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Trecker-Kontrolle im Kreis Stade: Es wird immer erschreckender

Dieser Anhänger mit mehr als 13 Metern Länge ist selbstgebaut. Konsequenz: Weiterfahrt gestoppt.

Dieser Anhänger mit mehr als 13 Metern Länge ist selbstgebaut. Konsequenz: Weiterfahrt gestoppt. Foto: Polizei

Diese Großkontrolle kann Leben retten, hinterlässt aber auch Kopfschütteln: Spezialbeamte der Polizei haben in der Region landwirtschaftliche Fahrzeuge kontrolliert. Die Mängelliste ist erschreckend - teilweise in Marke Eigenbau sogar kriminell.

Von Redaktion Donnerstag, 08.08.2024, 05:00 Uhr

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Stade/Lüneburg. Immer wieder kommt es zur Erntezeit zu Unfällen zwischen Auto- und Traktorfahrern. Die Liste der jüngsten Kollisionen ist im Norden in diesem Sommer wieder lang. Häufig sind ungeduldige Überholmanöver der Autofahrer schuld. Doch: Auch die Landwirte sorgen für Gefahren - nämlich dann, wenn ihre Arbeitsmaschinen ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen.

Spezialbeamte der Polizeidirektion Lüneburg haben am Dienstag eine Schwerpunktkontrolle im gesamten Direktionsbereich durchgeführt. 22 Polizistinnen und Polizisten waren in den Landkreisen Stade, Harburg, Rotenburg, Heidekreis sowie Lüneburg/Lüchow-Dannenberg/Uelzen eingesetzt. 51 landwirtschaftliche Gespanne der Getreideernte seien kontrolliert worden, berichtet die Polizei. Die Bilanz? Erschreckend!

Polizei kontrolliert landwirtschaftliche Gespanne: 20 wegen Mängel stillgelegt

Beispiel gefällig: In Stade seien neun Trecker & Co. überprüft worden. Kein einziges Fahrzeug habe bestanden. An allen neun seien Mängel festgestellt worden.

Insgesamt erfüllten von den 51 auf den Straßen gestoppten Maschinen 47 (!) nicht die Anforderungen, um am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen. Die Beanstandungsquote lag somit bei insgesamt knapp über 92 Prozent. Zuletzt waren im April im Landkreis Rotenburg 34 von 40 landwirtschaftlichen Fahrzeugen (85 Prozent) durchgefallen.

22 Beamten waren in den Landkreisen unterwegs und stoppten Arbeitsmaschinen wie diesen Mähdrescher.

22 Beamten waren in den Landkreisen unterwegs und stoppten Arbeitsmaschinen wie diesen Mähdrescher. Foto: Polizei

In 20 Fällen sei am Dienstag den Landwirten die Weiterfahrt untersagt worden. Gründe waren laut Polizei technische Mängel, Verstöße wegen nicht ausreichender Ladungssicherung und nicht vorliegende Betriebserlaubnisse. Festgestellt worden seien etwa durchgerostete Fahrzeugrahmen, nicht funktionstüchtige Bremsen, Reifenschäden oder lose Verschraubungen am Anhänger-Drehkranz. Die Gespanne mussten abgestellt werden.

Technische Mängel waren einer der Hauptgründe für die Beanstandungen.

Technische Mängel waren einer der Hauptgründe für die Beanstandungen. Foto: Polizei

Geländewagen mit Marke Eigenbau als Gespann unterwegs

Im Landkreis Rotenburg wurde ein Zug, bestehend aus Ackerschlepper und selbstgebautem Ballentransportwagen, kontrolliert. Es sei festgestellt worden, dass für den Anhänger keine Betriebserlaubnis bestand. Da die Abmessungen des Anhängers mit 13,60 Metern Länge und 2,67 Metern Breite die gesetzlich erlaubten Maße überschritten, sei auch nicht von einer künftigen Betriebserlaubnis auszugehen, so die Polizei deutlich. Die Weiterfahrt wurde untersagt.

Ein eher ungewöhnliches Gespann wurde im Heidekreis aus dem Verkehr gezogen, weil dieses mit etwa 60 km/h deutlich zu schnell fuhr. Hinter einem Geländewagen war ein üblicher landwirtschaftlicher Anhänger mit Auflaufbremse angekuppelt. Die passende Zugeinrichtung dafür hatte der Fahrzeughalter eigenständig an seinen Geländewagen montiert, dabei jedoch nicht bedacht, dass es dafür einer technischen Abnahme beziehungsweise Bauartgenehmigung bedarf, moniert die Polizei. Auch in diesem Fall galt: Weiterfahrt verboten.

Im Landkreis Harburg sei zudem ein Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen den Fahrer eines Treckers samt Güllewagen eingeleitet worden. Seine Führerscheinklasse CE sei nicht mehr gültig gewesen.

Die Polizei kündigt angesichts der erschreckenden Bilanz weitere Großkontrollen in der Land- und Forstwirtschaft an. „Die Kontrollen sind unerlässlich, um gezielte Aufklärung bei Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern zu betreiben und allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr zu gewährleisten“, sagt Julia Graefe von der Polizeidirektion Lüneburg. (tip)

S
Sabine Hellwege
09.08.202413:36 Uhr

Dieser Artikel hat dazu beigetragen mein Vertrauen in die deutsche Landwirtschaft zu erschüttern, deckt sich aber auch mit meinen Beobachtungen. Leider!
Die immer größeren Fahrzeuge passen schon jetzt nicht mehr auf unsere Straßen. Wenn dann noch mit überhöhter Geschwindigkeit Kurven geschnitten werden, bleibt einem auch als Autofahrer das Herz stehen. Dazu muss man nicht "grüner" Radfahrer sein.
Auch Landwirte sollten sich an bestehende Gesetze halten!

M
Michael Bowe antwortete am
09.08.202417:12 Uhr

Doppelter Kommentar gelöscht. TAGEBLATT online

M
Michael Bowe antwortete am
09.08.202417:12 Uhr

Das stimmt!
Diese übergroß dimensionierten, sehr schnellen "Agrarpanzer" haben m.E. oftmals nur den einen Sinn für die darin thronenden Steuer-Männer(!):
sich groß zu fühlen und "von oben herab" schauen zu können.
Viele Landwirte verhalten sich leider so und prahlen mit der Größe Ihrer Schlepper! (Aussage eines anderen, bodenständig gebliebenen Landwirts, der dadurch allerdings weniger Subventionen abgreifen kann.)

M
Michael Bowe
07.08.202417:04 Uhr

Ich fahre häufiger mit dem Rad über die Wirtschaftswege durch die Obstplantagen nach Horneburg und Jork.Was einem dort durch die landwirtschaftlichen Verkehrsteilnehmer ( und offensichtlich auch unberechtigt dort fahrenden PKW) zugemutet wird, ist hochgradig gefährlich: Überholen mit seitlichem Schneidwerk bei ca. 80cm Seitenabstand, beim Entgegenkommen auf den schmalen Straßen wird die Geschwindigkeit nicht reduziert, sondern dicht an einem vorbeigebrettert, beim Hinweis auf die Gefahren durch den fehlenden Seitenabstand wird der Mittelfinger gezeigt, der " Vogel" gezeigt, Beleidigungen ("grün -versiffter Radfahrer") ausgesprochen oder auch schon mal Schläge angedroht.
Wieso sollten solche Rüpel auf meine Solidarität hoffen, wenn sie sich mal wieder zu stark an der Politik reiben und der Politik falsches Verhalten unterstellen...
Mein großer Dank gilt der Polizei und ich freue mich über Wiederholungen solcher Aktionen.

M
Michael Bowe antwortete am
09.08.202408:03 Uhr

Viele Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen wünschen sich meines Wissens das gleiche rücksichtsvolle Platz-machen gerade von auf öffentlichen Straßen, aber da scheint eine doppelte Moral zu bestehen...
Mir als Radfahrer bleibt schon aufgrund der technischen Überlegenheit der massiven Agrarpanzer nichts anderes übrig, als in den unbefestigten Seitenraum auszuweichen.
Aber im Kern hat Landwirt Holst auch Recht: es geht tatsächlich um gegenseitige (!!) Rücksichtnahme.
Im übrigen ist das Befahren der Wirtschaftswege durch Radfahrende ausdrücklich erlaubt!
Privatgrundstücke werden auf den von mir genannten Strecken nicht Befahren.
Wer daran Verbissenheit zu erkennen glaubt, wenn widerrechtliches, gefährliches Verhalten der Landwirte aufgezählt wird, wird vermutlich auch die Verkehrskontrollen der Polizei unter Ausschluss jeglichen eigenem Unrechtsbewußtseins als "verbissene Aktion" abtun.

C
Christoph Holst antwortete am
08.08.202420:31 Uhr

Wenn Sie auf Wirtschaftswegen herumfahren wäre es nett, wenn Sie den Landwirtschaftlichen Fahrzeugen Platz machen und ggf mal an der Seite warten, bis der Trecker durch ist. Was Sie sicherlich nicht wissen können ist, das viele dieser Wege in Niedersachsen den Realverbänden gehören und oftmals auch über privaten Grund verlaufen. Also seien Sie mal nicht so verbissen und genießen das Radeln in der Natur.

T
Thomas Sick
07.08.202414:52 Uhr

Vielleicht hätte man schon mal Kontrollen bei den Bauern-Demos im Winter durchführen sollen. Das hätte uns einiges erspart

J
Jochen Mextorf antwortete am
08.08.202409:06 Uhr

Da hatte die Politik die Polizei sediert. Nur bei exzessivem Verhalten griff sie ein.

B
Burchard Neumaier antwortete am
07.08.202415:02 Uhr

Aber da funktionierten ja die Gelben Rundumleuchten, die man dringend auf Demos benötigt. Alles andere ist nicht so wichtig.

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