Schwache Konjunktur macht sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar

Auf dem Bau beginnt ab dem 1. Dezember die offizielle Schlechtwetterzeit. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Trübe Aussichten: Die Arbeitslosigkeit ist im November nur leicht gesunken. Für gering Qualifizierte ist es immer schwieriger, einen Job zu finden. Die Hintergründe.
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Landkreis. Die Zahl der Arbeitslosen ist im November leicht gesunken. Im Bezirk der Agentur für Arbeit Stade waren 16.201 Personen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote bleibt, wie in den beiden Vormonaten, bei 5,2 Prozent.
„Der Rückgang der Arbeitslosigkeit im November fällt gegenüber den Vorjahren geringer aus“, stellt Dagmar Froelich, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stade, fest. „Seit einem Jahr verzeichnen wir Werte deutlich über denen des Vorjahres, und es ist davon auszugehen, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Wochen wieder ansteigen wird.“
Während der Stellenbestand weiterhin auf einem hohen Niveau sei, habe die Zahl der neuen Jobs im vergangenen Monat erneut abgenommen. Insgesamt wurden laut Froelich im gesamten Jahresverlauf weniger freie Stellen gemeldet als noch im Jahr zuvor.
Für Unternehmen im Bau- und Dachdeckerhandwerk sowie im Garten- und Landschaftsbau beginnt am 1. Dezember zudem die Schlechtwetterzeit. Betroffene Unternehmen im Bezirk können vom Stichtag an Saison-Kurzarbeitergeld beantragen.
Arbeitslosigkeit in Niedersachsen gegen Bundestrend gestiegen
Die Arbeitslosenzahl in Niedersachsen ist im November leicht gestiegen. Insgesamt waren 250.140 Menschen arbeitslos gemeldet, 446 mehr als im Vormonat, wie die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit mitteilte. Die Arbeitslosenquote stieg von 5,6 auf 5,7 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie bei 5,4 Prozent gelegen.
Die schwache Konjunktur habe den Arbeitsmarkt erreicht und mache sich nun zunehmend bemerkbar, begründete die Arbeitsagentur die Zunahme. Allerdings falle der Anstieg nur noch gering aus. Vor allem bei den über 50-jährigen Männern habe die Erwerbslosigkeit deutlich zugenommen. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit steige.
Für gering Qualifizierte sei es immer schwieriger, einen Job zu finden, so die Behörde. Nur noch jede fünfte in Niedersachsen angebotene Stelle sei als Helferstelle ausgeschrieben, gesucht würden dagegen vor allem höher qualifizierte Fachkräfte. Das führe zu einem zunehmenden Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt.
Hinzu kämen die vielen Geflüchteten aus der Ukraine, die in den Arbeitsmarkt integriert werden müssten. Johannes Pfeiffer, Chef der Bundesagentur für Arbeit Niedersachsen-Bremen, appelliert an die Unternehmen, Geflüchteten auch ohne gute Sprachkenntnisse eine Chance zu geben: „Lassen Sie uns diese Herausforderung gemeinsam bewältigen.“
Arbeitsmarkt: Belebung bleibt weitgehend aus
Bundesweit ist die Zahl der Arbeitslosen im November im Vergleich zum Vormonat um 1000 auf 2,606 Millionen gesunken. Das seien jedoch 172.000 mehr als im November 2022, teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag mit. Die Arbeitslosenquote betrug im November 5,6 Prozent nach 5,7 Prozent im Oktober. Im Vorjahr war die Zahl der Arbeitslosen von Oktober auf November noch um 8000 zurückgegangen. Die Bundesagentur hat für ihre November-Statistik auf Datenmaterial zurückgegriffen, das bis zum 13. November vorlag.
„Die konjunkturelle Flaute hinterlässt weiter ihre Spuren am deutschen Arbeitsmarkt“, bestätigte auch die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben saisonbereinigt zugenommen. Die Beschäftigung wächst nur noch wenig und die gemeldete Arbeitskräftenachfrage ist nach wie vor rückläufig“, erläuterte sie.
Im November waren bei den Arbeitsagenturen 733.000 freie Arbeitsstellen gemeldet. Das sind 90.000 weniger als ein Jahr zuvor. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Oktober um 15.000 auf 46,26 Millionen gestiegen. Das sind 272.000 mehr als vor einem Jahr. Der Anstieg ist vor allem auf Zuwanderer zurückzuführen.
Gestiegen ist die Zahl der Minijobber. Insgesamt waren im September - neuere Zahlen liegen nicht vor - 7,6 Millionen Personen geringfügig beschäftigt, 201.000 mehr als im Vorjahresmonat. Davon waren 4,19 Millionen ausschließlich und 3,42 Millionen im Nebenjob geringfügig beschäftigt.
„Seit gut einem Jahr tritt die deutsche Wirtschaft mehr oder weniger auf der Stelle“, sagte Nahles. „Nach so langer Zeit bleibt das nicht ohne sichtbare Folgen für den Arbeitsmarkt.“
Die Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, Leonie Gebers, sieht weiterhin im Arbeits- und Fachkräftemangel das größte Hindernis für die deutsche Wirtschaft. Die Integration von Geflüchteten sei eines der Instrumente, um das Problem zu lindern.
Doch auch ein wesentlicher Pfeiler der Fachkräftesicherung scheint zu wanken: Bei der Berufsausbildung werde es zunehmend schwieriger, Ausbildungsbetriebe und Bewerber zueinander zu bringen. Obwohl viele Jugendliche auswichen und beispielsweise weiterhin zur Schule gingen, in einen Job ohne Ausbildung wechselten oder sich arbeitslos meldeten, waren zuletzt 26.000 junge Frauen und Männer in Deutschland noch überhaupt nicht versorgt. (dpa/tip)