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Energiekrise

EWE senkt Preise für Strom und Gas – Was das für Kunden bedeutet

EWE ist der örtliche Wasserversorger in der Gorch-Fock-Straße in Cuxhaven. Foto: picture alliance/dpa

EWE ist der örtliche Wasserversorger in der Gorch-Fock-Straße in Cuxhaven. Foto: picture alliance/dpa

Gute Nachrichten für viele Haushalte im Landkreis Stade: Der Energieversorger kündigt zum 1. Juli weitere Entlastungen in der Grundversorgung an. Was Kunden zahlen sollen und warum sich mittlerweile wieder ein Wechsel lohnen könnte.

Dienstag, 09.05.2023, 13:59 Uhr

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Von Tim Parge und Jakob Brandt

Der Energiedienstleister EWE senkt zum 1. Juli erneut seine Preise für Gas und Strom in der Grundversorgung. Laut EWE-Mitteilung profitieren rund 315.000 Strom- und 165.000 Gaskunden. Im Kreis Stade ist der Oldenburger Energieversorger hinter den Stadtwerken Stade und Buxtehude der drittgrößte.

Für die Kunden sinkt der Preis pro Kilowattstunde Strom, von derzeit brutto 40,96 Cent auf 39,23 Cent. Der jährliche Grundpreis von brutto 199,55 Euro bleibt unverändert. Der Gaspreis sinkt laut EWE-Mitteilung in der Grundversorgung pro Kilowattstunde von aktuell brutto 14,71 Cent auf 13,92 Cent.

Ewe senkt Preise - Buxtehuder Stadtwerke noch günstiger

Damit liegt der Strompreis für EWE-Kunden ab Juli unter dem Wert, ab dem die staatliche Preisbremse greift. Zuletzt waren die Preise zum 1. April gesenkt worden. 

Zum Vergleich: Bei den Stadtwerken Buxtehude liegt der Strompreis pro Kilowattstunde mit Stand vom 1. März noch weiterhin darunter. Grundversorgungskunden der Stadtwerke zahlen aktuell brutto 36,25 Cent pro Kilowattstunde. Auch die Gaspreise liegen in Buxtehude (Stufe 1: 9,77 Ct./kWh; Stufe 2: 8,53 Ct./kWh) weiterhin deutlich unter denen der EWE.

Die EWE geht bei ihren Haushalten von einer Stromersparnis von rund 25 Euro pro Monat aus. Beim Gas könne ein Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 17.500 Kilowattstunden mit dem ab 1. Juli gültigen Preis gegenüber dem aktuellen etwa 11,50 Euro im Monat sparen. Im Vergleich zum Gaspreis, der noch zum Jahresbeginn galt, betrage die Einsparung knapp 52 Euro im Monat. 

Energiemarkt erholt sich

Über die Preissenkung informiert EWE die betroffenen Kunden wie üblich in den nächsten Tagen per Post oder auch per E-Mail. Für Laufzeitverträge gelten weiterhin die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Preises bis zum Ende der Vertragslaufzeit. Kunden, die aktuell einen neuen Laufzeitvertrag abschließen, können laut EWE ebenfalls von der momentanen Marktentwicklung profitieren. So hat EWE den Preis für seine Laufzeitverträge bereits Ende April gesenkt. 

EWE-Vorstand Dr. Christian Friege sagt: „Wie angekündigt beobachten wir die Marktentwicklung sehr genau und geben, sobald es möglich ist, sinkende Beschaffungskosten an unsere Kunden weiter. Aktuell sehen wir, dass sich der Energiemarkt weiterhin entspannt und können so nach der Preissenkung zum April dieses Jahres die Preise zum Juli erneut senken.“

Beim Strom sorgt Friege zufolge der gesunkene Gaspreis auch dafür, dass die Herstellung von Strom aus Gas günstiger wird. Die EWE empfiehlt weiterhin, mit Energie sparsam umzugehen.

Analyse: Nur geringe Nachzahlungen für Gaskunden in Niedersachsen

Gaskunden in Niedersachsen müssen einer Analyse des Immobiliendienstleisters Ista zufolge voraussichtlich nur geringe Nachzahlungen leisten. Die Vorauszahlungen der Mieter hätten die Heizkosten des vergangenen Jahres größtenteils abgedeckt, teilte Ista mit. Nach einer Auswertung der Abrechnung von rund 5000 Mehrfamilienhäusern seien die Heizkosten gegenüber 2021 um nur ein Prozent gestiegen.

Den Angaben zufolge lag der Preis 2022 unter Berücksichtigung der Dezemberhilfe bei durchschnittlich 6,8 Cent für eine Kilowattstunde. Im Vorjahr waren es 5,7 Cent. „Die Sparanstrengungen der Verbraucher, der milde Winter und die Dezemberhilfe sorgten dafür, dass die Brennstoffkosten bei Gas sich auf dem Vorjahresniveau bewegten“, sagte Ista-Chef Hagen Lessing.

In Niedersachsen sei im Jahr 2022 etwa neun Prozent weniger Gas verbraucht worden, wie aus der von Wettereinflüssen bereinigten Untersuchung hervorgeht. Bundesweit waren es demnach sieben Prozent. Mit zehn Prozent Einsparungen waren Bremen und Schleswig-Holstein die bundesweiten Spitzenreiter.

Vergleichsportal: Große Ost-West-Lücke bei Strompreisen

Bei Strompreisen gibt es nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox eine große Ost-West-Lücke. Demnach liegen die Strompreise der örtlichen Versorger in Ostdeutschland 15 Prozent höher als im Westen. Ostdeutsche Haushalte profitierten entsprechend stärker von der staatlichen Strompreisbremse.

Seit März gilt angesichts von Preissprüngen im vergangenen Jahr die staatliche Strompreisbremse. Der Strompreis für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Firmen wird bei 40 Cent pro Kilowattstunde brutto begrenzt. Das gilt für 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs.

Viele Tarife liegen über der Preisgrenze. Es steht der Verdacht im Raum, dass Anbieter ihre Preise künstlich in die Höhe getrieben haben, um möglichst stark von der staatliche Erstattung zu profitieren. Das Bundeskartellamt soll Missbrauch verhindern und prüft Ermittlungen wegen der Preisgestaltung bestimmter Anbieter. „Es ist alles andere als trivial, unter tausenden Versorgern mit verschiedensten Tarifen die schwarzen Schafe ausfindig zu machen. Aber wir kommen sehr gut voran“, sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.

Laut Kartellamt ist seit Ende 2022 eine deutlich vierstellige Zahl an Beschwerden von Bürgern zu den Energiepreisen eingegangen. Die Planung von konkreten Ermittlungsmaßnahmen sei bereits weit fortgeschritten, betonte Mundt.

Wo die Strompreise am teuersten sind

Die Strompreisbremse verringere die Kosten im Osten um durchschnittlich 331 Euro, in Westdeutschland im Schnitt um 160 Euro, wie Verivox der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Demnach liegen die Strompreise für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden in der Grundversorgung in Ostdeutschland ohne Berücksichtigung der Preisbremse aktuell bei jährlich 2154 Euro - in Westdeutschland bei 1878 Euro. Die Preislücke zulasten des Ostens sei damit so hoch wie nie zuvor.

Verivox-Energieexperte Thorsten Storck sagte: „Die großen Strompreisunterschiede zwischen Ost und West lassen sich zum Teil durch den Anstieg bei den Stromnetzgebühren erklären.“ Zum Jahreswechsel seien die Kosten für Betrieb, Unterhaltung und Ausbau des Stromnetzes in Westdeutschland um durchschnittlich 14 Prozent, in Ostdeutschland um 25 Prozent gestiegen. Ursache für die regional unterschiedlich hohen Netzentgelte seien Faktoren wie Industrie- und Bevölkerungsdichte, aber auch die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien.

Laut Auswertung des Portals sind derzeit die höchsten Strompreise in der Grundversorgung in Mecklenburg-Vorpommern fällig - die jährliche Stromrechnung für einen Verbrauch von 4000 Kilowattstunden liege bei 2350 Euro. Das seien knapp 56 Prozent mehr als im günstigsten Bundesland Bremen. Ausgewertet wurden laut Portal die im April gültigen Strompreise in der Grundversorgung für die jeweiligen Bundesländer. Grundversorger ist der Energieversorger, der in einem Netzgebiet die meisten Haushalte mit Strom beliefert. Laut Bundesnetzagentur befand sich 2021 mit 24 Prozent fast jeder vierte Haushaltskunde sowohl bei Gas als auch bei Strom in der Grundversorgung.

Strom- und Gaspreise sinken - Jetzt den Anbieter wechseln?

Den Anbieter für Strom und Gas wechseln: Damit lassen sich oft Energiekosten senken. Andreas Rothgeber aus Tarmstedt hat damit gute Erfahrungen gemacht. Momentan hält er sich aber zurück. Zu Vorsicht rät auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen.

"Beim ersten Mal habe ich für Strom und Gas jeweils bis zu 400 Euro im Jahr gespart", sagt der 54-jährige Familienvater. "Später waren die Effekte nicht mehr ganz so groß, gespart habe ich aber jedes Mal."

Ein Wechsel hat sich also gelohnt. Ausnahme: Als im vergangenen Herbst die Strom- und Gaspreise explosionsartig stiegen, kündigte ihm sein Anbieter fristlos und rückwirkend die Verträge und Rothgeber landete wieder bei seinem Grundversorger. Das war hart für ihn, aber kein Grund, dem Anbieterwechsel abzuschwören. Rothgeber will weiter versuchen, Kosten zu sparen, hält derzeit aber lieber die Füße still.

Energieversorger wechseln: Das rät die Verbraucherzentrale

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen rät, Angebote genau zu prüfen. Ihr zufolge kommen sinkende Energiepreise bei bestehenden Verträgen noch nicht bei den Verbrauchern an. Manche Kunden würden sich deshalb die Frage stellen, ob ein Anbieterwechsel jetzt sinnvoll ist, da Neukundentarife erstmals wieder zu annehmbaren Kosten zu haben seien.

"Dass es jetzt wieder Tarifoptionen gibt, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher natürlich gut - leichtfertig den Vertrag wechseln sollten sie jedoch nicht", rät Energierechtsexpertin Julia Schröder und gibt zu bedenken: "Niemand kann vorhersehen, wie sich die Preise weiter entwickeln. Sich jetzt für 12 oder 24 Monate zu binden, birgt daher auch ein gewisses Risiko."

Vertragsbedingungen gut prüfen

Andreas Rothgeber hält eh nichts davon, sich lange zu binden. Langfristige Verträge geht er nicht ein. Der Tarmstedter setzt vielmehr auf kurze Vertragslaufzeiten mit monatlicher Kündigungsfrist. Den Anbieter jederzeit wechseln zu können, damit ist Rothgeber bisher gut gefahren.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt auch, den Vertragspartner bewusst zu wählen. In den Vergleichsportalen seien jetzt vermehrt auch Tarife von Discount-Anbietern zu finden. "Kundinnen und Kunden sollten die Vertragsbedingungen hier vorab gut prüfen - etwa die Laufzeit, enthaltene Preisgarantien sowie gegebenenfalls die Verrechnung von Boni", so die Energieexpertin Julia Schröder. Auch Erfahrungen mit dem Anbieter und das Insolvenzrisiko sollten bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Internetrecherche sehr wichtig

Um den für ihn optimalen Anbieter zu finden, nutzt Rothgeber Vergleichsportale wie Verivox oder Check 24. "Das geht super einfach und kostet dem Endverbraucher nichts", sagt der 54-Jährige. Den günstigsten Versorger hat der Tarmstedter übrigens noch nie gewählt: "Ich nehme mir die Zeit und recherchiere viel im Internet, schaue, wie Kunden den Anbieter bewerten."

Wer Vergleichsportale nutzt, sollte sich nicht auf die Voreinstellungen verlassen, rät Julia Schröder. Suchfilter sollten immer individuell angepasst werden. "Beispielsweise sollten Tarife mit Vorkasse und Paketpreise komplett ausgeschlossen werden." Auch Boni seien kritisch zu betrachten, da sie meist nur für kurze Zeit gewährt werden.

Nie ohne Versorger

Von Boni lässt Rothgeber die Finger. "Das ist mir zu unsicher", sagt er. Seiner Ansicht nach lohnt es sich im Moment nicht, den Anbieter zu wechseln. Er sei froh, durch einen längerfristigen Vertrag an seinen Grundversorger gebunden zu sein. In besseren Zeiten will er aber wieder vergleichen und wechseln. "Die Sache ist relativ gefahrlos. Wenn es schiefgeht, fällt man immer wieder auf seinen Grundversorger zurück. Man steht nie ohne da." (mit dpa) 

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