Zähl Pixel
Spielwaren

Von Porzellanpuppe bis Barbie: Auf Zeitreise im Puppenmuseum Falkenstein

Die Betreiberin des Puppenmuseums steht vor einer Puppenküche, mit den zu diesem Objekt gehörigen Karteikarten in der Hand.

Elke Dröscher zeigt Karteikarten mit weiteren Informationen zur Puppenstube hinter ihr. Foto: Markus Scholz/dpa

Das Puppenmuseum Falkenstein in Hamburg präsentiert 300 Jahre Puppengeschichte. Besucher lernen: Puppen waren früher mehr als nur Spielzeug.

Von Stephanie Lettgen/dpa Samstag, 27.07.2024, 16:00 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Hamburg. Vom biedermeierlichen Puppenhaus mit Goethe-Büste bis hin zu einer Golf spielenden Barbie in hohen Stiefeln: Das Puppenmuseum Falkenstein in Hamburg zeigt Miniaturwelten aus drei Jahrhunderten.

Die 83-jährige Elke Dröscher präsentiert aus ihrer riesigen Sammlung rund 500 Puppen aus ganz Europa und 60 Puppenstuben und -häuser. Ob Mode, Möbel oder Küchenutensilien - die kleinen Lebenswelten sind dabei Spiegelbild vergangener Epochen, verdeutlichen den Wandel der Gesellschaft und ihrer Schönheitsideale.

Dröscher entdeckte ihre Sammelleidenschaft früh

Ihre Sammelleidenschaft entdeckte Dröscher früh. „Ich habe schon als kleines Kind wie ein Staubsauger gesammelt“, berichtet die gelernte Designerin und frühere Galeristin. 1963 schenkte ihr erster Ehemann ihr eine Puppenstube - der Beginn einer Sammlung, die sie seit fünf Jahrzehnten pflegt. „In jeder Puppenstube stecken so viele Geschichten“, erklärt die gebürtige Hamburgerin ihre Faszination.

Elke Dröscher mit Medaille der Stadt Hamburg ausgezeichnet

Vor 38 Jahren eröffnete Dröscher das private Puppenmuseum in einem 1923 erbauten Landhaus des Architekten Karl Schneider mitten in einem Park am Elbufer. Mit der Stadt schloss die Sammlerin eigenen Angaben zufolge einen Nutzungsvertrag. „Das Haus war damals eine Ruine“, erinnert sie sich. „Alles, was ich hatte, ist in diese Renovierung geflossen.“

Mehre Puppen aus Porzellan in verschiedenen großen stehen in einer Vitrine.

Badepuppen aus Porzellan gab es in vielen verschiedenen Größen. Foto: Markus Scholz/dpa

2017 zeichnete der Hamburger Senat Dröscher mit der Senator-Biermann-Ratjen-Medaille aus. Es sei maßgeblich ihr zu verdanken, dass die Villa, eines der wenigen Gebäude der Bauhausepoche in Hamburg, fach- und denkmalgerecht saniert worden sei, teilte die Kulturbehörde damals mit.

Aufwendige kleine Welten voller Details

Die chronologisch präsentierte Ausstellung nimmt große und kleine Besucher mit auf eine Zeitreise. „Deutschland ist weltweit das Puppenhersteller-Land Nummer Eins gewesen“, erklärt Dröscher.

In zahlreichen Vitrinen stehen kleine und große, hübsch frisierte Spielpuppen in weißen Spitzenkleidern oder bunter Garderobe aus Samt und Seide. „Mir ist es sehr wichtig, dass die Puppen original gekleidet sind, ich lasse nichts nachschneidern aus alten Stoffen“, sagt Dröscher. Texte, alte Fotografien, Gemälde und Sammelbilder zeigen dabei Parallelen zu der Zeit, aus der die Stücke stammen.

Wie aufwendig und detailreich die Mini-Welten für die Kinder einst gestaltet wurden, verdeutlicht etwa ein Guckkasten mit einer Puppenstube von 1860. Die kleinen Versionen der edel gekleideten Familienmitglieder stehen zwischen vergoldeten Bronzemöbeln, einem weißen Kachelofen und einem dekorativen Stellschirm, an den Fenstern hängen helle Spitzengardinen.

Ein anderer Guckkasten gibt Einblick in eine Puppenküche um 1880. „Caffee“, „Gurke“ oder „Eismaschine“ ist auf den winzigen Gefäßen neben der Porzellanpuppe mit langer Schürze zu lesen.

Lesen sie auch

Eintauchen in vergangene Lebenswelten können die Besucher auch bei einer Puppenstube, die ein Klassenzimmer um 1890 darstellt. Die Tische und Bänke sind aus schönen Zigarren-Kisten gefertigt. Alle Informationen zu ihren Puppenhäusern hat Dröscher früher fein säuberlich auf Karteikarten festgehalten, inzwischen erfasst sie alles digital.

Das Interesse an Puppen schwindet

Die Puppen und die Stuben dienten nach Worten von Dröscher einst der Belehrung. „So erfuhren kleine Mädchen, worüber ein ordentlicher Haushalt in ihrer Generation und Gesellschaftsschicht verfügen sollte“, erklärt sie.

Für die Kinder hatten die Puppen eine besondere Bedeutung: „Mit einer Puppe spielte man nicht nur, einer Puppe konnte man auch alles erzählen, was einen beschäftigte.“

Die Betreiberin des Museums bedauert, dass sich die Einstellung der Menschen verändert habe. Früher ersteigerte die Sammlerin ihre Exponate auf Auktionen oder ergatterte sie in Antiquitätengeschäften.

„Wird heute ein Haus geerbt, soll das Inventar auf den Sperrmüll“, sagt Dröscher. „Es ist unsere Geschichte, die langsam entschwindet.“ Sie bekomme täglich Anfragen von Erben, die ihr Exponate schenken wollten. Doch so viel Platz habe sie gar nicht.

Eine Puppenstube, die eine Küche darstellt, mit sieben verschiedenen Puppen in historischen Kleidern.

Die kleine Küche von zeigt Puppen mit verschiedenen Aufgaben. Foto: Markus Scholz/dpa

Im Schnitt 10.000 Besucher jährlich hatte das Museum laut Dröscher vor der Corona-Pandemie. Doch seither habe sich viel verändert. „2023 war es nur noch ein Drittel der früheren Besucherzahl“, sagt Dröscher. Derzeit sind keine Sonderausstellungen möglich, weil die Fläche während der Sanierung des Depots zur Zwischenlagerung gebraucht wird.

Drei große, in Röcken gekleidete Puppen stehen vor einem Miniaturregal mit Lebensmitteln.

Puppen stellen hier ein altes Lebensmittelgeschäft nach. Foto: Markus Scholz/dpa

2026 soll das 40-jährige Jubiläum des Museums groß gefeiert werden. Ans Aufhören denkt die 83-Jährige noch lange nicht: „Sollte ich gesund bleiben, möchte ich das noch die nächsten zehn Jahre machen.“

Weitere Artikel