Zahl der Wildmüllhaufen im Kreis Stade erreicht traurigen Rekord - Hohe Geldbußen drohen

Kein Seltenheitswert: Illegal entsorgter Müll in der Natur. Foto: Battmer
Kein Tag im Landkreis vergeht, an dem Bürger nicht sich in der Landschaft türmenden Abfall melden. Die Zahl wird 2023 einen neuen Höchstwert erreichen. Im Kreisamt klingelt das Servicetelefon täglich sogar mehrere Hundert Mal.
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Landkreis. Mitten im Fredenbecker Landschaftsschutzgebiet im Schwinger Steindamm liegt ein achtlos weggeworfener Kühlschrank. Ein Bild, das viele Spaziergänger in Wald und Wiesen im Landkreis Stade schon einmal beobachtet haben dürften. Das ist nicht nur achtlos, sonder auch illegal - und strafbar. Gegen den oder die unbekannten Umweltfrevler ermittelt die Polizei wegen Verstoßes gegen das Abfallgesetz.
Selten werden die zur Anzeige gebrachten Wildmülltaten aufgeklärt, selten die Täter zur Rechenschaft gezogen. Weniger selten: die Zahl der gemeldeten Fälle von illegalen Abfallhaufen. Und: Ein Kühlschrank in der Natur gehört dabei noch zu den „kleineren Delikten“.

Die wenigsten Taten von illegal entsorgtem Müll können aufgeklärt werden. Foto: Polizei
Immer wieder Ärger mit Wildmüll im Landkreis Stade
„Leider nimmt das Thema Wildmüll einen großen Part meiner Arbeit ein“, berichtet Annett Hermann-Lawrenz. Sie bearbeitet im Kundenservice der Kreisverwaltung zusammen mit Stefanie Moser und Patricia Rathjens die Mängelmeldungen. Die Zahlen der Wildmüllmeldungen habe dabei in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen, sagt Kreissprecher Daniel Beneke und nennt Zahlen. Seit Anfang des Jahres verfügt die Abfall-App des Landkreises über einen Mängelmelder. Wildmüll kann so direkt an die Abfallwirtschaft gemeldet werden. Um die Standortangaben genau anzugeben, können die GPS-Daten der Fundstelle übermittelt und Fotos hochgeladen werden.

Kundenservice-Mitarbeiterin Marlen Aldag leistet rund 60 telefonische Beratungen. Foto: Landkreis Stade/Christian C. Schmidt
Laut Landkreis seien im Jahr 2019 insgesamt 86 Wildmüllmeldungen eingegangen, 2020 dann 154 und 2021 wiederum 165. 2022 gab es einen steilen Anstieg auf 290 Meldungen - „ein bis dahin trauriger Rekord“, sagt Beneke. In diesem Jahr wird der Wert noch getoppt. Mit Stand von Anfang Dezember seien bereits 320 Meldungen eingegangen. Statistisch wird demnach täglich ein Wildmüllhaufen gemeldet. Die meisten davon kommen über die Abfall-App, die kostenlos heruntergeladen werden kann.
Gegen die Verursacher werden Bußgeldverfahren eingeleitet, soweit sie ausfindig gemacht werden können. Das gelte auch, wenn Abfall auf Containerstellplätzen neben den Containern und nicht darin deponiert werde oder Sperrmüll unangemeldet an die Straße gestellt werde - zwei der größten Probleme vor allem in den Städten.
Entsorgung illegaler Müllhaufen verursacht hohe Kosten
Für die Abfallwirtschaft des Landkreises seien die Abholung und die Entsorgung der Abfälle kostspielig. Finanziert wird dies über Abfallgebühren und Steuergelder. „Lediglich in seltenen Fällen lassen sich Verursacher ausfindig machen und zur Kasse bitten“, sagt Beneke. Im vergangenen Jahr zahlte die Abfallwirtschaft mehr als 45.000 Euro für das Einsammeln von Wildmüll. Hinzu kommen die Entsorgungskosten, die allerdings nicht konkret beziffert werden könnten.
Weil kein eigenes Personal zur Verfügung stehe, werden das Recycling Zentrum Stade sowie Rischkau, Alpers oder vereinzelt auch der Maschinenring Stade mit der Einsammlung beauftragt.
Beneke mahnt: „Die illegale Ablagerung von Abfällen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden kann.“
250 Wildmüll-Meldungen pro Jahr allein in Hansestadt Stade
Neben der Kontaktaufnahme via App ist der Kundenservice auf Landkreis-Ebene unter der Telefonnummer 04141/12-8012 erreichbar. Bei speziellen Fragen zur Entsorgung von Abfällen steht die Abfallberatung unter der Rufnummer 04141/12-8016 zur Verfügung. Das Beschwerdemanagement hat wiederum die Telefonnummer 04141/12-8014. Wer Abfälle in der freien Landschaft oder im Wald entdecke, könne dies ebenfalls per E-Mail an abfallwirtschaft@landkreis-stade.de melden.
Noch einen Schritt weiter geht die Hansestadt Stade. Bei den Kommunalen Betrieben Stade gingen zusätzlich noch einmal rund 250 Wildmüllmeldungen jährlich ein, hinzu kämen 400 Fälle im Jahr, in denen Mitarbeitende selbst Wildmüll entdecken und entsorgen, heißt es aus der Hansestadt. Müllmeldungen seien unter anderem per E-Mail (wildmuell@stadt-stade.de), via Mängelmelder auf der städtischen Internetseite sowie in der Facebook-Gruppe „Wildmüll in der Hansestadt Stade“ möglich. Die Gruppe zählt derzeit 612 Mitglieder. Wer etwas postet, sollte erwähnen, um was für Müll und um etwa welche Menge es sich handelt sowie wo er sich befindet. Wer möchte, kann auch ein Foto dazu posten.
Abfall-Kundenservice bearbeitet hunderte Anrufe pro Tag
Der Kundenservice im Landkreis-Amt ist über den Wildmüll-Ärger hinaus das Ohr der Bürgerinnen und Bürger. Zu den aktuellen Herausforderungen der acht Kolleginnen um Sachgebietsleiterin und Verwaltungswirtin Katja Stelljes gehört das Zusammenstellen und das Versenden der Gebühreninformation, des Info-Flyers und der Übersicht der Abholtermine an die 72.500 Gebührenzahler im Kreis. Rückfragen dazu gebe es immer wieder. „Jede Kollegin hat derzeit täglich rund 60 telefonische Nachfragen“, berichtet Marlen Aldag, die ebenso wie ihre Kolleginnen auch für die Sperrmüllabholung zuständig ist. Jedes Jahr werden mehr als 22.000 Sperrmüllabholungen terminiert, die an die Entsorgungsfirma übermittelt werden müssen. 2022 kamen so rund 5000 Gewichtstonnen zusammen.
Müllabfuhr
T Überraschung: Wann die Gelbe Tonne frühestens kommt
Müssen Müllbehälter ausgeliefert, getauscht oder abgeholt werden, organisiert der Kundenservice den Austausch und ändert die Gebührenveranlagung. Derzeit sind circa 85.000 Restmüllbehälter und 55.000 Biotonnen im Umlauf, die verwaltet werden müssen. Im vergangenen Jahr sind im Landkreis Stade etwa 26.000 Tonnen Hausmüll und 15.000 Tonnen Bioabfälle angefallen. (st/tip)