Protest: Bauern zündeln auf Finkenwerder Ring – Verkehrschaos in Hamburg

Bei den Blockaden der Bauern auf dem Finkenwerder Ring wurden Feuer entzündet und Pyrotechnik gezündet. Dort blockieren Bauern die Zufahrt u.a zur Köhlbrandbrücke und zur A7 Anschlussstelle Waltershof. Foto: Lenthe-Medien
Die Bahnen fahren wieder, dafür blockierten Traktoren die Straßen in Richtung Hamburg. Mit Hunderten Fahrzeugen haben Landwirte am Montag protestiert. Am Morgen hakte es vor allem im Süden.
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Hamburg. (Update um 14 Uhr)
Landwirte haben den Verkehr an einigen Stellen im Norden zu Beginn der Woche erneut zum Stillstand gebracht. Mit rund 30 Traktoren blockierten Bauern am Montag eine Zufahrt zum Hafen in Bremerhaven, wie die Polizei mitteilte. Das Hafengelände war zeitweise nur über das südliche Zolltor erreichbar.
Auch am Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven versperrten Landwirte am Montag die Zufahrtswege. Nach Polizeiangaben waren rund 40 Traktoren unterwegs. Eine Sprecherin der Polizei sagte, man führe mit den Landwirten Gespräche. Die Demonstrationen seien spontan.
Am Bahnhof Dammtor geht nichts mehr
Einige Landwirte aus Niedersachsen beteiligten sich an Protesten in Hamburg. Im Raum Oldenburg beispielsweise seien Bauern mit ihren Treckern im Berufsverkehr dorthin gefahren, sagte ein Sprecher der Polizei. Die Landwirte kamen am Morgen aus fünf Richtungen in die Stadt. Die Sternfahrt aus Marmstorf, Rahlstedt, Bergedorf, Lurup und Rissen ging Richtung Hamburg-Dammtor. Nach einer Zwischenkundgebung am Bahnhof-Dammtor wollten sich die Landwirte mit ihren Treckern wieder zu den Landesgrenzen bewegen.
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Am Bahnhof Hamburg-Dammtor hatten die Bauern zahlreiche Traktoren vor dem Hauptgebäude der Universität aufgestellt. Das Hupen, Pfeifen und Tröten der Bauern und Traktoren war weithin zu hören. Ursprünglich hatte die Polizei rund 1500 Fahrzeuge erwartet. Während einer Kundgebung bewegte sich dort nichts mehr. Auch der Hamburger Verkehrsverbund HVV informierte über Einschränkungen im Busverkehr.
Trecker blockieren Straßen rund um Finkenwerder Ring – Autobahnabfahrt Waltershof gesperrt
Im Süden Hamburgs mussten die Auto- und Lastwagenfahrer ebenfalls sehr viel Geduld mitbringen. Mit einer unangemeldeten Versammlung im Süden Hamburgs hatten mehrere Bauern zudem im Hamburger Süden rund um den Finkenwerder Ring im Bereich des Hafens die Straßen blockiert.
Die Autobahn-Abfahrt Waltershof der Autobahn 7 war deshalb zunächst gesperrt. Der Lkw-Verkehr staute sich den Angaben zufolge auf der A7 aus Richtung Süden ab dem niedersächsischen Fleestedt. Teilweise betraf das auch regulären Verkehr, wie die Polizei auf der Plattform X postete.
Köhlbrandbrücke war kurzzeitig dicht
Bereits am frühen Morgen war die Köhlbrandbrücke in Hamburg aufgrund von Traktoren kurzzeitig dicht, kurz vor 9 Uhr hatte sich der Verkehr dort aber zunächst wieder normalisiert. Alle Protestteilnehmer seien gebeten, eine Rettungsgasse zu bilden, hieß es von der Polizei. Am Mittag gab es aufgrund der Blockaden zunächst keine weiteren nennenswerten Zwischenfälle oder Unfälle, wie der Polizeisprecher weiter sagte.

Zahlreiche Trecker blockierten am Montag die Zufahrt zum Hafen in Bremerhaven. Foto: Seelbach
Auslöser der bundesweiten Proteste der Bauern war eine Entscheidung der Bundesregierung, Agrardiesel nicht länger subventionieren und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge beenden zu wollen. Die Pläne wurden inzwischen abgeschwächt: Die Vergünstigungen auf den Agrardiesel sollen schrittweise bis 2026 gestrichen werden, die Kfz-Steuerbefreiung bleibt.
Bauern: Sternfahrten nach Hamburg - Das sind die Routen
- Aufzug aus Marmstorf/Kreis Harburg kommend:
Bremer Straße - Hohe Straße - B75/Wilhelmsburger Reichsstraße - Neuländer Straße - Hannoversche Straße - Brücke des 17. Juni - König-Georg-Deich - Georg-Wilhelm-Straße - Hohe-Schaar-Straße - Rethedamm - Neuhöfer Damm - Roßdamm - Ellerholzbrücke - Veddeler Damm - Am Saalehafen - Am Moldauhafen - Freihafenelbbrücke - Versmannstraße - Überseeallee - Shanghaiallee - Brooktorkai - Am Sandtorkai - Niederbaumbrücke - Baumwall - Vorsetzen - Johannisbollwerk - Bei den St. Pauli-Landungsbrücken - Helgoländerallee - Millerntorplatz - Glacischaussee - Holstenglacis - Karolinenstraße - Messeplatz - An der Verbindungsbahn - Bundesstraße - Edmund-Siemers-Allee - Theodor-Heuss-Platz
- Aufzug aus Hamburg-Bergedorf kommend:
Wentorfer Straße - Mohnhof - Bergedorfer Straße - Eiffestraße - Anckelmannplatz - Bürgerweide - Wallstraße - Lübecker Straße - Sechlingspforte - Schwanenwik - An der Alster - Kennedybrücke - Alsterglacis - Theodor-Heuss-Platz
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- Aufzug Hamburg-Lurup kommend:
Luruper Hauptstraße - Luruper Chaussee - Bahrenfelder Chaussee - Stresemannstraße - Alsenstraße - Alsenplatz - Doormannsweg - Fruchtallee - Schäferkampsallee - Schröderstiftstraße - An der Verbindungsbahn - Bundesstraße - Edmund-Siemers-Allee - Theodor-Heuss-Platz
- Aufzug aus Hamburg-Rahlstedt kommend:
Meiendorfer Straße - Bargteheider Straße - Stein-Hardenberg-Straße - Ahrensburger Straße - Wandsbeker Zollstraße - Rüterstraße - Wandsbeker Marktstraße - Wandsbeker Chaussee - Lübecker Straße - Sechlingspforte - Schwanenwik - An der Alster - Kennedybrücke - Alsterglacis - Theodor-Heuss-Platz
- Aufzug aus Hamburg-Rissen kommend:
Wedeler Landstraße - Sülldorfer Landstraße - Osdorfer Landstraße - Osdorfer Weg - Von-Sauer-Straße - Bahrenfelder Chaussee - Stresemannstraße - Alsenstraße - Alsenplatz - Doormannsweg - Fruchtallee - Schäferkampsallee - Schröderstiftstraße - An der Verbindungsbahn - Bundesstraße - Edmund-Siemers-Allee - Theodor-Heuss-Platz
Edeka leistet sich Affront gegenüber der Landwirtschaft
„Wenn wir auf unsere monatliche Abrechnung schauen, können wir derzeit kaum zufrieden sein“, klagt Frank Kohlenberg, Milchbauer aus dem niedersächsischen Kreis Holzminden und Vizepräsident des Landvolks. Obwohl der Preis für die Milch aus Sicht der Erzeuger in den zurückliegenden fünf Jahren ein vergleichsweise hohes Niveau hatte, drücken im laufenden Wirtschaftsjahr immer noch die Betriebskosten für Futter- und Düngemittel die Bilanz. Und nun falle auch noch der Lebensmitteleinzelhändler Edeka, der seinen Hauptsitz passenderweise in Hamburg hat, „mit einer vermeintlich ‚fairen‘ Ankündigung den Milchbauern in den Rücken“, sagt Kohlenberg.
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Demnach soll Käse der Edeka-Eigenmarke auf die höhere und für die Bauern teurere Haltungsformstufe 3 umgestellt werden. Doch der Preis für Kunden in den Edeka-Märkten soll gleich bleiben. Außerdem, so Kohlenberg, ordere Edeka den Käse unter dem Label „Respekt pro Tierwohl“ künftig nicht mehr in Deutschland, sondern in den Niederlanden. „Ein höherwertiges Produkt zum gleichen Preis anzubieten ist das falsche Signal an die Verbraucher. Diese Ankündigung ist insbesondere im Hinblick auf erneute Proteste ein Affront gegenüber der Landwirtschaft“, sagt Kohlenberg.
Im Jahr 2022 wurden 29 Prozent des deutschen Käses in Niedersachsen produziert. Umso wichtiger ist der Erlös dieses Produktes für das Einkommen der landwirtschaftlichen Familienbetriebe. Für den Erhalt der Höfe und für eine ausreichende Milchmengen-Produktion liegt das untere Plateau zur durchschnittlichen Kostendeckung bei einem Preis von 45 Cent je Liter. „Nur so können wir rentabel wirtschaften“, bekräftigt Kohlenberg.
Jahrelang hätten deutsche Landwirte gemeinsam an einem Tisch gesessen, um einen Tierwohlstandard auszuarbeiten, der aus der Branche getragen wird. „Dieser wird nun unterlaufen, um günstigere Produkte aus dem Ausland zu beziehen. Dabei wäre ein Großteil der niedersächsischen Landwirte in der Lage zu den Bedingungen der Haltungsform zu produzieren“, verdeutlicht der Landvolk-Vizepräsident. Mehr als 80 Prozent der Rinder in Niedersachsen werden in Laufställen gehalten und etwa 45 Prozent der niedersächsischen Milchkühe erhalten Weidegang. (dpa/tip/set)