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Verkehr

Verkehrssenator: Autoverkehr in Hamburg seit vielen Jahren rückläufig

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks enthüllt während einer Pressekonferenz zur neuen U-Bahnlinie U5 Namen einer neuen Station.

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks enthüllt während einer Pressekonferenz zur neuen U-Bahnlinie U5 Namen einer neuen Station. Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburgs Verkehrssenator sieht die Mobilitätswende bereits auf einem gutem Weg, mit einer langsam schwindenden Bedeutung des Autos in der Stadt. Große Teile der Opposition halten ihm eine ideologisch motivierte „autofeindliche Politik“ vor.

Von Redaktion Mittwoch, 29.11.2023, 06:00 Uhr

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Hamburg. Der Autoverkehr in Hamburg hat aus Sicht von Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) seinen Zenit längst überschritten - und das trotz jährlich zunehmender Bevölkerung. „So hat sich der Kfz-Verkehr auf Hamburgs Stadtstraßen seit 2000 um rund 19 Prozent reduziert, obwohl Hamburgs Bevölkerung in dieser Zeit um 10 Prozent gewachsen ist“, sagte Tjarks am Dienstag bei der Präsentation einer Senatsstrategie zur Mobilitätswende. Im gleichen Zeitraum sei der Radverkehr um 120 Prozent angestiegen und der öffentliche Personennahverkehr habe bis 2019 um mehr als 60 Prozent zugelegt - und sei nach der Coronadelle wieder auf dieses Rekordniveau zurückgekehrt.

Die allmählich rückläufige Bedeutung des Autos zeigt sich auch in anderen Zahlen: „Wurden 2008 noch 39 Prozent der Wege mit dem privaten Pkw erledigt, waren es 2022 nur noch 32 Prozent“, so der Senator. Im Gegenzug seien 68 Prozent der Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder per Bus und Bahn zurückgelegt worden, dem so genannten „Umweltverbund“. Erklärtes Ziel des Senats: Bis 2030 sollen nur noch 20 Prozent der Wege per Auto erfolgen.

‚Hamburg will Fahrradverkehr und ÖPNV stärken

Um dieses Ziel zu erreichen, hat der rot-grüne Senat nun eine Vielzahl im wesentlichen bekannter Maßnahmen in einem rund 80-seitigen Strategiepapier zur Mobilitätswende gebündelt. Das Papier identifiziert zehn Handlungsfelder, deren wichtigste den weiteren Ausbau und eine höhere Attraktivität des Nahverkehrs sowie eine weitere Stärkung des Fahrrad- und Fußverkehrs betreffen. Ausdrücklich betonte Tjarks, dass es aber nicht um eine vollständige Verdrängung des Autoverkehrs gehe: „Auch im Jahr 2030 werden wir natürlich Autos in der Stadt haben und es geht natürlich darum, sie möglichst emissionsfrei, lokal emissionsfrei zu haben.“

Die Verkehrssprecherin der Linken-Fraktion, Heike Sudmann, hält derweil die Ziele des Senats für nicht erreichbar. „Die großen U- und S-Bahn-Projekte werden bis 2030 noch lange nicht fertig sein. Bleibt also nur der Busverkehr für mehr ÖPNV. Doch SPD und Grüne sind zu mutlos, um dem Bus mehr Platz zu verschaffen“. Zudem erneuerte Sudmann die Forderung, der Senat möge mit der Planung von Straßenbahnen beginnen. Das koste weniger als teure Schnellbahnprojekte.

Kritik: „Autofeindliche Politik“ statt Mobilitätswende

Dagegen wirft die Opposition im Hamburger Rathaus Tjarks eine autofeindliche Politik vor. „Die sogenannte rot-grüne ‚Mobilitätswende‘“ zeichnet sich in Hamburg vor allem durch mehr Baustellen, Dauerstau, steigende Unfallzahlen und eine Anti-Autofahrer-Politik aus“, kritisierte der Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft, Dennis Thering. „Die großen Problemfelder bleiben auch mit den heute vorgestellten Handlungsfeldern ungelöst: Die Stau- und Baustellenproblematik, Behinderung der Wirtschaftsverkehre, Parkplatzabbau und das stark kritisierte Anwohnerparken.“

Ähnlich äußerte sich die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein: „Der Verkehrssenator versucht wortreich eine Strategie vorzustellen, deren Komplexität offenbar sein ideologisches Ziel der Zurückdrängung des Autoverkehrs verdecken soll.“ Zunehmende Verödung von Stadtteilzentren und City durch Straßenverengung und Parkplatzabbau, Staus auf wichtigen Hauptstraßen seien die „wahre Bilanz dieses Verkehrssenators“. AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann sprach von einem „verkehrspolitischen Etikettenschwindel“ des Senats. „Das ist nichts anderes als eine einseitige Anti-Auto-Wende. Der motorisierte Verkehr wird von Tjarks bewusst an den Rand gedrängt und unverhältnismäßig stark behindert.“

Hamburg hofft auf Fördermittel für U5

Keine größeren Sorgen bereiten dem Verkehrssenator derweil die erheblichen finanzpolitischen Unsicherheiten nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. „Über die Auswirkungen des Urteils im Bundesverfassungsgerichts wird ja viel diskutiert“, sagte Tjarks. „Wir können natürlich nicht alles absehen. Dafür ist das auch noch zu früh“, sagte Tjarks weiter. „Aber wir müssen jetzt auch mal ein bisschen cool bleiben und unsere Projekte weiterverfolgen. Die Bahn im Übrigen macht es genauso. Auch die Bahn verfolgt alle Projekte weiter mit Hochdruck.“

Einer der größten Brocken beim geplanten Ausbau des Hamburger Schnellbahnnetzes und ein Kernprojekt der Mobilitätswende in der Hansestadt ist die neue U-Bahnlinie 5, für die der Senat nach Angaben aus dem September bis 2040 mit Gesamtkosten zwischen 14 und 16,5 Milliarden Euro rechnet. Für dieses Projekt ist die Bundesförderung noch nicht in trockenen Tüchern. Hamburg erhofft sich bei dem Projekt eine Bundesunterstützung in Höhe von 70 Prozent.

A
Alexander Brose
29.11.202309:50 Uhr

Vielen Dank an die Redaktion, die diesen Artikel mit einem kritischen Absatz bedacht hat. Gerne öfter so. Vom TAGEBLATT erhoffe ich mir als Abonnent mehr als nur durchgereichte Positionen (wie im jüngsten Artikel zum A1- und A26-Ost-Ausbau).

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