Wer glaubt das denn? 7 Fake News, die es zu entlarven gilt

Der niedersächsische Landeswahlleiter sorgt sich um Fake News, die das Vertrauen in die Wahl zum Bundestag erschüttern könnten. (Symbolbild) Foto: Jens Kalaene/dpa
Baerbocks Villa, Scholz‘ Gehalt, eine Klage gegen Merz: Was absurd klingt, wird im Internet erst gefährlich. Das TAGEBLATT zeigt, womit kurz vor der Wahl Stimmung gemacht wird.
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Hannover. Vor der Bundestagswahl glüht das Netz vor Falschmeldungen. Ihm bereite die Zunahme von Fake News Sorge, warnte auch Niedersachsens Wahlleiter Markus Steinmetz in der „Nordwest-Zeitung“. Es gebe auch Anstrengungen, Zweifel an einer ordnungsgemäßen Wahl zu säen und das Vertrauen der Bürger in demokratische Abläufe zu untergraben.
„Das kann irgendwann dazu führen, dass die Menschen nicht mehr bereit sind, das Wahlergebnis anzuerkennen“, sagte Steinmetz. „Es gibt - um das ganz deutlich zu sagen - überhaupt keine ernstzunehmenden Gründe, die Integrität des Wahlprozesses und damit die Ordnungsgemäßheit der Wahlen infrage zu stellen.“
Die Prognose ist, dass die Einflussversuche von außen ein bisher nie gesehenes Maß an Desinformation erreicht haben dürfte, gerade über die sozialen Medien. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) appellierte an Bürgerinnen und Bürger, Informationen aus nicht gesicherten Quellen zu hinterfragen.
Gezielte Falschmeldungen: Baerbock und Habeck im Fokus
Ein Beispiel? Das Bundesinnenministerium geht davon aus, dass in den vergangenen Wochen von interessierter Seite bewusst Falschmeldungen zum Privatleben von Grünen-Spitzenpolitikern verbreitet worden sind. Betroffen waren der Bundeswirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat, Robert Habeck, sowie Außenministerin Annalena Baerbock.
Auf Nachfrage teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit: „Die genannten Posts, die Bundesminister Habeck und Bundesministerin Baerbock betrafen, werden als gezielte Diskreditierung gewertet.“ Gesicherte Hinweise zur Urheberschaft lägen nicht vor.
Schon im November hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor möglichen Versuchen der Einflussnahme anderer Staaten auf die anstehende Bundestagswahl gewarnt. „Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage“, teilte die Behörde damals mit. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen.
Bei der Falschmeldung über ein vermeintliches Fehlverhalten Habecks handelte es sich um ein „Deep Fake“. Darunter versteht man ein mit Hilfe künstlicher Intelligenz generiertes Bild oder Video, das authentisch wirkt, es aber nicht ist.
Doch es geht auch banaler (und absurder), wie diese Auswahl zeigt:
(1) Behauptung über mögliche Wahl-Annullierung ist erfunden
Online verbreitet sich eine angebliche Ankündigung des Bundespräsidenten zur Wahl. „Steinmeier droht: Wahl könnte annulliert werden, wenn die FALSCHE Partei gewinnt“, heißt es auf einem Foto, das sich in sozialen Medien verbreitet. „Neuwahl kann annuliert werden!“ steht noch einmal groß in der Mitte des Fotos.
Bewertung: Nirgends ist eine solche Aussage von Frank-Walter Steinmeier über eine mögliche Annullierung der Wahl und die Bezeichnung einer Partei als „falsch“ zu finden. Es handelt sich um eine freie Interpretation einer Rede, in der der Bundespräsident zu einem fairen Wahlkampf aufruft und sich gegen äußere Einflussversuche ausspricht.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Fakten: Das Foto, das etwa auf Facebook, X oder Tiktok kursiert, stammt von einem Youtube-Video, das die gleiche Behauptung aufstellt. Es ist lediglich eine absichtlich falsche Wiedergabe der Rede, die Steinmeier anlässlich der Auflösung des Bundestages Ende Dezember 2024 hielt. Von der Möglichkeit einer Annullierung der Wahl spricht Steinmeier in seiner Rede nicht. Eine angeblich „falsche Partei“ erwähnt er dort ebensowenig.
Ganz allgemein hätte in Deutschland der Bundespräsident nicht die verfassungsgemäße Macht, ein Wahlergebnis zu annullieren: Jeder Wahlberechtigte kann gegen eine Bundestagswahl Einspruch einlegen. Für die Wahlprüfung ist dann der Bundestag, genauer gesagt der Wahlprüfungsausschuss, zuständig. Gegen eine Entscheidung des Bundestages über eine Wahlprüfung kann Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden.
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(2) SPD-Wahlwerbung über „Flaschenpfand“ ist eine Fälschung
Im Wahlkampf werben die Parteien oftmals mit markanten und einprägsamen Slogans. Über eine vermeintliche Wahlwerbung der SPD heißt es: „Weil kein Rentner hungern sollte: Wir erhöhen den Flaschenpfand!“, lautet die Aufschrift. Ein User, der das Bild bei Facebook teilt, nimmt es offenbar ernst und reagiert mit mehreren sich übergebenden Emojis. Dabei ist die Grafik ein Fake und macht seit Jahren die Runde.
Bewertung: Die Grafik ist eine Fälschung. Auf älteren Versionen ist ein Hinweis auf den mutmaßlichen Urheber zu sehen: Es handelt sich um einen Fake von Uwe Ostertag, einem selbst ernannten Troll und Satiriker.
(3) Villa in Brüssel vor Baerbocks Amtszeit gekauft
Auf Social Media macht das Gerücht die Runde, Annalena Baerbock habe sich mit Steuergeldern eine Villa gekauft. Doch weder gehört ihr das Gebäude noch wurde es während ihrer Amtszeit erworben.
Auf einem Sharepic mit einem Bild der Außenministerin steht: „Wir alle werden zum sparen und verzichten gezwungen und sie kauft sich von UNSEREN STEUERGELDERN eine 8 Millionen Villa.“ (Schreibweise im Original) Social-Media-Nutzer regen sich in den Kommentaren über die Grünen-Politikerin und ihre angebliche Verschwendung von Steuergeldern auf.

Annalena Baerbock (Grüne) bei einem Wahlkampfaufttritt. Foto: Marcus Brandt/dpa
Bewertung: Das Auswärtige Amt erwarb eine Immobilie in Brüssel für rund acht Millionen Euro, jedoch vor Baerbocks Amtszeit.
Fakten: Das Auswärtige Amt bestätigte der Deutschen-Presse-Agentur, dass seit dem Amtsantritt Baerbocks zwei Projekte umgesetzt wurden, eine Dienstwohnung in Oslo und eine Residenz in Brüssel.
Berichte über diese Immobilie in Brüssel finden sich schnell mit einer Google-Suche. Im Oktober 2021 erwarb das Auswärtige Amt dort eine Immobilie - laut Bundesrechnungshof ein „parkähnliches Grundstück in Brüssel mit einem aufwendig ausgestatteten Gebäude“.
Allerdings war das vor der Amtszeit von Annalena Baerbock. Die Grünen-Politikerin trat ihr Amt als Außenministerin erst am 8. Dezember 2021 an. Der Kauf fiel also in die Amtszeit ihres Vorgängers, Heiko Maas (SPD).
Das Auswärtige Amt bestätigte, dass es sich um die Villa handelt, die im Bericht des Bundesrechnungshofes genannt wird. Dieses Gelände kostete acht Millionen Euro und soll als Residenz für die Vertretung vor Ort genutzt werden. Der Bundesrechnungshof kritisierte den Kauf als „unwirtschaftliche Entscheidung“.
(4) Polizeischule statt Scholz-Villa: Immobilienfake im Internet
Ein ähnliches Schicksal ereilte Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Waldbrände, die im Januar die US-Metropole Los Angeles und die umliegenden Gegenden betreffen, haben auch die Häuser vieler Prominenter zerstört. So fielen beispielsweise Immobilien von Sir Anthony Hopkins, Mel Gibson und Paris Hilton den Feuern zum Opfer.
In Videos, die auf TikTok und Youtube kursieren, heißt es nun, dass auch eine Villa von Olaf Scholz in Los Angeles abgebrannt sein soll. Der Wert der angeblichen Kanzler-Immobilie wird auf 90 Millionen Euro beziffert. Mithilfe von Satellitenbildern des Anbieters Google Earth werden Bilder eines Anwesens aus der Vogelperspektive eingeblendet.
Zudem wird behauptet, dass der Bundeskanzler jährlich ein Gehalt in Höhe von einer Million Euro erhält. Daraus ergibt sich laut den Videos die Frage, wie er sich damit eine Villa im Wert von 90 Millionen Euro leisten könne.
Bewertung: Das in den Videos gezeigte Gebäude ist die Polizeischule des Los Angeles Police Departement (LAPD). Sie ist nicht abgebrannt. Olaf Scholz besitzt keine Immobilie und sein Gehalt ist wesentlich geringer als behauptet.
Fakten: Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte eine Sprecherin von Olaf Scholz mit, dass der Bundeskanzler keinerlei Immobilien besitze, sondern zur Miete wohne.
Der Bundeskanzler erhält nach dem Bundesministergesetz ein Amtsgehalt in Höhe von einzweidrittel des Grundgehalts der Besoldungsgruppe B11. Dazu kommen weitere Zulagen sowie eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 24.000 DM (12.271,01 Euro).
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages berechnet - vorbehaltlich einzelner Komponenten, die etwa vom Familienstand des Kanzlers abhängig sind - ein monatliches Bruttogehalt von 21.554,76 Euro. Daraus ergibt sich für Olaf Scholz ein jährliches Bruttogehalt von 258.657,12 Euro, also etwas mehr als ein Viertel der angeblichen Summe.

Es ist öffentlich, was Olaf Scholz verdient. Foto: Michael Kappeler/dpa
Zusätzlich zum Amtsgehalt erhält Olaf Scholz, der 2021 als Direktkandidat in den Bundestag einzog, eine Abgeordnetenentschädigung. Diese ist im Vergleich zu anderen Bundestagsabgeordneten um 50 Prozent gekürzt und beträgt seit dem 1. Juli 2024 5613,60 Euro monatlich. Dazu kommt eine steuerfreie monatliche Kostenpauschale in Höhe von 4012,19 Euro.
Rechnet man all dies zum Bruttogehalt hinzu, ergibt sich ein jährlicher Gesamtverdienst von 374.166,54 Euro, davon 48.146,28 Euro steuerfrei. Dazu können zweckgebundene Zahlungen wie Tagesgelder oder Reisekostenerstattung kommen. Von einem jährlichen Gehalt in Höhe von einer Million Euro, wie im Video behauptet, ist der Bundeskanzler also weit entfernt.
Studie: Fake News führen bei Jüngeren zu Spannungen im Umfeld
Falschnachrichten führen bei jüngeren Menschen einer Befragung zufolge häufig zu Streit in der Familie oder im Freundeskreis. Vier von zehn Befragten unter 40 Jahren gaben demnach an, dass Desinformationen zu Reibereien im privaten Umfeld geführt hätten, wie eine Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) ergab.
Zwei Drittel aller Befragten sind der Meinung, dass Fake News ein großes gesellschaftliches Problem darstellten. Bei den über 50-Jährigen vertreten diese Ansicht sogar 77 Prozent und damit mehr als drei Viertel. Das NIM hat für die Studie im März dieses Jahres mehr als 2000 Menschen befragt, die repräsentativ für die deutschsprachige Bevölkerung stehen.
Die Studie ergab zudem, dass 20 bis 25 Prozent der Menschen Fake News auch in etablierten, reichweitenstarken Medien wähnen.
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(5) Robert Habeck winkt auf Foto
Robert Habeck soll bei seiner Ernennung zum Grünen-Spitzenkandidaten mit ausgestrecktem Arm abgelichtet worden sein. Nutzer interpretieren diese Geste in ihren Posts als Hitlergruß. Stimmt das?
Bewertung: In anderen Aufnahmen der Szene ist klar zu sehen, dass Robert Habeck ins Publikum winkt.
Fakten: Das Foto entstand am 17. November 2024 auf dem Parteitag der Grünen in Wiesbaden nach der Verkündung der Wahlergebnisse. Ein Livestream des Nachrichtensenders „Welt“ zeigt die komplette Szene, in der auch das Foto aufgenommen wurde. Nach der Wahl zum Kanzlerkandidaten betritt Robert Habeck dabei gemeinsam mit Annalena Baerbock die Bühne. Dann winkt er mit seiner rechten Hand den Grünen-Mitgliedern im Saal zu. Später hebt er auch den anderen Arm und streckt seine beide Daumen hoch.
Der Kontext im November in Wiesbaden zeigt, dass Habeck sich für das Wahlergebnis auf dem Bundesparteitag bedankt und den Delegierten zuwinkt. Von dieser Szene gibt es ein weiteres Bild, das der „Spiegel“ veröffentlichte. Auf diesem Bild ist zu sehen, wie Habeck seine Hand zum Winken erhebt und nicht den verbotenen Hitlergruß zeigt.
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(6) Kein Hinweis auf Geldstrafe für Friedrich Merz
Screenshots mögen echt wirken, doch sie können auch in die Irre führen: So existiert weder ein Urteil über eine angebliche Schmähung von Friedrich Merz - noch ein Artikel eines Blogs darüber.
Es ist eine Nachricht über ein angebliches juristisches Verfahren, das mit den CDU-Chef zu tun haben soll: „Ein Urteil, das für Fassungslosigkeit sorgt: Eine Frau wurde vom Gericht zu einer Geldstrafe von 170.000 Euro verurteilt, weil sie CDU-Chef Friedrich Merz öffentlich als „gefährlichen Kriegstreiber“ bezeichnet hatte“, heißt es auf einem Screenshot, der einen Artikel des Blogs „Report24“ vom 17. Dezember zeigen soll.

Friedrich Merz, CDU-Kanzlerkandidat, führt mit der Union in allen Wahlumfragen. Foto: Hannes P Albert/dpa
Bewertung: Ein solches Urteil ist nicht bekannt. Es gibt keinen Beleg dafür, dass es existiert. Es findet sich kein Artikel bei „Report24“ zu dem Thema. Der Ursprung des Screenshots ist unklar.
Fakten: Es finden sich keine seriösen Nachrichtenberichte über eine Verurteilung einer Frau zu einer Geldstrafe von 170.000 Euro, weil sie Friedrich Merz einen „gefährlichen Kriegstreiber“ nannten. Über Online-Suchmaschinen sind ebenfalls keine Berichte auffindbar. Ein Sprecher von Friedrich Merz teilte dpa ebenfalls mit, es sei „kein derzeitiger Fall bekannt“.
Es ist unklar, woher der kursierende Screenshot in der Optik eines Artikels des Blogs „Report24“ stammt. Zudem handelt sich bei „Report24“ nicht um ein bekanntes, etabliertes Nachrichtenmedium. Der Blog hat in der Vergangenheit mehrfach Falschinformationen verbreitet. Auf eine dpa-Anfrage zu dem kursierenden Screenshot reagierte „Report24“ nicht.
(7) Zitat erfunden - Schweinefleisch gibt es weiterhin im Supermarkt
Mal wieder wird einem Grünen-Politiker ein kontroverses Zitat unterstellt. Im Internet ist es einfach, jemandem Worte in den Mund zu legen, die er nicht gesagt hat. So verbreitet sich ein Foto von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir zusammen mit einem angeblichen Zitat. Er habe „aus Respekt vor allen Muslimen“ gefordert: „Kein Schweinefleisch mehr in Supermärkten.“ Das will jedenfalls das beschriebene Foto zum Ausdruck bringen.
Bewertung: Es gibt keine Belege für eine derartige Forderung von Cem Özdemir.
Fakten: An keiner Stelle ist bei dem Sharepic eine Quelle genannt, wann oder in welchem Kontext Cem Özdemir derartiges gefordert haben soll. Ein Sprecher des Ministers teilte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit: „Es handelt sich hierbei um Fake News! Eine solche Forderung ist weder so noch in ähnlicher Art und Weise gefallen.“
Eine so weitreichende Forderung aus einem Bundesministerium müsste eigentlich Reaktionen in Politik, Gesellschaft und Medien auslösen. Regierungs- und Oppositionsparteien würden sich äußern, Produzenten, Konsumenten und Verbände ihre Meinung kundtun und Medien würden zum Beispiel darüber berichten, inwiefern der Vorschlag umgesetzt werden könnte. Nichts davon ist geschehen.
Noch im April sprach sich Özdemir für Tierhaltung zur Fleischproduktion aus: „Meine Aufgabe ist es, für gute Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu sorgen, damit auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland kommt.“ Dazu sollen Betriebe, die „ihre Tiere besser halten wollen“, unterstützt werden. Dies soll zunächst in der Schweinehaltung umgesetzt werden. Der Handel habe wiederholt klargemacht, künftig auf höhere Haltungsformen zu setzen. Von einem Schweinefleischverbot im Supermarkt war also nie die Rede.
Vertrauen der Niedersachsen in Politik schwindet
Einer Studie zufolge schwindet in Niedersachsen das Vertrauen in die Politik. „Die Menschen in Niedersachsen sind staatstragend, aber zunehmend unzufrieden“, sagte der Direktor des Instituts für Demokratieforschung der Universität Göttingen, Simon Franzmann.
Für den sogenannten niedersächsischen Demokratie-Monitor (NDM) wurden Ende vergangenen Jahres 1.000 Menschen ab 16 Jahren in Niedersachsen befragt. Die drei größten Probleme aus Sicht der Befragten: Migration, Klimakrise und steigende Energiepreise. 52 Prozent der Befragten hätten das Gefühl gehabt, die Politik ignoriere diese Probleme; 2021 waren es noch 37 Prozent.
Besonders massiv sei in den vergangenen zwei Jahren das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker gesunken: von 60 Prozent im Jahr 2021 auf 12 Prozent. Auch das Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien (von 69 auf 40 Prozent) und den Verfassungsschutz (von 76 auf 50 Prozent) habe stark gelitten.
Das Vertrauen zu den Institutionen auf allen politischen Ebenen hat sich laut den Daten im Vergleich zum Vorjahr nur zum Bundespräsidenten um einen Prozentpunkt verschlechtert, der mit 61 Prozent das größte Vertrauen unter den politischen Institutionen genießt. Bei allen anderen ist das Vertrauen unverändert geblieben oder wenige Prozentpunkte gewachsen. Das mit Abstand geringste Vertrauen haben in dem Ranking wie Ende 2023 die Bundesregierung und der Bundeskanzler mit je 22 Prozent sowie die politischen Parteien mit 15 Prozent.
Mit Blick auf die vergangenen vier Jahre erleben Bundesregierung und Bundeskanzler auch die größten Vertrauensrückgänge mit einem Minus von 41 beziehungsweise 53 Prozentpunkten. Insgesamt stagniert jedoch die negative Trendentwicklung beim Vertrauen in politische Institutionen seit Ende 2020.
Das geht aus dem „Institutionen-Vertrauensranking“ hervor, einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von RTL und ntv. (dpa/Faktencheck)