Steuer fällig? – Aufregung um Kuchenverkauf an Schulen und in Vereinen

Muffins gehören bei nahezu jedem Basar oder Kuchenverkauf in Schulen dazu. Foto: dpa
Zieht der Staat Schülern das Geld aus der Tasche, wenn sie Kuchen verkaufen, um die Klassenkasse aufzubessern? Tatsächlich gab es Verwirrung. Das steckt dahinter.
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Selbst gebackenen Kuchen verkaufen, um Klassenfahrt oder Abschlussfest zu finanzieren - viele Schulen machen das. Auch im Sport ist der Verkauf von Speisen etwa jetzt bei Hallenturnieren gelebte Praxis. Entsprechend groß ist die Empörung, wenn der Staat dafür jetzt Steuern verlangen würde. So heißt es jedenfalls in sozialen Medien, wo sich ein Artikel rasend schnell verbreitet hat. Doch so eindeutig verhält es sich mit der Sache nicht.
Neue Steuern auf den Kuchenverkauf in Schulen, um die Klassenkasse etwas aufzufüllen, gibt es keine. Baden-Württemberg wollte eine EU-Richtlinie gegen Wettbewerbsverzerrung zwar zunächst streng auslegen, hat das aber zurückgenommen.
EU-Richtlinie löst Debatte über Steuerbefreiung beim Kuchenverkauf an Schulen aus
Häufig gepostet wird der Screenshot einer Nachrichtenseite mit der Überschrift „Entscheidung gefallen: Neue Steuer auf Kuchenverkauf in Schulen“. Eine Bilderrückwärtssuche ergibt, dass der dazugehörige Beitrag aus einem Karlsruher Magazin stammt. Die Überschrift des Artikels ist aber völlig irreführend, denn der Text selbst kommt zu dem Schluss, dass es keine Steuerpflicht auf Kuchen an Schulen gibt.
Hintergrund des Ganzen ist eine EU-Richtlinie, die Wettbewerbsverzerrung verhindern soll. Artikel 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie von 2006 beschäftigt sich mit Einrichtungen des öffentlichen Rechts, also zum Beispiel kommunale Schulträger. Sie sollen demnach Umsatzsteuer zahlen, wenn sie etwas verkaufen, mit dem sie jemand anderem Konkurrenz machen. Wenn eine Schule also (bisher ohne Besteuerung) Kuchen günstiger verkauft als der Bäcker nebenan und somit den Wettbewerb verzerren würde, soll sie auf ihre Einnahmen wie alle anderen auch Umsatzsteuer zahlen.
Zunächst strengere Auslegung in Baden-Württemberg
Die EU-Regelung wurde 2015 in das deutsche Umsatzsteuergesetz übernommen, tritt aber wegen Übergangsfristen erst 2025 in Kraft.
Zuvor hat sie offenbar in zumindest einem Bundesland für Verwirrung gesorgt: Im November 2023 hat Baden-Württemberg seine Schulen in einem elfseitigen Schreiben zunächst über diverse Sonder- und Einzelfallregeln für den Kuchenverkauf oder auch Aufführungen der Theater-AG an Schulen und deren Besteuerung informiert. Im Dezember 2023 ist die Landesregierung dann zurückgerudert: Kuchen an Schulen darf weiter steuerfrei verkauft werden.
Schon 2022 hat die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland darauf hingewiesen, dass manche Bundesländer offenbar die Tendenz haben, die Richtlinie strenger auszulegen, als sie gedacht ist. Natürlich verbiete Brüssel keiner Schule den Kuchenverkauf. Denn eigentlich geht es darum, dass weder die Schule oder Kommune selbst als Träger umsatzsteuerfrei Geld mit solchen Verkäufen verdienen darf.
Auch andere Bundesländer bitten Schüler nicht zur Kasse
Ist eindeutig erkennbar, dass nur eine einzelne Klasse oder Gruppe den Verkauf eigenverantwortlich organisiert, das Geld selbst einnimmt und das auch nicht regelmäßig tut, wird keine Umsatzsteuer erhoben. Mit dieser Erklärung reagiert beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen auf entsprechende Nachfragen.
Selbst eine Gruppe wie ein Förderverein, der regelmäßig Kuchen verkauft, müsste demnach erst Steuern zahlen, wenn er bestimmte Einnahmegrenzen überschreitet. Wenn er also mit dem Verkauf zum Beispiel von Kuchen im Vorjahr mehr als 22.000 Euro Umsatz gemacht hat und im laufenden Jahr mehr als 50.000 Euro erwartet.
Auch das Finanzministerium des Landes Thüringen beruhigt: Solange die Einnahmen mit dem Kuchenverkauf an Schulfördervereine, Schülerfirmen oder einzelne Eltern gehen und nicht an den Schulträger und somit die öffentliche Hand, wird keine Umsatzsteuer erhoben. (dpa)