Hamburger Köhlbrandbrücke blockiert. Foto: Jonas Walzberg/dpa
Kritik vom Industrieverband - und Twitter-Nutzern
Der Industrieverband Hamburg (IVH) kritisierte die neuerliche Blockade der Köhlbrandbrücke durch Klimaaktivisten der Gruppierung Letzte Generation scharf. "Die ohnehin schon empfindlichen Lieferketten werden zusätzlich strapaziert und unsere Industrieunternehmen damit unnötig belastet", sagte der IVH-Vorsitzende Matthias Boxberger. Wer wirklich Klimaschutz wolle, "der blockiert nicht, sondern lässt andere weiter daran und dafür arbeiten", sagte Boxberger.
Auch viele Twitter-Nutzer sind offenbar von den wiederkehrenden Blockaden der "Letzten Generation" genervt. "Tut doch bitte endlich was gegen den #Terror", ist unter dem Beitrag der Polizei in dem sozialem Netzwerk zu lesen; "Seid bitte nicht so zimperlich wie sonst", fordert ein Nutzer. Ein anderer User wird noch deutlicher: "Benutzt endlich eure Schlagstöcke". Erst am 23. März hatten Aktivisten der Letzten Generation die Köhlbrandbrücke blockiert. Sie hatten sich mit schnellbindendem Beton auf der Fahrbahn fixiert.
Bodyguards verhindern Angriff auf Tschentscher – Kritik an Umgang mit "Letzter Generation"
Bei einer Veranstaltung der Hamburger SPD mit Bürgermeister Peter Tschentscher im Stadtteil Lohbrügge hat die Polizei am Montagabend einen älteren Mann festgenommen. Der 69-Jährige sei sehr aufgebracht gewesen und plötzlich auf die Bühne gekommen. Er sei wild gestikulierend auf den Bürgermeister zugegangen, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag. Tschentschers Personenschützer hätten den Mann von der Bühne geschoben. Polizisten nahmen den 69-Jährigen fest. Dabei habe er sich gewehrt und getreten. Die Polizei leitete Ermittlungen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ein. Was den Mann so aufgebracht hatte, konnte die Polizeisprecherin nicht sagen. Tschentscher habe vor rund 130 Gästen gesprochen.
Ein SPD-Sprecher sagte, der Bürgerdialog sei anschließend fortgesetzt worden. Vor dem Zwischenfall hätten mehrere ältere Teilnehmer lautstark dagegen protestiert, dass ihre Kinder nach Klimaprotesten "unter folterähnlichen Bedingungen" festgehalten würden. Andere Teilnehmer entrollten ein Transparent, auf dem nach einem Bericht von Bergedorf-TV stand: "Letzte Generation vor den Kipppunkten".
Farbe am Hamburger Rathaus und immer wieder Blockaden
Nach einer Blockadeaktion an den Elbbrücken am 25. März hatte die Polizei zwei Klimaaktivisten in Gewahrsam genommen. Das Landgericht ordnete am 29. März ihre Freilassung an. Zwei andere Aktivisten, die am 28. März an einer Blockadeaktion im Hafen teilgenommen hatten, sollten nach einer Entscheidung des Amtsgerichts bis Gründonnerstag in Gewahrsam bleiben. Die Polizei ermittelt ferner gegen zwei Männer im Alter von 19 und 24 Jahren, die am vergangenen Donnerstag vor dem Besuch von König Charles III. und Camilla orange Farbe ans Rathaus gesprüht hatten.
SPD-Landeschefin Melanie Leonhard bekräftigte die Dialogbereitschaft ihrer Partei. Es dürfe dabei auch kontrovers zugehen. "Jeder Versuch der gezielten Störung von Veranstaltungen und die Nötigung gewählter Vertreter sind jedoch keine Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander. Aggressives Verhalten ist nicht zu akzeptieren", erklärte Leonhard. (dpa/vdb)

Mitglieder der Gruppe Letzte Generation und Polizisten stehen auf der Köhlbrandbrücke. Aktuell ist der Verkehr auf der Brücke durch eine Blockadeaktion zum Erliegen gekommen. Foto: Jonas Walzberg/dpa