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Energiepreisbremsen

Preisdeckel für Strom und Gas gilt: Das müssen Sie jetzt beachten

Eine neue Heizung spart Energiekosten - und damit bares Geld. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Eine neue Heizung spart Energiekosten - und damit bares Geld. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Seit Mittwoch gelten in Deutschland die Energiepreisbremsen auf Strom, Gas und Wärme. Die Energieversorger müssen die staatlichen Entlastungen an die Endkunden weitergeben. Doch wie und wann kommt das Geld beim Verbraucher an? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Mittwoch, 01.03.2023, 06:00 Uhr

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Von Christoph Jänsch

Vom 1. März an gelten in Deutschland die Energiepreisbremsen. Mit der Deckelung der Preise für Strom bei 40, Erdgas bei 12 und Wärme bei 9,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) sollen Verbraucherinnen und Verbraucher finanziell entlastet werden - zumindest für 80 Prozent ihres üblichen Jahresverbrauchs.

Die Preisbremsen greifen sogar rückwirkend zum 1. Januar 2023 und gelten zunächst bis zum 31. Dezember dieses Jahres. Ein Überblick darüber, wie genau die Entlastungen bei Ihnen ankommen und wie Sie überprüfen, ob korrekt abgerechnet wurde:

Wann und wie kommen die Entlastungen bei mir an?

Die Energieversorger seien per Gesetz dazu verpflichtet, die monatlichen Entlastungsbeträge ab dem 1. März unmittelbar und gleichmäßig bei den Abschlagszahlungen zu berücksichtigen, sagt Gregor Hermanni von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dabei sind im März die Entlastungsbeträge für Januar und Februar mit einzubeziehen. Das gilt für Eigentümer oder Mieter, deren Strom-, Gas- oder Wärmevertrag direkt mit dem Versorger besteht.

Über die neue Höhe der Abschlagszahlungen müssen die Versorger in einem Informationsschreiben bis zum 1. März informieren. Darin müssen zudem die Höhe der Entlastungsbeträge und die Höhe des Entlastungskontingents aufgeführt sein.

Mit individuellen Kundenschreiben informiert die EWE. Die staatlichen Entlastungen werden bei rund 50 Prozent der EWE-Kunden greifen - die übrigen verfügen aktuell über Verträge, deren Konditionen ohnehin unterhalb der Preisbremsen liegen.

Auch die Stadtwerke Buxtehude wollten betroffene Kunden informieren. Erfreulich: Die Preise der Buxtehuder lägen für die Produkte Strom und Gas sowie bei den meisten Wärmeverträgen unterhalb des gesetzlichen Preisdeckels. Aus diesem Grund seien Kunden nur in Ausnahmefällen betroffen, berichten die Stadtwerke Buxtehude. Kunden der Stadtwerke Stade würden ebenfalls ein Anschreiben über ihren persönlichen Entlastungsbeitrag und neuen Abschlagsplan erhalten.

BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte, die Gesetze zu den Energiepreisbremsen seien so komplex geraten, dass ihre praktische Umsetzung eine „Mammut-Aufgabe” sei. IT-Systeme für über 40 Millionen Haushalte sowie für tausende Firmen müssten umgestellt werden. Die Umsetzung der Entlastungen über die Energieversorger sei ein absolutes Novum.

Was ist, wenn die Wärmeversorgung über den Vermieter läuft?

Etwas anders sieht es aus, wenn zum Beispiel bei einer Zentralheizung der Gas- oder Wärmevertrag zwischen Versorger und Vermieter besteht und die Mietparteien ihre Abschlagszahlungen an den Vermieter richten. Dann geht das Informationsschreiben des Versorgers zunächst an den Vertragspartner, in diesem Fall also den Vermieter. Der Vermieter muss die Mietparteien dann aber unverzüglich nach Zugang des Schreibens seinerseits über die Höhe und Laufzeit der Entlastung informieren.

Die Entlastung muss dann spätestens mit der jährlichen Heizkostenabrechnung vollständig an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden, erklärt der Deutsche Mieterbund in seinen umfangreichen FAQ zum Thema. Die Heizkostenabrechnung für die Abrechnungsperiode 2023 müssen Vermieterinnen und Vermieter spätestens bis Ende 2024 erstellen. Im ungünstigsten Fall müssen Mieterinnen und Mieter also lange auf die Entlastung warten.

In Mietverhältnissen, bei denen die Betriebskostenvorauszahlungen seit dem 1. Januar 2022 erhöht oder erstmalig vereinbart wurden, kann es laut Verbraucherschützer Hermanni aber schneller gehen. Dann nämlich müssten Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen direkt auf eine angemessene Höhe anpassen. Diese Verpflichtung entfalle nur dann, wenn die Abschläge um weniger als zehn Prozent reduziert werden müssen.

Wie finde ich heraus, ob Versorger oder Vermieter die Preisbremsen korrekt anwenden?

Gregor Hermanni rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, das Informationsschreiben des Versorgers aufmerksam zu lesen. Sie sollten prüfen, ob das angegebene Entlastungskontingent korrekt berechnet wurde. Dieses muss 80 Prozent des tatsächlichen oder prognostizierten Jahresverbrauchs betragen. Außerdem sollte kontrolliert werden, ob der Entlastungsbetrag im ausgewiesenen Abschlag entsprechend berücksichtigt wurde.

Sind alle Werte korrekt, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher künftig die Überweisungen der monatlichen Abschläge entsprechend anpassen oder die Abbuchungen durch den Versorger beobachten, so Hermanni.

Verbraucherinnen und Verbraucher, bei denen die Entlastungen über den Vermieter erfolgen, sollten ebenfalls zunächst das Informationsschreiben des Vermieters und später die Nebenkostenabrechnung genau überprüfen.

Wie hoch ist die Entlastung?

Wie hoch die Entlastung ausfällt, richtet sich nach dem jeweiligen Verbrauch und Tarif. Bei viele Versorgern gibt es im Internet Entlastungsrechner, mit denen die individuelle Entlastung ausgerechnet werden kann. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox wird eine Familie, die im örtlichen Grundversorgungstarif ist, im Bundesdurchschnitt um rund 718 Euro bei Gas und um rund 216 Euro bei Strom entlastet - bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas und 4000 Kilowattstunden Strom.

Der bundesweite Neukundenpreis liege bei 35,9 Cent/kWh beim Strom und 11,2 Cent beim Gas. Haushalte könnten durch einen Wechsel in einen günstigen Tarif die Preisbremsen unnötig machen. Das sei aber nicht immer möglich, so Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. „Wer beispielsweise im vergangenen Jahr einen Vertrag zu hohen Preisen mit längerer Laufzeit abgeschlossen hat, muss erst das Ende der Vertragslaufzeit abwarten. Daher sind die Preisbremsen immer noch wichtig.”

Die Energiepreise entwickelten sich für Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit positiv, sagte der Energieexperte des Vergleichsportals Check24, Steffen Suttner. Erwartet werde, dass die Preise für Neukunden in den kommenden Wochen weiter sinken. „Dann werden auch die Preisbremsen weniger gebraucht.” Die Entwicklung bleibe allerdings abhängig von den weltpolitischen Ereignissen sowie den Füllständen der Gasspeicher.

Was kann ich tun wenn, die Ersparnis nicht korrekt an mich weitergegeben wird?

Stellen Verbraucherinnen und Verbraucher fest, dass Entlastungen nicht korrekt weitergegeben werden, sollten sie ihren Versorger oder den Vermieter schriftlich unter Festsetzung einer Frist zur Korrektur auffordern, rät Verbraucherschützer Hermanni. Eine solche Beanstandung müssten Versorger innerhalb von vier Wochen ab Zugang beantworten.

«Wird der Verbraucherbeschwerde durch das Unternehmen nicht abgeholfen, hat das Unternehmen die Gründe in Textform darzulegen», sagt Gregor Hermanni. Für Verbraucherinnen und Verbraucher besteht dann die Möglichkeit, einen Antrag für ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Energie zu stellen. Zur Teilnahme an solchen Verfahren sind die Versorger verpflichtet.

Bei der Durchsetzung seines Rechts - auch gegenüber einem Vermieter - können ansonsten die Beratungsstellen der Verbraucherzentralen oder Rechtsanwälte helfen.

Was ist mit Öl und Pellets?

Der Bund hat auch eine Härtefallregel angekündigt für private Verbraucher, die andere Heizmittel verwenden, also etwa Öl oder Pellets - Voraussetzung sind massive Preissprünge. Seit Wochen aber verhandeln Bund und Länder über die Einzelheiten. Der Bund will bis zu 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, die Länder sollen sich um die Anträge und Auszahlung kümmern.

Warum kommen die Preisbremsen?

Die Bundesregierung hatte die Deckel im vergangenen Herbst angesichts der gestiegenen Energiepreise beschlossen - eine zuvor heftig umstrittene Gasumlage, die alle Gaskunden bezahlt hätten, war damit vom Tisch. Die Preisbremsen werden aus einem bis zu 200 Milliarden Euro schweren „Abwehrschirm” des Bundes bezahlt, das ist ein über Schulden finanzierter Sondertopf. Wieviel die Bremsen am Ende kosten, hängt von der Entwicklung der Energiepreise ab. Zum Teil gibt es eine Gegenfinanzierung, weil krisenbedingte „Überschusserlöse” bei Stromerzeugern abgeschöpft werden.

Zwar sind die Großhandelspreise an den Märkten zuletzt wieder deutlich gesunken. Das Instrumente der Gas- und Strompreisbremse seien aber weiter wichtig, um die Preise zu stabilisieren, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Entwicklungen bei den Großhandelspreisen kämen immer erst nachgelagert beim Endkunden an.

Für Kritik sorgte, dass viele Versorger ihre Preise in den vergangenen Wochen und Monaten erhöht haben. Die Energiebranche verwies auf höhere Beschaffungskosten. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wehrt sich gegen „pauschale Verdachtsäußerungen”. (dpa/tmn)

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