Misthaufen vor Finanzamt Stade gekippt – Polizei ermittelt

Mehrere Kubikmeter Mist sind vor dem Finanzamt in der Harburger Straße abgekippt worden. Foto: Polizei
Waren es aufgebrachte Bauern? Bislang verliefen die Proteste im Kreis Stade nach klaren Regeln. Doch nach dieser Aktion ermittelt die Polizei.
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Stade. Keine nette Überraschung für die Mitarbeiter des Stader Finanzamts am Mittwochmorgen: Auf dem Parkplatz vor dem Gebäude an der Harburger Straße haben Unbekannte mehrere Kubikmeter Mist abgekippt. Laut Polizei handele es sich um eine ganze Ackerwagenfuhre. Die Tat müsse sich zwischen Dienstagabend 19 Uhr und Mittwochmorgen 5.15 Uhr ereignet haben, teilt Polizeisprecher Rainer Bohmbach mit.
Die Polizei ermittelt gegen Unbekannt und sucht mögliche Zeugen. Wer hat etwas Verdächtiges beobachtet? Zeugen melden sich unter 041411/102215.
Ob die Aktion im direkten Zusammenhang mit den Bauernprotesten dieser Tage steht und damit direkt aus der Landwirtschaft komme, sei Gegenstand der Ermittlungen, so Bohmbach. Die Zeichen sind jedoch eindeutig. Denn: In dem Misthaufen fand sich zudem eine Holzlatte mit aufgemalter Ampel - ein Zeichen des Protests gegen die Subventionskürzungen der Ampel-Regierung.

In dem Misthaufen steckt eine Holzlatte mit aufgemalter Ampel. Foto: Polizei
Eine Woche lang Bauernproteste im Kreis Stade
Die Bauernproteste in der vergangenen Woche verliefen im Landkreis Stade bis dato äußerst friedlich. Sowohl bei Straßenblockaden als auch beim Aufeinandertreffen mit Spitzenpolitikern wie Ursula von der Leyen (EU-Kommissionspräsidentin) vor dem Stadeum hatten sich die Landwirte an klare Absprachen gehalten und auf zusätzliche Provokationen verzichtet. Am Montagabend war eine protestierende Trecker-Delegation vor dem Kreishaus in Stade noch auf Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sowie Landrat Kai Seefried getroffen. „Es war ein friedlicher Protest, der sich zu einem intensiven wie konstruktiven Austausch entwickelte“, berichtete Kreissprecher Daniel Beneke anschließend.
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Diskussionen und eine Strafanzeige hatten lediglich aufgestellte Galgen mit Ampel-Symbol ausgelöst. „Wenn allerdings Galgenvorrichtungen aufgestellt werden und daran eine Ampel gehängt wird, dann ist dies eine Grenze, die überschritten worden ist“, hatte unter anderem Björn Protze, SPD-Kreistagsvorsitzender, geklagt. Kreislandwirt Johann Knabbe hatte die Aktion als „Ausdruck des demokratischen Protestes“ bezeichnet. Es gebe seiner Ansicht nach verschiedene Auslegungen: „Man kann das auch so verstehen, dass die Ampel uns Landwirte aufhängt. Jeder sieht das, was er sehen will“, sagte Knabbe.
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Landvolk will weiter in Demonstrationsbereitschaft bleiben
Der Landesbauernverband Landvolk will weiter in Demonstrationsbereitschaft bleiben. „Wenn das Angebot nicht stimmt, sind wir Bauern wieder da“, kündigte Landvolk-Präsident Holger Hennies in Hannover an. Die Landwirtinnen und Landwirte würden ein Angebot erwarten. Die Landwirtschaft müsse in Deutschland so gestaltet sein, dass sie im europäischen Wettbewerb mithalten könne.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Montag in Berlin vor protestierenden Landwirten aus ganz Deutschland die Steuerpläne der Bundesregierung verteidigt, sich aber offen gezeigt für Erleichterungen an anderen Stellen. Der Minister sprach unter anderem Bürokratievorgaben sowie Umwelt- und Tierhaltungsauflagen an. Zu prüfen seien auch mögliche steuerliche Erleichterungen, wenn Gewinne von Jahr zu Jahr stark schwanken.
Ampel will im ersten Quartal Entlastungsvorschläge für Bauern machen
Die Ampel-Koalition will noch im ersten Quartal konkrete Vorhaben vorlegen, um Landwirte zu entlasten. Bis zum Sommer sollen entsprechende Maßnahmen beschlossen werden. Das geht aus einem Entwurf für Entschließungsantrag für den Bundestag hervor, auf den sich die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP am Dienstag geeinigt haben.
Die zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Julia Verlinden (Grüne), Matthias Miersch (SPD) und Carina Konrad (FDP) betonten, das Gespräch mit den Landwirtschaftsverbänden am Montag münde jetzt in konkrete Arbeitsaufträge. Der Bundestag benenne auf Initiative der Ampel Handlungsfelder, die zentrale Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft und der Borchert-Kommission aufgriffen. Bis zum Sommer solle daraus ein Gesetzespaket entwickelt werden, das die Zukunftssicherheit der Landwirtschaft stärken werde.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte am Montag nach einem Gespräch der Ampel-Fraktionschefs mit Vertretern der Bauernverbände gesagt, zu einer Agrardebatte am Donnerstag im Bundestag wolle die Koalition einen Entschließungsantrag mit einem Fahrplan für konkrete Erleichterungen bis zur Sommerpause einbringen.
In dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, einen „Modernisierungsprozess“ Richtung einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen, langfristig zukunftsfesten Landwirtschaft zu unterstützen, die gute Lebensmittel produziere, zum Schutz der Funktionsfähigkeit des Klimas beitrage und Betrieben eine wirtschaftliche Perspektive biete.
Aufgelistet werden Fragen, die „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ geklärt werden sollen. So geht es darum, wie eine verlässliche Finanzierung für die tierwohlgerechte Tierhaltung sichergestellt werden könne.
Weiter heißt es: „Wie kann der Landwirtschaft durch Bürokratieabbau effizient und monetär geholfen werden?“ Im Rahmen sogenannter Praxis-Checks sollten sämtliche behördlichen Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene auf Effizienz und Wirksamkeit geprüft werden.
Außerdem wird der Punkt genannt, wie landwirtschaftlichen Betrieben vor dem Hintergrund von Flächenkonkurrenzen und Preisentwicklung der Zugang zu landwirtschaftlichen Nutzflächen erleichtert und die Einführung von alternativen Antrieben und Treibstoffen für landwirtschaftliche Maschinen unterstützt werden könne. (tip/dpa)