Polizei jagt Turban-Betrüger: 10.000 Euro in Buxtehude erbeutet

In Buxtehude wurde eine Seniorindurch einen Schockanruf um ihr Erspartes gebracht. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Eine 70-jährige Hamburgerin fährt am Dienstagmittag nach Buxtehude, um ihre vermeintliche Tochter vor dem Gefängnis zu bewahren. Sie wurde Opfer eines Schockanrufes. Jetzt sucht die Polizei nach einem auffällig gekleideten Mann.
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Die Anrufer sollen sich am Dienstagmittag gegen kurz vor 14.30 Uhr bei der 70-jährigen Hamburgerin gemeldet haben, berichtet Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Was dann folgte, ist der typische Ablauf eines sogenannten Schockanrufes, mit denen derzeit bundesweit Senioren um ihr Hab und Gut gebracht werden.
Vermeintliche Tochter benötigt Geld für Kaution
Am Telefon meldet sich eine Frau mit weinerliche Stimme, die sich als Tochter der Seniorin ausgibt. Sie berichtet von einem Verkehrsunfall. Dann übernimmt eine vermeintliche Polizeibeamtin das Gespräch. Sie erfragt die Mobilnummer der Hamburgerin und teilt ihr mit, dass sich dort sogleich eine Staatsanwältin meldet und die Seniorin bis dahin den Festnetz-Hörer nicht zur Seite legen soll. Ihren Namen nennt die vermeintliche Polizistin nicht.
Tatsächlich erhält die Seniorin kurz darauf einen Anruf auf ihrem Handy. Auch sie nennt ihren Namen nicht, fordert die 70-Jährige jedoch dazu auf, eine Kaution für ihre Tochter zu zahlen. Da die Gerichtskasse bald schließe, soll die Frau das Geld an einen Mitarbeiter in der Bahnhofstraße in Buxtehude übergeben.
Kaution soll bar gezahlt werden
"Die so überraschte und geschockte Frau war dann zu mehreren Banken in Hamburg gefahren und hatte Bargeld und Goldmünzen im Wert von über 10.000 Euro abgeholt", sagt Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Mit dem Geld fuhr die Frau nach Buxtehude. Die vermeintliche Staatsanwältin hatte dabei die ganze Zeit über das Mobiltelefon mit der Seniorin Kontakte gehalten.
Als die Frau gegen 16.40 Uhr in der Bahnhofstraße 34 ankam, wurde sie am Telefon aufgefordert im Auto sitzen zu bleiben. Ein auffällig gekleideter Mann mit indischem Erscheinungsbild trat ans Auto und die Seniorin wurde telefonisch angewiesen, ihm das Geld und die Münzen zu übergeben. Der Mann entfernte sich danach in Richtung Bahnhof und das Telefonat wurde beendet.
Schließlich bemerkte die Hamburgerin den Betrug, als sie ihre Tochter zurückrief. Sie wählte daraufhin gegen kurz nach 17 Uhr den Notruf und informierte die Polizei. Eine sofort eingeleitete Fahndung blieb erfolglos.
Polizei bittet um Mithilfe
Die Ermittler des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Stade suchen nun Zeugen und fragen: "Wer hat den Vorfall in Buxtehude oder eine Person, auf die die Beschreibung passt oder ein Fahrzeug beobachtet, in das der Mann eingestiegen oder aus dem er ausgestiegen ist?" Wer diese oder sonstige sachdienliche Hinweise zu dem Fall geben kann, soll sich unter der Rufnummer 04141-102215 bei der Stader Polizei melden.
So wird der Geldabholer beschrieben
- männlich
- indisches Erscheinungsbild
- 35-45 Jahre alt
- Vollbart (möglicherweise angeklebt)
- hochdeutsche Sprache
- trug einen auffälligen Turban, eine dunkle Jacke und ein dunkles/rotes Hemd.
Schockanrufe und Enkeltricks
Polizeisprecher Rainer Bohmbach weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, dass derartige Schockanrufe und Enkeltrickanrufe immer wieder dazu führen, dass die Betroffenen um ihre Ersparnisse gebracht werden.
"Gehen Sie auf keinen Fall auf derartige Anrufe ein. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft fordern am Telefon zu Zahlungen auf. In Deutschland werden nur äußerst seltenen Fällen Kautionen von den Gerichten festgelegt um bereits verurteilte Straftäter auf freien Fuß zu lassen. Kautionen im Vorwege gibt es nicht. Legen Sie einfach auf und fragen sie bei ihren genannten Verwandten nach. Informieren sie umgehend die Polizei", rät Bohmbach.
Mit Schockanrufen und dem sogenannten "Enkeltrick" gelingt es Betrügern in der Region immer wieder, Senioren große Summen Bargeld abzunehmen.
Diverse Betrugsfälle im Norden
Mitte Juni schnappt die Polizei im Landkreis Harburg zwei mutmaßliche Enkeltrick-Betrüger, nachdem ein Ehepaar aus dem Landkreis Lüneburg ihnen bereits 40.000 Euro übergeben hatte.
Im Nachbarkreis Rotenburg erbeuteten Betrüger im Mai rund 50.000 Euro von einer Seniorin. 120.000 Euro übergab eine 85-jährige Frau aus Lübeck an Trickbetrüger.
Ein Coup gelang der Polizeiinspektion Stade im Januar, als sie zwei Schockanrufer bei einer Geldübergabe in Buxtehude festnahm.
Mit dem Messengerdienst Whatsapp waren Betrüger zu Jahresbeginn im Kreis Cuxhaven erfolgreich. Sie nutzten eine bekannte Masche, in dem sie Textnachrichten "Hallo Mama/Hallo Papa hier ist euer Sohn/eure Tochter. Ich habe eine neue Handynummer, die alte Nummer kannst du löschen" verschickten. Die Kriminellen bitten dann im Namen einer Tochter, eines Sohnes oder eines anderen Familienmitglieds die neue Nummer zu speichern - und um Geld. In mehreren Fällen seien Betroffene auf diese Masche hereingefallen und hätten zum Teil hohe vierstellige Geldbeträge überwiesen. (set/st)