Feinstaub: Darum ist die Luft derzeit so schlecht – und für wen was folgt

Heizen ist eine Quelle für Feinstaub (Archivbild). Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-tmn
Viele Messstationen zeigen Rot - auch diejenige im Alten Land: Das hat Folgen für die Gesundheit vieler. Das ist die aktuelle Lage, davor wird gewarnt.
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Berlin/Offenbach. Die Luftqualität in vielen Regionen Deutschlands ist derzeit schlecht. Von Ostfriesland und dem Emsland bis zur Grenze zu Polen zeigen Messstationen auf der Deutschlandkarte des Umweltbundesamtes (UBA) derzeit überwiegend die Farbe Rot an. Das betrifft die Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin. Auch in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Hessen, Teilen Baden-Württembergs und Bayerns wird die Luftqualität an vielen Orten als schlecht bewertet.
Bessere Werte zeigen vor allem Messstationen in Schleswig-Holstein sowie im Südwesten Nordrhein-Westfalens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und im Südwesten Baden-Württembergs. Für den Luftqualitätsindex werden Konzentrationen der Schadstoffe Stickstoffdioxid, Feinstaub und Ozon gemessen.
Messstation „Altes Land“: Feinstaubkonzentration ist hoch
Besonders die Feinstaubkonzentrationen (PM2,5) sind derzeit hoch. 19 Messtationen zeigen dem UBA zufolge Werte über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an. Feinstaub wird nach Größe der Partikel in Gruppen eingeteilt, PM2,5 bezeichnet Partikel bis zu einer Größe von 2,5 Mikrometer - also Tausendstel Millimeter.
Feinstaub kann durch Nase und Mund in die Lunge gelangen und je nach Größe die Lungenbläschen und den Blutkreislauf erreichen und schädigen.
Im Landkreis Stade weist die UBA-Messstation „Altes Land“ ebenfalls eine schlechte Luft (rot) aus. Allerdings liegt die Feinstaubbelastung am heutigen Mittwoch noch bei 28 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - und damit unter dem Grenzwert. Dennoch warnt das Bundesamt vor folgenden Risiken: „Bei empfindlichen Menschen können nachteilige gesundheitliche Wirkungen auftreten. Diese sollten körperlich anstrengende Tätigkeiten im Freien vermeiden. In Kombination mit weiteren Luftschadstoffen können auch weniger empfindliche Menschen auf die Luftbelastung reagieren.“
An der Messstation „Altes Land“ sind die Werte für Stickstoffdioxid und Ozon dagegen in der Bewertung „sehr gut“.
Generell „sehr gut“ wird die Luftqualität in der dann nächstgelegenen Messstation Hamburg-Neugraben bewertet. Auch auf der Stade gegenüberliegenden Elbseite im schleswig-holsteinischen Altendeich gilt die Luftqualität als „sehr gut“.

Wie es um die Luftqualität in der eigenen Region steht, lässt sich mit Hilfe der App „Luftqualität“ des Umweltbundesamtes herausfinden. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
- Wie gut oder schlecht die Luft ist, lässt sich mit Hilfe der kostenlosen App „Luftqualität“ des Umweltbundesamtes herausfinden (iOS und Android). Eingeteilt wird die in fünf Stufen: sehr gut, gut, mäßig, schlecht, sehr schlecht. Wer möchte, kann sich Messstationen als Favoriten markieren und einstellen, dass sich die App bei schlechten Werten mit einer Push-Mitteilung bemerkbar macht.
- Die Daten werden stündlich aktualisiert, einsehen kann man zudem Prognosen für den aktuellen und die zwei folgenden Tage. Der sogenannte Luftqualitätsindex basiert auf Messwerten von vier Luftschadstoffen: Feinstaub (PM10 und PM2,5), Ozon und Stickstoffdioxid. Erhebt die Messstation nicht zu allen von ihnen Werte, ist das gekennzeichnet.
Feinstaub und die gesundheitlichen Folgen
Das UBA rät, derzeit lieber einen gemütlichen Spaziergang zu machen, als joggen zu gehen. Dabei atme man deutlich weniger schlechte Luft ein. Bedenklich seien die hohen Feinstaubwerte vor allem für Menschen mit Grunderkrankungen wie Asthma, Allergien und akuten Atemwegserkrankungen, sagte die UBA-Fachgebietsleiterin für die Beurteilung der Luftqualität, Ute Dauert.
Apropos einatmen: Je nachdem, wie groß die Feinstaub-Partikel sind, können sie in die Hauptbronchien, die Lungenbläschen oder sogar in den Blutkreislauf gelangen, schreibt das Umweltbundesamt. Haben sie den Weg in Herz und Gefäße gefunden, können sie chronische Entzündungen auslösen, heißt es vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Das kann wiederum Arteriosklerose, Herzinfarkte und Schlaganfälle zur Folge haben.
Woher die Feinstaubbelastung stammt
Quellen von Feinstaub sind laut UBA generell der Straßenverkehr, Kraft- und Fernheizwerke, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern sowie Industrie und Landwirtschaft. Im Winter sei der Ausstoß von Feinstaub größer, unter anderem weil Kamine mit Holz geheizt würden, aber auch wegen höherer Emissionen aus dem Straßenverkehr.

Straßenverkehr ist eine der Quellen für Feinstaub (Archivbild). Foto: Matthias Balk/dpa
Für die Umweltorganisation WWF zeigt die hohe Feinstaubbelastung, wie notwendig der Kohleausstieg ist. „Die gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung der letzten Tage ist auch eine direkte Folge unserer veralteten, fossilen Energieversorgung in Deutschland und Europa“, teilte Sebastian Breer mit, Klimaexperte des WWF Deutschland. „Dass im Bundestagswahlkampf Klima- und Naturschutz bisher kaum eine Rolle spielen, ist auch angesichts dieser Situation ein Drama.“ Eine ambitionierte Energie-, Wärme- und Verkehrswende sei unerlässlich.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) verwies auf Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA), die jährlich Zehntausende Tote in Deutschland durch die Folgen von hohen Feinstaubwerten sieht.
Wärmere Luftschicht wirkt wie ein Deckel
Zur aktuellen Belastung trägt auch das Wetter bei: „Wir hatten seit Anfang des Monats Hochdruckeinfluss und eine austauscharme Wetterlage“, erläutert Marcel Schmid vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Hinzu sei stellenweise eine Inversionslage gekommen, bei der eine wärmere Luftschicht wie ein Deckel über einer kälteren lag.
Die Feinstaubbelastung dürfte demnach bald sinken: „Die Wetterlage stellt sich gerade um, und von Westen zieht ein Tiefdruckgebiet heran“, sagt Schmid. „Dabei kommen Niederschläge auf und die Luftmassen werden etwas durcheinandergewirbelt.“
Smog und Co.: Ist ein Luftreiniger die Lösung für Zuhause?
Luftreiniger können zwar die Luftqualität in Innenräumen verbessern. Langfristig sind sie aber kein Ersatz für regelmäßiges Lüften, schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg. Allein um Schimmelbildung in Innenräumen zu vermeiden, sei mehrmals am Tag Stoß- und Querlüften wichtig. Auch das Umweltbundesamt weist darauf hin: Lüften sei immer noch die beste Variante sei, die Raumluft zu reinigen.
Dennoch kann ein zusätzlicher Einsatz von Luftreinigern in Innenräumen sinnvoll sein - und zwar nicht nur, wenn die Feinstaubwerte draußen erhöht sind und man die Fenster lieber nicht öffnen will. Denn die Raumluft kann nicht nur Feinstaub, sondern auch Pollen oder schädliche Gase aus Farben oder Lacken enthalten, so die Stiftung Warentest.
Die Luftreiniger können Schadstoffe aus der Raumluft herausfiltern, manche können sogar Krankheitserreger und Aerosole, reduzieren - nicht nur für Allergiker und Asthmatiker ein Vorteil. Aber auch leistungsstarke Geräte entfernen nicht immer alle Schadstoffe, wie eine Untersuchung der Stiftung Warentest aus dem vergangenen Jahr zeigt. Wer darüber nachdenkt, einen Luftreiniger zu kaufen, sollte sich vorab also gut informieren.

Luftreiniger können etwa die Pollenbelastung in der Wohnung verringern. Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Was Luftreiniger leisten können - und was nicht
Auf dem Markt gibt es unterschiedliche Modelle. Mit einfachen Filtern, mit Aktivkohlefiltern, mit HEPA-Filtern oder Kombifilter. Von Geräten, die mit Ozon oder Ionisatoren arbeiten, rät die Verbraucherzentrale Hamburg ab. Insbesondere, weil Allergiker empfindlich auf die chemischen Reiniger reagieren könnten.
Wichtige Frage für die Kaufentscheidung: Was soll das Gerät können?
- Nicht alle Luftfilter sind etwa in der Lage Aerosole, also virushaltige Partikel, aus der Luft zurückzuhalten, so die Verbraucherschützer.
- Wer darauf Wert legt, sollte beim Kauf auf HEPA-Filter der Klasse H13 oder H14 achten. HEPA ist die Abkürzung für „High Efficiency Particulate Air“ - übersetzt hocheffiziente Partikel-Luft - was für Schwebstoff-Filter steht. Die Filter reinigen die Luft gründlich und sind austauschbar.
An Folgekosten denken - Filter regelmäßig wechseln
Bei der Suche nach einem passenden Gerät sollten Käufer darauf achten, dass die Leistung des Luftreinigers zur Raumgröße und Personenzahl passt. Auch die Lautstärke und der Stromverbrauch sind wichtige Kaufkriterien sein.
Wichtig: Nicht nur auf den Kaufpreis schauen, sondern auch an Folgekosten denken. Die Filter muss man regelmäßig wechseln und das kann ins Geld gehen. Je nach Belastung der Raumluft empfiehlt die Stiftung Warentest, einen Wechsel etwa alle sechs bis zwölf Wochen durchzuführen. Am besten also vorab erkundigen, was Ersatzfilter kosten. Alte Filter kann man über den Hausmüll entfernen. (dpa/tmn)