Lidl wirft mehrere Lebensmittel aus Sortiment – Das ist der Grund

Lidl hat angekündigt, zukünftig auch in Deutschland auf Flugobst und -gemüse zu verzichten. Foto: Marijan Murat
Gibt es künftig keine Bananen mehr? Die Supermarktkette wirbelt der Umwelt zuliebe sein Sortiments durcheinander. Dabei verkaufen sich die Produkte nicht schlecht.
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Von Dennis Paasch
Der Discounter Lidl ordnet sein Obst- und Gemüsesortiment neu und verzichtet künftig auf mehrere Sorten. In einer Entscheidung, die zunächst die Lebensmittel Zeitung verkündet hat, hat die Supermarktkette angekündigt, dass sie zukünftig keine Früchte mehr anbieten wird, die per Flugzeug transportiert wurden.
Nach dieser Ankündigung sind viele Kunden besorgt darüber, dass ihr Lieblingsobst nun möglicherweise aus dem Sortiment verschwindet.
Lidl schmeißt mehrere Obst- und Gemüsesorten aus dem Sortiment
Es steht außer Frage, dass der Umweltaspekt bei der Entscheidung von Lidl im Vordergrund steht. Die Reduzierung der CO2-Emissionen und die Unterstützung nachhaltigerer Praktiken sind wichtige Ziele für den Discounter. Der Verzicht auf Flugobst ist ein da konsequenter Schritt, den Lidl auch schon in anderen Ländern vollzogen hat. Für die Kunden bedeutet das, dass gewisse Sorten gar nicht mehr oder nur noch saison bei Lidl im Sortiment zu finden sein werden.
Die Liebhaber von exotischen Früchten wie Mangos, Papayas und Passionsfrüchten fragen sich besorgt, ob sie diese köstlichen Leckerbissen bald nicht mehr bei Lidl finden werden. Die Vielfalt im Angebot könnte durch diese Entscheidung stark eingeschränkt werden.
So wird zum Beispiel auch grüner Spargel künftig nur noch dann bei Lidl zu finden, wenn das Gemüse in unseren Gefilden Saison hat. Bisher hat Lidl die beliebten Stangen außerhalb dieser Zeit per Flugzeug importiert.
Was wird aus den Bananen bei Lidl?
Auf langlebigere Sorten wie etwa Bananen müssen die Lidl-Kunden übrigens nicht verzichten. Die werden schon jetzt in der Regel per Schiff transportiert und fallen somit nicht unter die neuen Regelungen, nach denen sich Lidl jetzt in Deutschland richtet.
In einer Zeit, in der immer mehr Menschen bewusster einkaufen und umweltfreundlichere Entscheidungen treffen möchten, bleibt abzuwarten, wie diese Änderung in der Praxis umgesetzt wird und wie die Verbraucher darauf reagieren. Eine Sache ist sicher: Auch wenn Lidl nicht der einzige Händler ist, der Anpassungen vorgenommen hat - Aldi Nord etwa betont gegenüber "Lebensmittel Zeitung", dass ihre Obst- und Gemüsesorten nur auf dem See- und Landweg transportiert werden - wird die Entscheidung, Flugobst aus dem Sortiment zu nehmen, weiterhin Gesprächsstoff bieten und die Debatte über Nachhaltigkeit im Einzelhandel anheizen.
Bio ja - aber billiger: Inflation verändert den Bio-Handel
Die hohe Inflation in Deutschland ist dabei, den Biohandel in Deutschland tiefgreifend zu verändern. „Es wird weiter Bio gekauft - aber billiger. Die Bereitschaft, höhere Preise für Bioprodukte zu bezahlen, hat angesichts der allgemeinen Preissteigerungen spürbar abgenommen”, beschreibt der Handelsexperte Robert Kecskes vom Marktforschungsunternehmen GfK den Umbruch. Gewinner der Entwicklung seien vor allem die Discounter, Verlierer die Bio-Supermärke und Naturkostläden.
Während die Bio-Supermärkte und die Naturkostläden im vergangenen Jahr laut GfK ein deutliches Umsatzminus von gut 18 Prozent ausweisen mussten und renommierte Händler wie Superbiomarkt oder Basic den Gang zum Insolvenzgericht antraten, erzielten die Discounter bei Bio-Lebensmitteln und Bio-Getränken ein Plus von gut 11 Prozent. „Bei Bio zieht billig”, beschrieb das Branchenfachblatt „Lebensmittel Zeitung” die Entwicklung.
Ungebrochene Nachfrage bei größerer Preissensibilität
Lidl arbeitet schon seit fünf Jahren mit dem Öko-Verband Bioland zusammen. Aktuell sind in den Filialen nach Unternehmensangaben bereits mehr als 100 Bioland-Produkte erhältlich.
Auch der zum Rewe-Konzern gehörende Discounter Penny kündigte bereits im Februar eine Kooperation mit Naturland (auch Aldi Süd) an. „Wir sehen aktuell zwei Tendenzen. Zum einen ist die Nachfrage nach Bio-Produkten ungebrochen, trotz der auf breiter Front steigenden Lebenshaltungskosten. Zum anderen nimmt dabei aber auch die Preissensibilität der Kundinnen und Kunden zu”, sagte der Rewe-Manager Philipp Stiehler. Die Folge: Im vergangenen Jahr steigerte die Rewe-Tochter ihren Bio-Umsatz nach eigenen Angaben um mehr als zehn Prozent.
Auch der zur Edeka-Gruppe gehörende Discounter Netto ist längst auf den Zug aufgesprungen. Auch viele Artikel seiner Biomarke Naturkind erfüllen nach Unternehmensangaben die Richtlinien von Anbauverbänden wie Bioland oder Naturland erfüllen.
Bio-Artikel vom Discounter auf dem Siegeszug
Ohne Zweifel ist das Thema Bio für die Discounter eine Erfolgsgeschichte. Bei Lidl sollen Bio- und Bioland-Artikel bis 2025 zehn Prozent des Gesamtsortiments ausmachen.
Für den klassischen Bio-Handel ist der Siegeszug der Discounter allerdings ein Problem. Der Gründer des Bio-Imperiums Alnatura Götz Rehn, sage kürzlich der „Lebensmittel Zeitung”, für viele Fachhandelsmarken und auch für viele Bioläden sei die aktuelle Neuordnung der Marktanteile eine große Herausforderung. „Bio ist nun überall”, meint er. Entscheidend für die Fachmärkte sei es nun, ob es ihnen gelinge, den Unterschied zwischen ihrem Angebot und dem Discount-Bio-Sortiment noch deutlicher zu machen. „Denn qualitativ ist das ein großer Unterschied”, betonte der Branchenkenner.
Die Frage ist nur, ob die Kunden das genauso sehen. Nach Einschätzung der GfK-Nachhaltigkeitsexpertin Hanna Kehl ist es ungewiss, ob der Bio-Fachhandel die in den vergangenen Monaten an Supermärkte und Discounter verlorenen Kunden nach der Krise wird zurückgewinnen können. „Die Wiederkaufsrate bei Bio-Handelsmarkenprodukten ist hoch. Das spricht dafür, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher mit den Produkten zufrieden sind. Warum sollten sie dann wieder wechseln?” (dpa)