Verstärkte Polizei-Kontrollen heute im Kreis Stade

Ein Polizist hält bei einer Verkehrskontrolle eine Winkerkelle in der Hand.
Nicht nur Autofahrer müssen an diesem Dienstag aufpassen. Beim bundesweiten Aktionstag geraten im Kreis Stade auch andere Verkehrsteilnehmer in den Fokus - wo kontrolliert wird. Und: Auch der HVV kündigt einen Kontrollmarathon an.
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Mit mehr als 200 Kontrollstationen will die Polizei niedersachsenweit an diesem Dienstag für mehr Rücksicht im Straßenverkehr werben. Dabei gehe es nicht nur um die Ahndung von Verstößen, sondern auch um eine Sensibilisierung aller Verkehrsteilnehmenden, kündigte das Innenministerium an. Der Aktionstag beginnt um 6 Uhr morgens und dauert bis Mitternacht an. Mehr als 600 Polizistinnen und Polizisten sind daran beteiligt.
Einen Schwerpunkt des Aktionstags sollen der Berufsverkehr und die Überwachung von Schulwegen bilden. An den Autobahnen führt die Polizei Geschwindigkeits- und Abstandskontrollen durch, um den dortigen Hauptursachen für Unfälle entgegenzuwirken.
Straßenverkehr: Wo und wie im Landkreis Stade kontrolliert wird
Im Kreis Stade seien mehrere Behörden und Abteilungen der Polizei in die Kontrollen am Dienstag eingebunden, kündigt Daniel Kraus, Sprecher der Polizeiinspektion Stade, an. Überwiegend werde jedoch im Streifendienst kontrolliert. Für zusätzliche Blitzer-Kontrollen seien die Verkehrsüberwacher der Landkreis-Verwaltung zuständig.
Die Polizei wird im Rahmen von Aufklärungsmaßnahmen Fußgängerzonen und sowie den Radverkehr im Kreis kontrollieren. Kraus kündigt unter anderem Überprüfungen in der Harsefelder Straße sowie in der Stader Innenstadt an. Dort gehe es zum Beispiel um „Geisterradler“ - Radfahrer, die die falsche Radwegseite befahren - ein Unfallschwerpunkt.
Zudem werden laut Polizei Streifenwagen Kontrollfahrten vor Schulen und Kitas machen, "jedoch nicht dauerhaft präsent an einem Ort", so Kraus.

•Viel Verkehr, enge Wege: Die Harsefelder Straße ist eine der Radweg-Hauptrouten in Stade und wird erneuert. Archiv-Foto Strüning
Unfallzahlen im Straßenverkehr im Kreis Stade zuletzt wieder gestiegen
Der Aktionstag steht unter dem Motto "sicher.mobil.leben - Rücksicht im Blick". Ziel ist es, die Anzahl schwerer Unfälle zu reduzieren und alle Verkehrsteilnehmer für die besonderen Gefahren und Risiken zu sensibilisieren, die durch fehlende Rücksichtnahme entstehen. So spiele auch Ablenkung durch Handy-Verstöße eine große Rolle.
Ziel des Aktionstages ist demnach auch die Verbesserung des Verkehrsklimas, insbesondere in den Städten, weil gerade dort, wo wenig Platz ist und viele Menschen in unterschiedlichsten Mobilitätsformen am Straßenverkehr teilnehmen, ein rücksichtsvolles Verhalten besonders wichtig ist.
„Egal, ob man zu Fuß, mit dem Rad, Auto oder Lkw unterwegs ist, Rücksicht im Straßenverkehr geht jeden etwas an”, betonte Innenministerin Daniela Behrens. Die SPD-Politikerin erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr - nach den Corona-Jahren zuvor - die Unfallzahlen in Niedersachsen wieder gestiegen waren. Landesweit seien 31.279 Menschen im Verkehr verletzt worden, davon 370 tödlich.
Kreisweit waren 2022 fünf Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen - vier Pkw-Fahrer und ein Pedelec-Fahrer. Das war der niedrigste Wert seit 41 Jahren. Die Zahl der Unfälle stieg jedoch im Vergleich zum Vorjahr um 142 auf 4485. Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschäden stieg auf 652 (+59 im Vergleich zum Vorjahr).
Mehr als die Hälfte Unfälle ereigneten sich innerhalb der Stadtgebiete der beiden Hansestädte Stade und Buxtehude. 67,5 Prozent aller Verkehrsunfälle ereigneten sich innerhalb, 30,75 Prozent außerhalb geschlossener Ortschaften.
- Unter #sichermobilleben informieren die Polizeibehörden bundesweit in ihren Sozialen Medien über den Aktionstag und dessen Ergebnisse.
Kontrollmarathon am Donnerstag in Hamburger Bussen und Bahnen
Seine Schatten voraus wirft zudem bereits der nächste großangelegte Fahrkarten-Kontrollmarathon im gesamten Hamburger Verkehrsverbund (HVV). Dieser findet an diesem Donnerstag in allen U-, S-Bahnen und Bussen sowie an Haltestellen in und um Hamburg statt. Die von sieben Verkehrsunternehmen gemeinsam organisierte Aktion solle zeigen, wie notwendig die Kontrollen sind, teilte der HVV mit.
Denn durch das Fahren ohne gültigen Fahrschein würden den Unternehmen jedes Jahr etwa 30 Millionen Euro verloren gehen. 2022 waren HVV-Angaben zufolge gut 164.000 Verstöße wegen Fahrens ohne gültigen Fahrausweis registriert worden.
Fahrrad-Verband: Viele Unfälle beim Rechtsabbiegen
Vergangenes Jahr starben nach einer Auswertung des Fahrrad-Verbands ADFC 19 Radfahrerinnen und Radfahrer im Straßenverkehr, in diesem Jahr bis Mitte August 12. Die Zahlen seien zwar zurückgegangen, sie seien aber noch immer unerträglich hoch, kritisiert der Verband.
Offizielle Statistiken werden zu den Unfällen nicht geführt. Nach einer Auswertung von Polizei- und Pressemeldungen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) waren die jährlichen Unfallzahlen bis zum Jahr 2020 mit im Schnitt mehr als 30 getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern noch viel höher. Den Rückgang führt der Verband auf die seit April 2020 geltende Pflicht für schwere Kraftfahrzeuge zur Schrittgeschwindigkeit beim Rechtsabbiegen zurück - und auf Abbiegeassistenten, die den Fahrer des Lastwagens warnen, wenn sich neben dem Fahrzeug ein Mensch befindet.
Eine Pflicht zum Einbau dieser Technik ist beschlossen, sie tritt aber nur schrittweise in Kraft. Seit 2022 müssen die Assistenten europaweit in allen neuen Fahrzeugtypen vorhanden sein. Erst ab 7. Juli kommenden Jahres werden alle neu zugelassenen Lastwagen und Busse ab 3,5 Tonnen von der Einbau-Pflicht erfasst.
„Für einen früheren Zeitpunkt gab es auf EU-Ebene keine Mehrheit“, teilt eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums mit. Das Ministerium fördert den freiwilligen Einbau. Bisher seien Gelder für rund 43.500 Assistenzsysteme bewilligt worden. Nach Einschätzung des ADFC sind derzeit maximal zehn Prozent der Lkw mit der Technik ausgestattet, also neun von zehn Lastwagen ohne unterwegs.
Unfälle mit Lkw fast immer schwerwiegend
Opfer von Rechtsabbiege-Unfällen werden in der überwiegenden Anzahl Radfahrer, wie der Unfallexperte Siegfried Brockmann sagt. Fußgänger hätten immer die Chance, einen Schritt zurückzutreten. Der Radfahrer sei dagegen mit höherer Geschwindigkeit unterwegs, bei 20 Stundenkilometern betrage sein Bremsweg 10 Meter. „Wir haben hier ein sehr großes Problem, weil der Starke und der Schwache sich unweigerlich begegnen müssen“, sagt der Leiter der Unfallforschung der Versicherer.
Lastwagen verursachten fast immer besonders schwere Unfälle, Hauptunfallgegner sei aber das Auto, sagt Brockmann. Die meisten Unfälle geschehen seinen Angaben zufolge dort, wo es keine Ampel gibt, etwa an Ein- und Ausfahrten von Tankstellen, Supermärkten und anderen Grundstücken.
Gegenmittel wären bessere Sichtbeziehungen, also ein direkter Blick auf den Radweg ohne parkende Autos und Hecken. Stoppschilder, Warnschilder und Haltelinien würden die Sicherheit zusätzlich erhöhen. An Kreuzungen wirbt Brockmann für getrennte Ampelschaltungen, doch die Kommunen nutzen die Möglichkeit noch zu wenig: „Da ist noch viel Luft nach oben“, sagt Brockmann. (dpa)