Wie zwei Vereine altes Wissen über Obst bewahren

Peter Schleßelmann (links) mit drei Sorten Apfelgeist in der Hand, den es unter anderem bei Gretchens gibt, und Peter Hoffmann mit einem Hornbörger Pannkoken wollen Wissen über alte Obstsorten sammeln. Foto: Lankuttis
Sie wollen altes Wissen über Obst in Horneburg und im Alten Land vor dem Vergessen bewahren. Die Familieninitiative Kunterbunt und der Seniorenverein Methusalem wollen Rezepte, Fotos und Geschichten sammeln, um ein Buch zu veröffentlichen.
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„Alte Schätze - Obst in Horneburg und Umgebung“ heißt das Projekt. Die Zusammenarbeit der beiden Vereine sei eine „Symbiose der Generationen“, sagt Peter Hoffmann, der Vorsitzende von Methusalem: „Die alten Leute können sich mit ihrer Geschichte einbringen.“
Horneburger bewahren alte Apfelsorten
Das Fachwissen hat Peter Schleßelmann von der Familieninitiative. Er kümmert sich schon seit rund 15 Jahren um alte Apfelsorten. Unter seiner Regie pflegt und pflanzt die Familieninitiative alte Obstbäume, produziert Saft und lässt sortenreinen Apfelgeist brennen. „Wer das Alte erhalten will, muss es nutzen“, sagt der vierfache Vater.
Seine Begeisterung hat sich auf die Senioren übertragen, als sie eine Apfeltour mit ihm gemacht haben, die Streuobstwiesen beguckten und Äpfel probierten. „Auch der Apfelschnaps ist gut angekommen“, sagt Hoffmann augenzwinkernd.
Er selbst hat jetzt einen anderen Blick, etwa auf den alten Coulon-Apfelbaum in Schenks Garten neben dem Burgmannshof. Er sei 100 Jahre alt und der einzige dieser Sorte in der Region, das Überbleibsel eines Obsthofes. „Wir wollen mittun, damit diese Apfelära nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Hoffmann.
Wissen um den Hornbörger Pannkoken zusammentragen
Das Interesse ist da, wie eine Auftaktveranstaltung in der Nordic Edelbrennerei gezeigt hat. Etwa 30 Leute, fast alles Methusalem-Mitglieder, haben laut Hoffmann viel erzählt von ihrer Jugend, wie sie in hohen Bäumen Äpfel gepflückt haben und wie das war mit dem Umsetzen der Leiter.
Nicht nur das Alte Land, auch Horneburg hat eine Apfeltradition. So ist auch die Sorte Hornbörger Pannkoken 1840 aus einem Zufallssämling am Marschdamm entstanden und besonders gut zum Backen geeignet. „1938 war die Sorte auf Platz eins beim Anbau im Alten Land“, sagt Schleßelmann.
Damals gab es noch 62 Sorten in der Statistik. „Der Geschmack der alten Sorten ist besser“, sagt der engagierte Mann. Das Wissen um die alten Sorten solle nicht verloren gehen, die jüngere Generation googele eher als Opa zu fragen. Deshalb suchen die beiden Vereine jetzt „alte Schätze“ im Gedächtnis oder auf den Dachböden: Welcher Apfelkuchen schmeckt aus dem Hornbörger Pannkoken am besten? Wer hat seltene, alte Sorten im Garten? Wo waren früher in Horneburg die Obsthöfe? Welche Birnen gehören in den Grünkohl? Ein Koch- und Backbuch mit Geschichten soll entstehen.
1972 war der Horneburger Apfel mit einem Anteil von vier Prozent noch wichtiges Exportgut. Der langjährige Obstbauberater Gerd Meyer erinnerte sich noch, dass Früchte der großfruchtigen Sorte noch bis Ende der 1960er Jahre einzeln in blaues Papier gewickelt wurden - für den englischen Markt.
Die Methusalems haben 750 Euro für das Buch in ihrem Budget eingeplant. Hoffmann ist zuversichtlich, noch Sponsoren zu finden. Der 68-Jährige kennt den Obstbau auch aus seiner Kindheit: Sein Vater habe in Horneburg nebenbei unter anderem Pannkoken und Gravensteiner angebaut.
Apfelfest und weitere Pflanzungen in Planung
Die Methusalems wollen außerdem ein Fest - vielleicht auf dem Platz „Im großen Sande“ - ausrichten, wo verschiedene Rezepte probiert werden können, sagt der Vorsitzende, der selbst einen Apfelkuchen backen will. Zudem will der Verein regelmäßig Obstbäume alter Sorten stiften.
In diesem Jahr sollen zwei in der Nähe des sogenannten Buttermilchgrabens beim Seniorenhaus gepflanzt werden. Pro Baum mit Pfahl rechnet er mit Kosten von etwa 170 Euro. „Der Knackpunkt ist die Pflege, das macht der gute Peter.“ Für Peter Schleßelmann sind die alten Sorten eine Herzenssache, die ihn schon bis auf einen Apfelkongress nach Kasachstan geführt hat. Auf einem Obsthof in Jork aufgewachsen, habe er schon als Kind Hornbörger Pannkoken auf alten Hochstämmen beschnitten, sagt der Sparkassen-Betriebswirt. Sie könnten 80 bis 100 Jahre alt werden, müssten aber gepflegt werden, so der Experte.
Wie der Lühedeich mit großen Obstbäumen vor 100 Jahren ausgesehen hat, zeigt er auf alten Postkarten und gerät ins Schwärmen. An der Hafenstraße in Horneburg soll es mal aussehen wie auf früheren Obsthöfen: 60 Obstbäume will die Familieninitiative pflanzen.
Kontakt: peter@schlesselmanns.de oder 0151/42320339, und p.h.h@web.de oder 04163/ 3236 und 0176/45827824.