Plastik im Grünabfall: Landkreis Stade schlägt Alarm

Nur Gras- und Heckenschnitt? Mehr und mehr finden sich Fremdstoffe im Stader Grünmüll. Foto: Landkreis Stade
Was haben Plastiktüten und Jägerzäune im Grünabfall zu suchen? Nach dem Biomüll kommt es jetzt zu einer Häufung von Problemen mit dem Rasen- und Heckenschnitt in den Abfallannahmestellen im Landkreis Stade.
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Landkreis. Plastik, Töpfe und Gartengeräte im Grünabfall? Immer öfter finden die Mitarbeiter der Abfallannahmestellen des Landkreises Stade im angelieferten Müll Materialien, die dort nicht hingehören.
Hauptsächlich handele es sich um Plastiktüten, Gartenabfallsäcke oder Pflanztöpfe, berichtet der Landkreis Stade. Genauso problematisch seien aber auch Gartengeräte, Unkrautfolien, Bauhölzer oder Anbindematerialien.
Diese Störstoffe müssten dann aufwendig aussortiert werden. Deshalb bittet die Behörde eindringlich, die Sortenreinheit der Grün- und Gehölzabfälle einzuhalten.
Gerade im Frühjahr 2025 ist der Landkreis für die Teilnahme am Gütezeichen Kompost ausgezeichnet worden. Bereits seit 20 Jahren nimmt er mit dem Abfallwirtschaftszentrum Stade-Süd daran teil. „Uns ist es wichtig, dass wir auch weiterhin einwandfreie Kompostprodukte an unsere Bürgerinnen und Bürger abgeben möchten“, sagt Betriebsleiter Michael Nicolai.
Was gehört zum Grün- und Gehölzabfall?
- Strauch- und Heckenschnitt
- Rasenschnitt
- Gehölzschnitt (maximal zehn Zentimeter Durchmesser), Rinden, Sägespäne vom Gehölzschnitt
- Laub
- Unkraut, Grassoden und -narbe mit überwiegendem Grasanteil
- befallene Pflanzenteile, etwa von Buchsbaumzünsler, Kastanienminiermotte, Jakobskreuzkraut
- Pflanzenreste aus Gemüsebeeten (kein Gemüse)
Was sind Störstoffe?
- Küchen- und Speisereste
- Stroh, Heu, Reet
- Gehölze über zehn Zentimeter
- Steine, Boden, Grassoden und Grasnarbe mit überwiegend Bodenanhaftungen
- Gartengemüse und -obst sowie Fallobst
- Bauholz, Jägerzäune, Palisaden, Unkrautflies und -folie
- Gartengeräte, Handschuhe, Bindedraht, Bänder
- Plastiktüten und Gartenabfallsäcke
Sind ihre Buchsbäume dem Zünsler zum Opfer gefallen? Der Landkreis Stade nimmt an seinen Abfallannahmestellen befallene Buchsbäume als Grünabfall an – ohne irgendwelche Verpackungsvorschriften.
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Wer weitere Fragen zum Grünmüll hat, kann sich an die Abfallberatung des Landkreises Stade wenden. Wer selbst im eigenen Garten kompostieren möchte, bekommt bei den Abfallberaterinnen kostenlos die „Kleine Kompostfibel“. Sie steht auch online zum Herunterladen bereit: abfall.landkreis-stade.de.
Lagerstätte eigenes Grundstück: Über Grenzen des Erlaubten
Müll, Abfall, Dreck: Egal, wie man es nennt, eines haben rostende Autos, alte Reifen, Bauschutt und gebrauchte Farbdosen gemeinsam. Sie schaden der Umwelt und sehen übel aus. Dennoch liegt solches Material mitunter auf Privatgrundstücken. Was darf dort lagern und wann drohen Probleme?
Auf ihrem Grund und Boden dürfen Eigentümer machen, was sie wollen. Dieser Grundsatz leitet sich aus dem Grundgesetz ab. Die dort garantierte Freiheit des Eigentums gilt in Sachen Abfall und Lagerung aber nur bedingt.

Altreifen gehören entsorgt, nicht einfach liegen gelassen. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa-tmn
„Die Schranke setzen andere gesetzliche Bestimmungen“, sagt Rechtsanwalt Thomas Pliester aus Mönchengladbach. Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein. Zentrale Vorschrift ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es regelt nicht nur den Umgang mit Müll, sondern schreibt auch vor, dass Abfall prinzipiell nicht auf eigenem Land lagern darf. Außerdem spielt das Baurecht eine Rolle.
Wertlos und gefährlich - das geht nicht
Grob gesagt gilt als Abfall, was wertlos ist und auf die Deponie gehört. Schon da gehen die Ansichten auseinander: Bastler werden in fünfzig kaputten Rasenmähern ein wertvolles Ersatzteillager sehen, die Nachbarn dagegen einen ärgerlichen Schrotthaufen.
Wegen der unterschiedlichen Vorstellungen leiten Experten aus dem Gesetz ein anderes, nachprüfbares Kriterium ab: die Gefahr für Mensch und Natur. „Das ist der kleinste gemeinsame Nenner“, sagt Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor des Eigentümerverbands Haus und Grund Rheinland Westfalen mit Sitz in Düsseldorf.
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Damit ist die Grenze des Erlaubten umrissen. Bretter, Papier, alte Möbel, Fahrradleichen, Steine, Metall, Gartenabfälle und ähnliches dürfen im Prinzip auf dem eigenen Grundstück herumliegen - solange sie kein Umweltrisiko darstellen.
Dagegen ist das Lagern von zum Beispiel Asbest, Farben, Lacken, Benzin, Öl, giftigen Gasen, Autos, Reinigungsmitteln, Heizungsradiatoren, Sperrmüll oder unsortiertem Bauschutt verboten, weil schädliche Stoffe ins Grundwasser eindringen könnten, sagt Amaya. Auch Altreifen haben aus Umweltschutzgründen nichts auf dem Hof und im Garten zu suchen.
Behörden prüfen beim Ortstermin
Dorthin gehört außerdem nichts, was Keime entwickelt. Etwa Grünabfall. Der stinkt nicht nur, sondern lockt auch Ratten, Mäuse, Marder und Ungeziefer an. Dann droht meist Ärger mit den Nachbarn. Oft informieren sie die Ordnungsbehörden.
Diese kommen häufig zur Ortsbesichtigung vorbei. Kontrolliert wird, ob eine objektive Beeinträchtigung vorliegt oder ob lediglich die Meinungen über die Gestaltung eines Gartens auseinandergehen. Im ersten Fall haben Nachbarn Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung der Störung, wie Amaya erläutert. Der Abfall-Eigentümer muss Abhilfe schaffen und sich darum kümmern, dass weder Gestank noch Schädlinge aufs andere Grundstück gelangen. Wie er das hinbekommt, ist seine Sache. Es muss nur funktionieren.
Im zweiten Fall geht es um Geschmack und Optik. Hier haben Ämter wenig Eingriffsmöglichkeiten und der monierte Unrat kann meistens bleiben, wo er liegt. „Die Freiheit des Eigentums wird höher bemessen als die Befindlichkeit von Nachbarn“, sagt Amaya. Dass die sich hinterher untereinander nicht mehr grün sind, steht auf einem anderen Blatt. Zur Vermeidung solcher Schwierigkeiten hat Amaya einen Tipp: „Das Gespräch mit dem betroffenen Eigentümer suchen. Manches Müllproblem lässt sich so beseitigen.“
Grenzwertige Lagerhaltung
Manchmal kommen sammelfreudige Eigentümer auch in Konflikt mit dem Baurecht. Als Beispiel nennt Thomas Pliester gehortete Klinker. Einerseits kann deren Lagerung in Ordnung sein, wenn die Steine irgendwann für die Hausfassade verwendet werden sollen. Andererseits könnte es auf gewerbliche Lagerhaltung hindeuten, wenn Steine verschiedener Sorten gestapelt sind.
„Im Wohngebiet ist gewerblicher Handel baurechtlich unzulässig“, sagt Pliester. Im Unterschied zu den verschiedenen Klinkern sei ein nie fertig werdendes Gebäude zwar ein Stein des Anstoßes für Nachbarn. Dagegen tun können sie allerdings nichts. Das Abstellen von Anhängern und Fahrrädern driftet ebenfalls ins Baurecht ab und kann, abgesehen von den Eigentümern nebenan, die Behörden auf den Plan rufen.
Müllsündern droht hohes Bußgeld
Sie greifen spätestens bei potenziellen Risiken für Mensch und Umwelt ein. Üblicherweise ordnen sie in solchen Fällen die Beseitigung des Unrats oder der abgestellten Gegenstände an. Grundstückseigentümer bekommen eine Frist gesetzt, bis zu der sie alles ordnungsgemäß entsorgen müssen. Meist mit der Auflage, das auch nachzuweisen. Darüber hinaus steht ein Bußgeld von bis zu 100 000 Euro im Raum. Denn die illegale Ablagerung von Müll ist eine Ordnungswidrigkeit.
Wie viel Müllsünder zahlen, hängt zum einen von der Menge und Art des Abfalls ab. Zum anderen davon, ob die Behörden Vorsatz, also Absicht, oder Fahrlässigkeit erkennen. Hinzu kommen Streit und mögliche Gerichtsverfahren mit Nachbarn. Das ist ganz schön viel Ärger dafür, dass man zu bequem war, Sperrmüll rauszustellen oder zur Deponie zu fahren.
Wer wissen will, wie‘s richtig geht: Zahlreiche Kreise und Kommunen informieren auf ihren Internetseiten über richtige und falsche Abfallentsorgung und die Folgen für die Bürger. (fe/pm/dpa)