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Neuer Vorschlag zum Wolf-Schnellabschuss: Das sind die Meinungen aus der Region

Dieses Wolfsbild ist in der Nähe von Drochtersen im September mit einer Wärmebildkamera aufgenommen.

Dieses Wolfsbild ist in der Nähe von Drochtersen im September mit einer Wärmebildkamera aufgenommen. Foto: Jägerschaft

Wende oder reine Kosmetik im Umgang mit dem Wolf? Steffi Lemke will Problemwölfe per Schnellabschuss bejagen lassen. Die Reaktionen auf die Aussage der Umweltministerin fallen unterschiedlich aus.

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Von Karsten Wisser
Freitag, 13.10.2023, 15:31 Uhr

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Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) schlägt vor, dass ein Wolf, der sich im Umkreis von 1000 Metern zu einer Nutztierrissstelle aufhält, 21 Tage lang geschossen werden darf. Anders als im bisherigen Verfahren soll hierfür nicht das Ergebnis einer DNA-Analyse abgewartet werden. Dieser Weg sei praktikabel und unkompliziert ohne nationale oder europäische Gesetzesänderungen umsetzbar. Nach Expertenmeinung kommen Wölfe nach einem Riss im Laufe einiger Tage oft an den Ort zurück, um dort wieder Tiere zu töten. Die Möglichkeit den Rissverursacher zu erwischen, ist in diesem Zeitfenster damit besonders hoch. Das ist der Ansatz für den Vorschlag des Bundes. Als weitere Voraussetzungen sind zu erfüllen, dass ein zumutbarer Herdenschutz betrieben wurde und in der Region bereits weitere Rissvorfälle bestätigt sind.

Die Region braucht Schafe für den Deichschutz

„Die heute angekündigten Veränderungen sind der richtige Weg für uns hier in der Region. Es ist wichtig, dass künftig Wölfe nach einem Riss schnell und ohne DNA-Probe entnommen werden können“, sagt Corinna Lange, SPD-Landtagsabgeordnete aus Deinste. Es bleibe aber nur eine Entnahme von Problemwölfen. „Für unsere Region, die existenziell auf einen guten Deichschutz angewiesen ist, brauchen wir ein echtes Bestandsmanagement - unabhängig von Weidetierrissen“, so Lange gegenüber dem TAGEBLATT. Das ist auch die Position der SPD-Landtagsfraktion.

„Ich bin erleichtert, dass unsere Umweltministerin nun eine einfache und schnelle Lösung vorlegt“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider aus Cuxhaven. Er ist für den Nordkreis zuständig. „Ich hoffe, dass die vorgeschlagene Regelung der Schnellabschüsse von Bund und Ländern geeint und schnell in die Tat umgesetzt werden kann.“ Durch die Umkreisregelung sei es wahrscheinlicher, den schadenverursachenden Wolf zu treffen

Grüner Abgeordneter Leddin fordert Herdenschutz

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Pascal Leddin aus Uelzen - für die Partei für den Landkreis Stade zuständig - hat die Vorschläge der Bundesumweltministerin begrüßt. „Es erhöht schlicht die Chance, auch tatsächlich die Problemwölfe ausfindig zu machen und zu entnehmen, wenn die Abschussgenehmigung zügig erteilt wird“, sagt Leddin. Das werde auch im Kreis Stade dazu beitragen, die Zahl der Nutztierrisse wirksam zu begrenzen, ist Leddin überzeugt. Die Pläne würden die Weidetierhalter in ihrer wichtigen Arbeit stärken und brächten das Ziel eines regional differenzierten Bestandsmanagements beim Wolf näher. Leddin weist jedoch darauf hin, dass unabhängig vom weiteren Vorgehen der Schutz der Tiere auf den Weiden gewährleistet werden sollte. Zäune und Untergrabschutz seien noch immer die wirksamsten Mittel, um Nutztierrisse zu verhindern.

Die extensive Weidetierhaltung ist gefährdet

Die CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter kritisiert am Lemke-Vorschlag zwei Dinge: „Das nützt uns für den Deichschutz gar nichts“, sagt sie mit Blick auf nicht realisierbare Schutzzäune. Sie kritisiert die Grünen auf Bundes- und Landesebene auch dafür, dass sie die neuen Regeln nicht viel früher umgesetzt haben. „Jahrelang hat uns der niedersächsische Umweltminister Christian Meyer erzählt, dass wir nichts machen können und jetzt geht es plötzlich doch“, so Butter.

„Offenbar sind wir jahrelang hinters Licht geführt worden“, sagt Helmut Dammann-Tamke. Präsident der deutschen und niedersächsischen Jägerschaft und langjähriger CDU-Landtagsabgeordneter aus Ohrensen. Er hatte schon länger argumentiert, dass nach Bundes- und EU-Recht solche Schnellabschüsse möglich seien. „Es ist ein sehr kleiner Schritt in die richtige Richtung“, sagt er.

„Das hilft uns nicht beim Deichschutz und nicht beim Wiesenvogelschutz“, sagt Peter Hatecke, Vorsitzender der Jäger im Kreis Stade. Die Wolfsangriffe würden besonders die extensive Weidetierhaltung gefährden. Ohne die sei auch der Schutz der Wiesenvögel gefährdet. „Hier ist das Ventil etwas geöffnet worden, um den Druck aus der Wolfsdiskussion zu bekommen, aber das wird bei Weitem nicht ausreichen.“

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