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Hochwasser

Serengeti-Park säuft ab, Tiere gefährdet: DLRG aus Kreis Stade rückt an

Die Wassermassen haben sich über den nord-östlichen Bereich des Geländes verteilt und etliche Gebäude umschlossen.

Die Wassermassen haben sich über den nord-östlichen Bereich des Geländes verteilt und etliche Gebäude umschlossen. Foto: Serengeti-Park Hodenhagen

Der Zoo spricht von der schlimmsten Notlage seit 50 Jahren - und bittet um Hilfe. Die kommt auch aus dem Kreis Stade. Andernorts müssen Campingplätze geräumt, Schafe von der DLRG gerettet werden.

Von dpa Mittwoch, 27.12.2023, 21:15 Uhr

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Hodenhagen/Hannover. Das Hochwasser hat auch den Serengeti-Park Hodenhagen stark getroffen. Weite Teile des Geländes nördlich von Hannover sind nach Parkangaben überflutet und teilweise gar nicht oder nur noch mit Unimogs oder Traktoren zu erreichen. „Es ist eine Notlage, wie wir sie der fast 50-jährigen Geschichte des Parks so noch nie erlebt haben“, sagte Inhaber Fabrizio Sepe am Mittwoch. „Es grenzt an ein Wunder, dass unsere rund 1500 Tiere noch sicher sind.“

Park-Mitarbeiter sowie Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW hätten provisorische Dämme aufgeschüttet, um die Stallungen der Tiere abzusichern. Im Nordosten des Geländes sind den Angaben zufolge unter anderem Verwaltungs- und Versorgungsgebäude, Restaurants, Shops und ein Teil der Lodges von Wassermassen umschlossen. Zeitweise musste für das ganze Gelände der Strom abgestellt werden.

Hilfeersuchen: 30 DLRG-Mitglieder aus Kreis Stade angefordert

Am Nachmittag und Abend sind aus weiteren Teilen Niedersachsens Einsatzkräfte angefordert worden. Der Landkreis Heidekreis hat ein Hilfeersuchen gestellt. Aus dem Kreis Stade machten sich kurz nach 21 Uhr 30 DLRG-Mitglieder aus den Ortsgruppen Stade, Drochtersen, Buxtehude und Horneburg/Altes Land auf den Weg nach Hodenhagen. Sie werden im Einsatzgebiet an der Aller die dort seit mehreren Tagen arbeitenden Kräfte ablösen.

Die 30 Helfer und Helferinnen der DLRG aus dem Kreis Stade kurz vor der Abfahrt.

Die 30 Helfer und Helferinnen der DLRG aus dem Kreis Stade kurz vor der Abfahrt. Foto: DLRG

Zuvor waren bereits etwa 120 Feuerwehrleute aus den Harburger Gemeinden Rosengarten, Hollenstedt, Neu Wulmstorf und Tostedt mit 18 Fahrzeugen zum Zoo aufgebrochen.

Nun hofft Besitzer Sepe auf Notstromaggregate, um die Stallungen beheizen zu können. In dem Park leben unter anderem Löwen, Nashörner, Tiger und Elefanten.

Der Serengeti-Park erlebt das schlimmste Hochwasser seit 50 Jahren.

Der Serengeti-Park erlebt das schlimmste Hochwasser seit 50 Jahren. Foto: Serengeti-Park Hodenhagen

An den Tierpark grenzt der Fluss Meiße, der über die Ufer getreten ist. Darüber hinaus gibt es auf dem Gelände einige Wasserläufe und Seen, die wegen des hochdrückenden Grundwassers übergelaufen sind, wie eine Parksprecherin erläuterte. „Glücklicherweise mussten noch keine Tiere in Sicherheit gebracht werden“, sagte sie.

Evakuierungen in der Gemeinde Winsen - 300 Menschen betroffen

Wegen des Aller-Hochwassers müssen in der Gemeinde Winsen rund 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Die Siedlungen Westohe und Südohe werden noch am Mittwochabend evakuiert, wie der Landkreis Celle mitteilte. Der Wasserstand auf den Straßen sei dort auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, aus Sicherheitsgründen sei daher der Strom abgestellt worden. Als Notunterkunft wird derzeit die Allertalsporthalle in Winsen eingerichtet.

Zudem wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Deiche nicht mehr zu betreten. „Sie sind stark aufgeweicht und es besteht die Gefahr des Bruchs“, hieß es. Zudem sollen Notrufe wegen vollgelaufener Keller nur abgesetzt werden, wenn Gefahr in Verzug ist. Die Feuerwehren könnten wegen des hohen Einsatzaufkommens nicht jedem Notruf nachkommen. Wenn viel Wasser in einen Keller eingebrochen sei, sollte er nicht mehr betreten werden - es bestehe dann akute Gefahr.

Heidschnucken in der Wedemark mit Booten aus Hochwasserlage befreit

Eine Herde Heidschnucken ist aus einer Hochwasserlage gerettet worden. Einsatzkräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) brachten die etwa zehn Tiere in der Wedemark nördlich von Hannover mit Booten über das Wasser, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte. Am zweiten Weihnachtstag waren die Schafe von Wassermassen der Wietze eingeschlossen worden.

Mitarbeiter der DLRG retten in der Wedemark Heidschnucken.

Mitarbeiter der DLRG retten in der Wedemark Heidschnucken. Foto: Karsten Hölscher/DRLG Wedemark/dpa

Die Einsatzkräfte holten die Tiere daraufhin einzeln mit Booten von einem kleinen Stück Land, auf das sie sich gerettet hatten. Komplizierter wurde die Rettung dadurch, dass die Heidschnucken nach der Rettung des ersten Tieres vor Schreck in die Fluten rannten. Dort wurden sie schließlich von den DLRG-Kräften festgesetzt und mit dem Boot abgeholt. Einige Tiere konnten auch durch das Wasser getrieben werden. Die Besitzerin war ebenfalls vor Ort und unterstützte die Rettungsaktion.

Hochwasserlage in Niedersachsen bleibt angespannt

Gesperrte Straßen und Bahnstrecken, überflutete Felder und Wassermengen, die aus den komplett gefüllten Talsperren fließen: Die Hochwasserlage in Niedersachsen bleibt weiterhin sehr angespannt und verschärft sich lokal. Das geht aus der Vorhersage des Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von Mittwochmittag hervor. Insgesamt meldeten 71 von 97 Pegeln in Niedersachsen Hochwasser, davon 40 die höchste Meldestufe 3. Kritisch war die Situation demnach insbesondere im Süden an der Weser sowie in den Einzugsgebieten von Aller, Leine und Oker.

Rund 100.000 Einsatzkräfte bewältigten in den vergangenen Tagen etwa 20.000 Hochwasser-Einsätze, wie Landesbranddirektor Dieter Rohrberg berichtete. Unter anderem wurden Keller leergepumpt und wichtige Infrastruktur wie Krankenhäuser gesichert. Die Situation sei unter Kontrolle, man könne aber noch keine Entwarnung geben, betonte Rohrberg. Man sei besser vorbereitet als in früheren Jahren. Das Land habe viel Geld in den Hochwasserschutz, Fahrzeuge und Geräte investiert.

Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens besuchte am Mittwoch in Braunschweig, Rinteln und bei Celle vom Hochwasser betroffene Gebiete. Dort dankte die SPD-Politikerin den haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. „Ohne Sie wäre in weiten Teilen Niedersachsens nicht nur buchstäblich Land unter, sondern es wären auch viele Menschenleben in Gefahr“, sagte Behrens. Die Ministerin wünschte den vom Hochwasser betroffenen Menschen „ganz viel Kraft“.

Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern mit Sandsäcken den Fluss Innerste.

Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern mit Sandsäcken den Fluss Innerste. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Vorstufe eines Katastrophenalarms in drei Landkreisen

Für das kommende Wochenende, an dem wieder mehr Regen erwartet wird, sicherte Behrens Unterstützung zu. „Dazu gehört die Bereitstellung von Fahrzeugen und Geräten oder die Organisation von Sandsäcken aus anderen Bundesländern“, sagte sie.

Katastrophenalarm wurde bisher in keinem niedersächsischen Landkreis ausgelöst, allerdings stellten die Landkreise Heidekreis, Celle, Emsland, Hildesheim und am Nachmittag auch Osterholz eine Vorstufe fest. „Das nennt sich ein außergewöhnliches Ereignis“, sagte der Landesbranddirektor. Die Landkreise hätten dann unter anderem einen einfacheren Zugriff auf Hilfskräfte. Besonders betroffen sei die Stadt Sarstedt im Landkreis Hildesheim, wo die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen.

Deich bei Bremen gerissen: Anwohner werden evakuiert

Im Landkreis Osterholz liegt Lilienthal, dort riss nach Angaben der örtlichen Feuerwehr am Mittwochnachmittag ein Deich. Der betroffene Bereich werde von den Einsatzkräften evakuiert, teilte die Feuerwehr über Facebook mit. Die Anwohner würden mit einem Shuttleservice in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden. Lilienthal grenzt an Bremen.

Am Oberlauf der Weser von Hann. Münden bis Höxter in Nordrhein-Westfalen sanken die Wasserstände am Mittwoch laut NLWKN wieder, für die Mittelweser wurden aber steigende Pegelstände vorhergesagt. Am Pegel Drakenburg im Landkreis Nienburg könne sogar der bisherige Rekordstand aus dem Jahr 1981, nämlich 8,34 Meter, überschritten werden, hieß es.

Übersicht von einem Hochwassergebiet nahe Bremen.

Übersicht von einem Hochwassergebiet nahe Bremen. Foto: Jörn Hüneke/XOYO Film/dpa

In Lingen (Emsland) wurde ein Campingplatz an der Ems geräumt. „Das Betreten ist wegen des Hochwasserpegels nicht erlaubt“, teilte die Stadt am Mittwoch mit. Etwa 60 Camper seien betroffen.

Die Stadt Rinteln (Landkreis Schaumburg) hob am Mittwoch die am Tag zuvor ausgesprochene Evakuierung von mehr als 100 Anwohnern einer Straße an der Stadtmauer auf. Der Bereich sei in der Nacht mit einem Hochwasserschutzsystem gesichert worden.

In Celle wurde ein Deich an der Aller durch Hochwasser und Regen beschädigt. Mit Sandsäcken und mobilen Deichen sollten dort nun drei Sicherungslinien aufgebaut werden, teilte der Landkreis mit.

Hochwasserlage in Braunschweig stabil

Dienstagfrüh hatten sich an der Oker- und Innerstetalsperre die Notüberläufe geöffnet, nachdem beide Stauseen ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatten. „Eine Verschlimmerung der Hochwassersituation in den Flüssen Innerste und Oker ist dadurch aber nicht zu erwarten“, sagte eine Sprecherin am Mittwoch.

In Braunschweig kam es in der Nacht nicht zu einem dramatischen Anstieg der Oker. In der Nacht zum Mittwoch hätten sich die Pegelstände auf gleichbleibendem Niveau bewegt, sagte ein Sprecher der Stadt. Das Wasser aus der Okertalsperre im Harz, wo sich am Dienstag der Notüberlauf öffnete, habe sich stark in der Fläche verteilt.

Laut NLWKN sollen die Notüberläufe der beiden Talsperren auch am Mittwoch geöffnet bleiben. Die zuständigen Harzwasserwerke wollten zunächst noch keine Bewertung zur aktuellen Lage an den insgesamt acht Talsperren abgeben. Am Dienstagabend hatten die Wasserwerke mitgeteilt, dass die Füllstände wegen der erhöhten Wasserabgabe leicht zurückgingen. So werde wieder Stauraum für die kommenden Tage geschaffen.

Drohnen und Drachen behindern Einsatzkräfte bei Hochwasser-Arbeiten

Angesichts des Hochwassers fordert die Stadt Oldenburg Menschen auf, mit Drohnen und Drachen nicht über Gewässer zu fliegen. Dies behindere die wichtige Arbeit der Einsatzkräfte gegen das Hochwasser, sagte ein Sprecher der Stadt am Mittwoch. Die Einsatzkräfte nutzten die fliegende Technik, um sich ein Lagebild an den Flüssen Hunte und Haaren aus der Luft zu verschaffen. Demnach störte ein Drachenflieger den Drohnen-Einsatz der Feuerwehr am Vormittag. Dadurch konnten sich die Einsatzkräfte erst mit Verzögerung ein Bild von der Situation machen.

„Die Lage ist immer noch ernst zu nehmen“, sagte ein Sprecher. In einigen Bereichen im Stadtgebiet habe sich die Situation etwas gebessert. An der Hunte jedoch werde beispielsweise die Lage noch in den kommenden Tagen angespannt sein. Außerdem hatte die Stadt ein Betretungsverbot der Deiche erlassen.

Streckensperrung zwischen Oldenburg und Osnabrück wegen Hochwasser

Die Bahnverbindung zwischen Oldenburg und Osnabrück ist wegen des Hochwassers eingeschränkt. Probleme gebe es auch wegen umgefallener Bäume, sagte ein Sprecher der Bahn am Mittwoch. Noch am Mittwoch will die Bahn eine Erkundungsfahrt auf dem Abschnitt zwischen Sandkrug und Huntlosen machen, um sich einen Überblick über die Schäden zu machen. „Es gibt aktuell leider noch keine Prognose.“

Züge aus Wilhelmshaven fahren nach Angaben der Nordwestbahn vorerst bis Oldenburg, wenden und fahren zurück. Züge aus Osnabrück fahren bis Huntlosen und kehren dort wieder zurück nach Osnabrück. Das Unternehmen bemüht sich um einen Schienenersatzverkehr und bittet Fahrgäste, sich online zu informieren.

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