Bizarre Betrugsmasche: Vermeintliche Polizisten erbeuten in Stade mehr als 10.000 Euro

Telefonbetrüger bedienen sich immer wieder neuer Maschen, um Menschen übers Ohr zu hauen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Telefonbetrüger lassen sich die abenteuerlichsten Geschichten einfallen, um an die Besitztümer von Bürgern zu kommen, wie der neueste Fall aus Stade zeigt. Auch in Cuxhaven ist ein Mann Schockanrufern auf den Leim gegangen - Schaden: 100.000 Euro.
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Stade. Die Polizei Stade berichtet am Freitag von einem kuriosen Fall von Telefonbetrug. Am späten Dienstagabend kontaktierte den Angaben zufolge ein angeblicher Polizist der Stader Wache einen 67-jährigen Stader auf dem Handy und gab das Gespräch an einen „Staatsanwalt“ weiter.
Der vermeintliche Staatsanwalt tischte dem Stader eine abenteuerliche Geschichte auf. „Dieser teilte dann mit, dass es in vergangener Zeit zu vermehrten Raubtaten durch osteuropäische Einbrecherbanden gekommen sei“, berichtet der Pressesprecher der Stader Polizei, Rainer Bohmbach.
Falscher Staatsanwalt erteilt am Telefon kuriose Anweisungen
Es sei bereits eine Tätergruppierung bekannt, deren nächstes Ziel es laut neuesten Erkenntnissen sei, die Bankschließfächer der Sparkasse Stade-Altes Land am Pferdemarkt in Stade aufzubrechen, wo auch der Stader und seine Frau ein Schließfach hätten. Der vermeintliche Staatsanwalt gab an, sich am Folgetag mit weiteren Instruktionen zu melden, heißt es in der Pressemitteilung.
„Am Mittwoch, den 18. Oktober, gegen 8 Uhr, erhielt der Stader erneut einen Anruf von einem vermeintlichen Beamten der Polizei Stade. Der Anrufer gab das Gespräch wiederum an einen ‚Staatsanwalt‘ der Staatsanwaltschaft Stade weiter“, sagt Bohmbach.
Ziel der „Polizei“ sei es, die Täter auf frischer Tat zu ergreifen. Der Angerufene solle als „Lockvogel“ dienen, indem er sein Schließfach leert, den Inhalt entsprechend platziert, um die Täter „anzulocken“. Wenn die Täter dann zuschlagen würden, stünde bereits ein Spezialeinsatzkommando der Polizei zur Ergreifung bereit.
Stader soll Wertsachen im Auto deponieren
Bohmbach: „Der Anrufer schickte den Stader zunächst zu seiner Bank, um sein Schließfach leerzuräumen. Dabei wurde ihm suggeriert, dass sämtliche Schritte unter vollständiger Observation und Polizeischutz stattfänden.“ Der Anrufe habe den 67-Jährigen mit seinem Auto und dem Schließfachinhalt quer durch Stade gelotst, bis zum Parkplatz des Rewe-Marktes in der Harburger Straße.
Dort sollte der 67-Jährige seinen blauen VW-Golf neben der Post-Box und einem dort geparkten Pkw eines Pflegedienstes abstellen und unverschlossen zurücklassen.
Den Schließfachinhalt, der sich in einem kleinen blauen Rucksack befand, sollte der Stader laut Polizei im Fußraum des Beifahrersitzes platzieren. Das Opfer wurde aufgefordert, in den Markt zu gehen und dort zu warten. Als der Stader zu seinem Auto zurückkam, war der Beutel weg.
„Staatsanwalt“ will Beutel mit Diebesgut zurückbringen
Am Telefon wurde ihm erklärt, dass sich das Diebesgut zunächst bei der Polizei befände. Der „Staatsanwalt“ würde ihm den Beutel samt Inhalt am Nachmittag zurückbringen.
Als es dazu nicht kam, meldete sich der 67-Jährige bei der Polizei Stade, die ihn aufklärte, dass er offenbar auf eine Betrugsmasche von falschen Polizeibeamten hereingefallen ist.
Zeugen gesucht: Wer hat verdächtige Beobachtungen gemacht?
Die Polizei schätzt den Schaden auf mehr 10.000 Euro. Die Ermittler suchen jetzt Zeugen, die verdächtige Beobachtungen auf dem Rewe-Parkplatz gemacht haben, die mit der Tat in Verbindung stehen könnten.
Unter Umständen waren der oder die Täter mit einem Fahrzeug in der Nähe des Tatortes. Zeugen werden gebeten, sich unter der Rufnummer 0 41 41/10 22 15 bei der Stader Polizei zu melden.
Polizei Stade warnt erneut vor Telefonbetrug
Die Polizei warnt nach dem aktuellen Vorfall erneut vor betrügerischen Anrufen von vermeintlichen Polizisten und der Staatsanwaltschaft.
„Ziel der Täter ist immer, die Angerufenen unter Vorgauckelung der tollsten Geschichten dazu zu bringen, ihre Ersparnisse und ihren Schmuck an irgendwelche Abholer zu übergeben“, sagt Rainer Bohmbach, Pressesprecher der Polizei Stade.
Ein derartiges Vorgehen sei bei den Behörden komplett ausgeschlossen. „Warnen Sie auch Ihre Nachbarn oder älteren Angehörigen vor dieser Masche und alarmieren Sie umgehend die Polizei unter 110 und melden Sie den Fall. Nur so kann die richtige Polizei den Tätern auf die Schliche kommen und Täter festnehmen“, appelliert Bohmbach an die Bevölkerung.
Cuxhavener verliert durch Schockanruf 100.000 Euro
Die Polizei Cuxhaven berichtet am Freitag ebenfalls von Telefonbetrug in mehreren Fällen. Der oder die Täter bedienten sich der Enkeltrick-Masche, wie Bitta Schumann von der Polizei Cuxhaven mitteilt.
Dabei sei in dem herausragenden Fall eines 67-jährigen Cuxhaveners ein Schaden von etwa 100.000 Euro entstanden.
„Das vermeintliche Enkelkind habe dem Geschädigten am Telefon mitgeteilt, dass er einen Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht habe und Geld für die Kaution benötige“, berichtet Schumann. Anschließend sei ein Telefonat mit einem angeblichen Polizeibeamten sowie einem angeblichen Staatsanwalt geführt worden, die die Angaben des vermeintlichen Enkels bestätigten.
Der Geschädigte hat das Geld - rund 100.000 Euro - aus einem Bankschließfach genommen und am Donnerstagnachmittag auf einem Parkplatz an der Abendrothstraße, nahe des Gymnasiums, einer Frau übergeben.
Senior geht Telefonbetrügern auf den Leim
In einem weiteren Fall wurde laut Polizei ein 71- jähriger Mann aus Hemmoor betrogen. Ihm sei durch einen falschen Polizisten am Telefon mitgeteilt worden, dass seine Wertsachen nicht sicher seien.
„Es kam zum Austausch der Wertsachen auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes in Bremerhaven. Hierbei ist ein Schaden von etwa 1.500 Euro entstanden“, sagt Schumann.
Das Präventionsteam der Polizeiinspektion Cuxhaven bietet Vorträge zum Thema an und führt Beratungen durch. Kontakt unter praevention@pi-cux.polizei.niedersachsen.de oder 0 47 21/57 33 05. (vdb)