Schwere Verläufe: Hier schlägt die Grippewelle „außergewöhnlich“ zu

Nach wie vor sind ungewöhnlich viele Schulkinder krank. (Symbolbild) Foto: Philip Dulian/dpa
Es ist längst keine einfache Erkältung: In der aktuellen Krankheitswelle tritt ein weiterer Influenza-Typ auf - mit diesen Folgen.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Berlin. Rund 7,9 Millionen Menschen in Deutschland leiden derzeit an einer akuten Atemwegsinfektion. Nach wie vor gibt es unter Schulkindern ungewöhnlich viele Krankheitsfälle, wie es in einem aktuellen Bericht des Robert Koch-Instituts heißt.
Im Vergleich zur Vorwoche sei die Zahl der Neuerkrankungen bei Schulkindern und den 35- bis 59-Jährigen leicht gestiegen, in allen anderen Altersgruppen gesunken. Das RKI geht von etwa 2,1 Millionen Arztbesuchen wegen einer akuten Atemwegserkrankung aus. Der Bericht bezieht sich auf die Woche vom 3. bis zum 9. Februar.
In Niedersachsen ließen sich in fast der Hälfte (47 Prozent) aller Proben aus Arztpraxen von Patientinnen und Patienten mit einer Atemwegserkrankung Influenzaviren nachweisen, sagte ein Sprecher des niedersächsischen Landesgesundheitsamtes. Das zeige, dass diese derzeit die dominierenden Erreger seien – und zwar über den Höchstwerten des Vorjahres. „Es ist eine heftige Saison“, sagte er.
Zahl der schweren Verläufe höher als sonst
Die Zahl der Menschen, die mit einem schweren Krankheitsverlauf ins Krankenhaus kamen, befand sich im Vergleich zu durchschnittlichen Jahresverläufen auf einem hohen Niveau, wie die Experten informierten. Die Werte ähnelten denen des Vorjahres zu dieser Zeit. In der Altersgruppe der Schüler sei das Niveau trotz eines Rückgangs weiterhin „außergewöhnlich hoch“.
Deutlich angestiegen ist auch die Zahl der 5- bis 14-Jährigen, die wegen einer Grippe, Corona oder einer anderen akuten Atemwegserkrankung zum Arzt mussten.
Vor allem die heftige Grippewelle hält viele Menschen in Schach. Nach Angaben des RKI werden vermehrt Influenza B-Viren nachgewiesen. Influenza-B-Viren lösen in der Regel leichte bis mittelschwere Erkrankungen aus, wie das Universitätsklinikum Heidelberg informiert. Vor allem Influenza-A-Viren könnten große Grippe-Wellen verursachen. Sie seien verantwortlich für leichte bis schwere, lebensbedrohliche Krankheitsverläufe. Die Symptome der beiden Typen unterscheiden sich aber grundlegend nicht.
Schule gerät in Schwierigkeiten
Der hohe Krankenstand macht sich auch an den Schulen bemerkbar. „In jeder Klasse fehlen im Schnitt zwei bis drei Schüler“, sagte Stefan Düll, Gymnasialschulleiter in Neusäß bei Augsburg und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Auch deutschlandweit berichteten viele Schulen von einer erhöhten Zahl an Grippefällen.
„Es ist ein echtes Problem gerade“, so Düll - denn auch viele Lehrerinnen und Lehrer seien krank. In den Randstunden müsse daher immer wieder Unterricht ausfallen, bei älteren Schülern auch mitten am Tag.
Krankenkasse bietet Grippe-Hotline an
An das RKI wurden in dieser Saison bislang 456 Todesfälle mit einer Influenza-Infektion übermittelt. Der Großteil der Verstorbenen (91 Prozent) war 60 Jahre oder älter.
Für Fragen rund um Influenza bietet die Barmer-Krankenkassen allen Bürgerinnen und Bürgern kostenlose Beratungsgespräche am Telefon an. Die Hotline sei täglich von 6 bis 24 Uhr unter der Rufnummer 0800 84 84 111 erreichbar. Der Teledoktor kann laut Barmer zum Beispiel darüber aufklären, wie sich eine Grippe von anderen Krankheiten unterscheidet und was im Krankheitsfall am besten zu tun ist.
Paracetamol-Challenge: Warnung vor gefährlichem TikTok-Trend
Ein lebensgefährlicher Social-Media-Trend verbreitet sich aktuell in Europa. Der Pharmaverband Deutschland warnt vor der sogenannten „Paracetamol-Challenge“, die vor allem auf TikTok populär geworden ist. Dabei nehmen Jugendliche absichtlich überhöhte Dosen des Schmerzmittels Paracetamol ein und dokumentieren dies in Videos.

Paracetamol wird angeordnet, um Schmerzen zu lindern und Fieber zu senken. Es wird häufig bei milden bis mäßigen Beschwerden eingesetzt, wenn keine entzündungshemmende Wirkung erforderlich ist. Foto: Patrick Pleul
Nach Angaben des Verbandes stammt der Trend ursprünglich aus den USA und hat sich nun auch in Belgien und der Schweiz ausgebreitet. Ziel der riskanten Mutprobe ist es, eine möglichst hohe Menge Paracetamol zu konsumieren und dies zu „überleben“. Diese Praxis reiht sich in eine Reihe gefährlicher Social-Media-Trends ein, die in der Vergangenheit bereits tödlich endeten, teilt das Ärzteblatt mit.
Schwere Gesundheitsschäden drohen
Elmar Kroth, stellvertretender Hauptgeschäftsführer von Pharma Deutschland, betonte, dass Paracetamol bei korrekter Dosierung ein sicheres und wirksames Schmerzmittel sei. Eine absichtliche Überdosierung könne jedoch gravierende Folgen haben. „Eine massive Überdosierung kann die Leber irreparabel schädigen oder sogar zum Tod führen“, erklärte Kroth.
Der Verband ruft Eltern dazu auf, mit ihren Kindern über die Gefahren solcher Trends zu sprechen. Jugendliche sollten sich der tödlichen Risiken bewusst werden, die mit der „Paracetamol-Challenge“ einhergehen. Auch Schulen und Jugendorganisationen sind aufgerufen, über den verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten aufzuklären. (dpa/feh)