Betrüger erfinden Entführungsfall und missbrauchen Foto von Mordopfer

Die Polizei warnt vor einem Datendiebstahl, der mit der falschen Nachricht von einer Kindesentführung eingefädelt wird. Foto: Marijan Murat/dpa
Seit Tagen verbreitet sich in sozialen Netzwerken die gefälschte Nachricht einer Kindesentführung. Immer wieder heißt es: „Das ist wahrscheinlich unsere letzte Chance, unsere kleine Julie zu finden.“ Doch die Polizei warnt alle Internetnutzer.
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Immer wieder machen Facebook-Accounts auf den angeblichen Fall der 5-jährigen „Julie“ aufmerksam. Eine Widersprüchlichkeit: Mal soll das Mädchen in Hemsbach (Baden-Württemberg) entführt worden sein, in anderen Posts ist unter anderem von Dortmund, Mannheim oder anderen Städten die Rede.
In einem Post mit Bezug zu Bremerhaven wurden fremde Fotos verwendet: Das Foto der vermeintlichen „Julie“ gehört zu einem US-amerikanischen Mordfall, das Phantombild stammt aus Polen.
Dazugestellt sind Bilder eines jungen Mädchens sowie Phantombilder. Doch diese Entführung hat es nicht gegeben.
Betrugsmasche mit angeblicher Kindesentführung im Internet
Mehrere Polizeistationen in Deutschland warnen darum: Es handelt sich um eine Fälschung. „Der geschilderte Sachverhalt, das Mädchen sei entführt worden, wurde zwischenzeitlich von mehreren Polizeidienststellen geprüft und ist frei erfunden! Auch die angebliche Vermisste existiert nicht“, schreibt das Polizeipräsidium Koblenz (Rheinland-Pfalz), nachdem in Posts der Ort Diez als Tatort angegeben wurde.

Mit diesen Fotos berichten die Betrüger derzeit im Internet von einem angeblichen Entführungsfall.
Bei Facebook erklärt die Polizei Mannheim, die auch für Hemsbach zuständig ist, dass ein solcher Fall nicht bekannt sei. Auch die Polizei Viersen in Nordrhein-Westfalen weist auf die Fälschung hin und betont: „Hier sind Kriminelle am Werk!“ Laut den Beamten könnten die User Opfer eines möglichen Datendiebstahls durch Betrüger werden, die sich Zugang zum Facebook-Konto verschaffen wollen.
Betrüger wollen mit Phishing-Webseite Daten abgreifen
Der Grund: Der Link aus dem Facebook-Post leitet auf eine Webseite weiter, die einer Facebook-Seite zwar stark ähnelt. Dass diese Seite aber nicht seriös ist, zeigt ein Blick in die URL: „dazzling-fairy-a66a31.netlify.app“. Eine echte Facebook-Seite hingegen beginnt mit „www.facebook.com“.
Unter der verlinkten Internetadresse wird ein vermeintlicher Post des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ eingeblendet. Doch dieser ist erfunden. Eine Suche auf der echten Facebook-Seite des Nachrichtenmagazins nach Worten aus dem angeblichen Beitrag liefert kein Ergebnis. Die offiziellen Facebook-Seiten von Unternehmen erkennt man oft an einem kleinen weißen Haken auf blauem Hintergrund - das sogenannte Verifikationsabzeichen.
Was über die Phishing-Methode bekannt ist
Um den gefälschten Post vollständig sehen zu können, sollen Nutzer ihre Facebook-Zugangsdaten eingeben - angeblich zur Bestätigung des Alters. Doch Vorsicht: „Damit bekommen die Täter Zugriff auf Ihr Facebook-Konto - und im schlimmsten Fall auf alles, was Sie damit verknüpft haben - auch auf Bankdaten. Außerdem können die Täter dann Ihr Profil nutzen, um weitere Falschmeldungen zu verbreiten“, erklärt die Polizei Viersen.
Die Polizei und Verbraucherschützer warnen immer wieder vor solchen Phishing-Versuchen über gefälschte Webseiten, die versuchen, die Nutzer zu täuschen. Besonders vorsichtig sollten Nutzer sein, wenn ungewöhnliche Aufforderungen zur Eingabe von persönlichen Daten und Sicherheitsdaten auftauchen. Auf einer Seite gibt beispielsweise das Landeskriminalamt Niedersachsen Tipps, wie man sich vor Phishingwebseiten schützen kann. (dpa)